# taz.de -- Aktionen vor 1. Mai: Linke Szene dreht auf
> Auf einem linken Spontan-Aufzug in Neukölln fliegen Steine, ein Jobcenter
> wird mit Farbbeuteln attackiert. Die Szene reagiert kritisch.
(IMG) Bild: Von Farbbeuteln gezeichnet: das Haus der Wirtschaft am Mittwoch.
Kurz vor dem 1. Mai wärmt sich die linke Szene aktionistisch auf. Am
Mittwochabend versammelten sich rund 70 Personen zu einer
Spontandemonstration in Neukölln. Anlass waren zwei mutmaßlich
rechtsextreme Brandanschläge auf alternative Wohnprojekte in Greifswald am
selben Tag. Dabei wurde Feuer in einer Scheune und an einem Auto gelegt.
Laut Polizei verlief der Spontanaufzug gegen 21.30 Uhr auf der
Karl-Marx-Straße. Teilnehmer hätten Feuerwerk entzündet und
Schaufensterscheiben zweier Drogeriemärkte und einer Bankfiliale mit
Steinen beworfen. Als der Großteil der Teilnehmer in den U-Bahnhof Neukölln
lief, ließ die alarmierte Polizei den Bahnverkehr kurzzeitig stoppen.
Beamte überprüften neun Personen. Der Staatsschutz nahm Ermittlungen auf.
In Teilen der linken Szene wird die Randale verurteilt. "Hier war definitiv
der falsche Ort für den massiven Einsatz dieser Aktionsform", heißt es in
einem linken Internetforum. In unmittelbarer Nähe hätten sich Passanten,
auch Kinder, befunden. Ein Böller sei vor ein asiatisches Restaurant
geflogen. "Niemand hat mitbekommen, worum es ging", moniert ein Schreiber.
Die Aktion sei "nix außer Selbstinszenierung" gewesen. Auch ein anderer
Kritiker mahnt: "Militanz muss vermittelbar und angemessen bleiben."
Ebenfalls Mittwochnacht warfen Unbekannte Farbbeutel und Steine auf das
Haus der Wirtschaft in Mitte und das Jobcenter Neukölln in der Mainzer
Straße. Bei Letzterem wurden die Parolen "Klasse gegen Klasse" und "Heraus
zum 1. Mai" an die Fassade gesprüht. "Mit dieser Aktion wollen wir unsere
Wut auf die miserable Situation von Hartz-IV-BezieherInnen zum Ausdruck
bringen", heißt es in einem Bekennerschreiben, das der taz vorliegt. Das
Schreiben endet mit dem Aufruf, "am 1. Mai gegen die Schikane der Jobcenter
auf die Straße zu gehen".
Auch in diesen Fällen ermittelt der Staatsschutz. Ebenso wie zu einer
Autobrandstiftung, die in der Nacht zu Donnerstag in der Norweger Straße in
Prenzlauer Berg erfolgte. Dabei wurde ein Smart der Deutschen Bahn
angezündet. Sieben weitere Autos wurden durch die Hitzeentwicklung
beschädigt.
Umtriebig zeigte sich auch die rechtsextreme Szene: Auf einer nicht
angemeldeten Aktion verteilten Neonazis am Mittwochabend vor einem
Einkaufscenter in Friedrichshain Flugblätter "gegen Fremdarbeiter". Die
Polizei stellte die Identitäten der 17 Teilnehmer fest und erteilte
Platzverweise. Flugblätter wurden beschlagnahmt, Ermittlungen wegen
Verstoßes gegen das Versammlungs- und Pressegesetz eingeleitet.
28 Apr 2011
## AUTOREN
(DIR) Konrad Litschko
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