# taz.de -- TÜV Süd und die Atomkonzerne: Keine eigenen Messungen
       
       > Eigentlich muss in Deutschland der Staat beurteilen, ob ein Atomkraftwerk
       > sicher ist. Tatsächlich entscheidet oft ein atomfreundlicher Konzern.
       
 (IMG) Bild: Akw Isar I. Markus Söder, der für dieses Akw zuständig ist, sagte, der TÜV Süd sei sein "erster Ansprechpartner".
       
       FREIBURG taz | Fast alle Sicherheitsüberprüfungen in deutschen
       Atomkraftwerken werden nicht vom Staat, sondern von privaten Kontrolleuren
       erledigt, die Honorare von den Energiekonzernen bekommen.
       
       Mehr als 90 Prozent der Untersuchungen würden von Firmen der Technischen
       Überwachungsvereine (TÜV) durchgeführt, heißt es in einem internen Papier
       des Bundesumweltministeriums. "Es besteht also eine finanzielle
       Abhängigkeit der Sachverständigenorganisation vom Betreiber. Diese kann
       sich auf die Arbeit des einzelnen Sachverständigen auswirken", heißt es in
       dem Papier, das der taz vorliegt.
       
       Die Beamten berichten in dem Papier von 2008 sogar von Vorfällen, bei denen
       sich die TÜV-Sachverständigen allein auf die Aussagen der
       Kraftwerksbetreiber verließen und keine eigenen Messungen vornahmen. Der
       Druck auf den Kontrolleuren sei besonders hoch, weil sie nicht pauschal,
       sondern "angemessen" bezahlt würden. Pikant ist ebenfalls, dass zu den
       Mitgliedern des TÜV Süd e. V. auch die AKW-Betreiber Eon, Vattenfall und
       EnBW zählen. Der TÜV Süd ließ eine Bitte der taz um Stellungnahme am
       Freitag zunächst unbeantwortet.
       
       In einem Aktionsplan schlugen die Beamten des Bundesumweltministeriums vor,
       die TÜV nicht mehr als Generalgutachter zu beauftragen, sondern die
       Dienstleistungen immer wieder neu auszuschreiben. Vor allem sollten die
       Behörden selbst mehr Fachleute einstellen, damit die Bewertung der
       Prüfergebnisse tatsächlich durch Beamte erfolgen könne. Das Ministerium
       wollte sich auf taz-Anfrage nicht zu dem Papier äußern.
       
       ## IAEA mahnte deutsche Behörden zu mehr Verantwortung
       
       Auch ein Team der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA), das 2008
       die behördlichen Sicherheitsstandards untersuchte, mahnte die deutschen
       Aufsichtsbehörden zu mehr Verantwortung. Doch bevor deren Abschlussbericht
       veröffentlicht wurde, intervenierten TÜV-Lobbyisten im Kanzleramt und beim
       Wirtschaftsminister und kündigten an, dass man eine Diskreditierung ihrer
       Arbeit nicht widerspruchslos hinnehmen werde. Energisch forderte der
       Vorstandsvorsitzende von TÜV Nord, Guido Rettig, in einem Brief an die
       Bundesregierung, das "bestehende und bewährte System" beizubehalten. Und
       dabei blieb es auch.
       
       Der Umgang mit Rohrrissen im bayerischen AKW Grafenrheinfeld zeigt, wie
       sich die Rolle der Gutachter auswirkt. Während die Behörden trotz
       ungeklärter Ursache grünes Licht für den Weiterbetrieb gaben, äußern
       Fachleute atomkritischer Organisationen große Besorgnis. Die Beamten
       verließen sich auf das Votum ihrer Sachverständigen, wie die
       Bundesregierung im Januar im Umweltausschuss erklärte.
       
       ## Kotting-Uhl: Keine Haftung möglich, Klärung nötig
       
       Die Bundestagsabgeordnete Sylvia Kotting-Uhl (Grüne) kritisiert: "An diesem
       Beispiel kann man sehen, dass die eigentlich zuständige Stelle die
       Verantwortung der Entscheidung auf die Sachverständigen abschiebt." Im
       Falle einer falschen Entscheidung mit negativen Folgen, so Kotting-Uhl
       weiter, könnten diese aber nicht in Haftung genommen werden. Die
       Politikerin fordert daher die Klärung der Frage, wer letztlich bei der
       Atomsicherheit die Verantwortung trägt.
       
       Derweil hat Bayerns Umweltminister Markus Söder (CSU) wieder den TÜV Süd
       mit den anstehenden Sicherheitsprüfungen beauftragt, seinen "ersten
       Ansprechpartner, entscheidenden und richtigen Gutachter", wie er vor dem
       Landtag erklärte.
       
       8 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tanja Gaudian
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
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       Kraftwerksbetreibern verflochten ist.