# taz.de -- UN zu den Unruhen in Syrien: Ratlosigkeit und Sorge
       
       > Der UN-Sicherheitsrat hat sich nicht auf eine gemeinsame Erklärung zur
       > Lage in Syrien einigen können. Die Bundesregierung fordert Sanktionen.
       
 (IMG) Bild: Syrer in Athen protestieren gegen Assad.
       
       NEW YORK/BERLIN dapd/dpa/afp | Trotz des zunehmend gewaltsamen Vorgehens
       der syrischen Sicherheitskräfte auf Demonstranten hat sich die
       internationale Gemeinschaft bislang nicht auf eine gemeinsame Erklärung
       einigen können. Der UN-Sicherheitsrat beriet am Dienstagabend über die
       Situation in Syrien, vertagte die Gespräche jedoch im Anschluss. In der
       syrischen Stadt Daraa erschossen Sicherheitskräfte laut einem Aktivisten
       erneut Demonstranten.
       
       UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte in New York seine "zunehmende
       Besorgnis" angesichts der Niederschlagung der Proteste. Die syrischen
       Behörden seien verpflichtet, Zivilisten zu schützen. "Ich verurteile die
       anhaltende Gewalt gegen friedliche Demonstranten, vor allem den Einsatz von
       Panzern und scharfen Schüssen, wodurch hunderte Menschen getötet und
       verletzt wurden", sagte Ban. Er schließe sich dem Aufruf der
       UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay zu einer unabhängigen Untersuchung
       an.
       
       Der UN-Sicherheitsrat konnte sich am Dienstagabend nicht auf eine Erklärung
       einigen. Die Beratungen sollten am Mittwoch fortgesetzt werden. Ob eine
       Erklärung abgegeben wird, hängt vor allem von Russland und China ab, die
       Initiativen zumeist ablehnen, die sie als Einmischung in die
       Angelegenheiten eines Staates empfinden. Chinas UN-Botschafter Li Baodong
       erklärte, er poche auf eine "politische Lösung". Der deutsche
       UN-Botschafter Peter Wittig sagte, die "verstörenden Ereignisse" in Syrien
       bedürften der Aufmerksamkeit des UN-Sicherheitsrates.
       
       ## Eine Intervention scheint unwahrscheinlich
       
       Ein internationales Eingreifen wie in Libyen halten Großbritannien und die
       USA derzeit nicht für möglich. "Es gibt praktische Grenzen hinsichtlich
       dessen, was unsere Länder tun können, auch wenn wir es gerne tun würden",
       sagte der britische Verteidigungsminister Liam Fox in Washington.
       US-Verteidigungsminister Robert Gates sagte, zwar sollten Menschenrechte
       und Demokratie für alle Länder gelten, ein ausländisches Eingreifen müsse
       jedoch auf jedes Land zugeschnitten werden.
       
       Das US-Außenministerium erklärte, sich "zunächst" auf eine diplomatische
       Lösung und eventuelle Sanktionen konzentrieren zu wollen. Die Handlungen
       des syrischen Präsidenten Baschar el Assad seien "völlig unvereinbar mit
       dem Handeln eines verantwortungsvollen Staatschefs", sagte der Berater von
       US-Außenministerin Hillary Clinton, Jacob Sullivan. Die USA wollten sich in
       ihrem Vorgehen aber vorerst auf den "diplomatischen und finanziellen
       Bereich" konzentrieren.
       
       ## Die Bundesregierung fordert Sanktionen
       
       Die Bundesregierung spricht sich für Sanktionen gegen Syrien aus.
       Regierungssprecher Steffen Seibert nannte am Mittwoch in Berlin mehrere
       denkbare Optionen. So könnten Reisebeschränkungen "für politisch
       Verantwortliche in Syrien" erwogen werden sowie das Einfrieren von Vermögen
       oder Wirtschaftshilfe. Außerdem werde sich Deutschland gegen eine
       Kandidatur Syriens im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen einsetzen.
       
       Seibert sagte, die Regierung unter Präsident Assad habe sich am Tod von
       vielen hundert Menschen schuldig gemacht. Deutschland fordere Syrien auf,
       die Vorfälle gründlich zu untersuchen und die Verantwortlichen zur
       Rechenschaft zu ziehen. Diejenigen Personen, die willkürlich festgenommen
       worden seien, sollten unverzüglich wieder freigelassen werden.
       
       Auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) verurteilte das Vorgehen des
       Regimes von Staatschef Baschar al-Assad. Syrien stehe an einer
       "gefährlichen Wegscheide". Sanktionen seien unvermeidbar, wenn die syrische
       Führung nicht auf die Forderung der Bundesregierung reagiere. Er brachte
       auch ein Waffenembargo ins Gespräch. Einen Vergleich mit den Maßnahmen
       gegen Libyen lehnte Westerwelle ab. Jedes Land brauche "maßgeschneiderte"
       Reaktionen. In diesem "arabischen Frühling" dürften die Länder nicht
       gleichgesetzt werden, sagte er.
       
       ## Erdogan ist "besorgt"
       
       Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sprach Assad in einem
       Telefonat am Dienstag seine "Besorgnis über die jüngsten Ereignisse" aus
       und forderte ihn zu Reformen auf, wie die türkische Nachrichtenagentur
       Anatolia berichtete. Erdogan, der enge persönliche Kontakte zu Assad
       unterhält, erklärte zudem, eine Delegation nach Damaskus schicken zu
       wollen.
       
       In Daraa gingen die Sicherheitskräfte laut einem Aktivisten weiter
       gewaltsam gegen Demonstranten vor. Am Dienstag seien mindestens sechs
       Menschen erschossen worden, sagte der Aktivist Abdallah Abasid. In der
       Nacht zu Mittwoch seien erneut "intensiv" Schüsse zu hören gewesen. Die
       syrische Armee habe zuvor Verstärkung nach Daraa geschickt und auf die
       Einwohner geschossen. Allein am Montag waren bis zu 5.000 Sicherheitskräfte
       unterstützt von Panzern nach Daraa eingerückt und hatten laut Zeugen
       mindestens 25 Menschen getötet.
       
       27 Apr 2011
       
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