# taz.de -- Bombenanschlag in Marokko: Marrakesch am Tag danach
       
       > Seit 2003 gab es kaum nennenswerte Gewaltakte in Marokko. Der Anschlag
       > jetzt folgte auf Proteste, Verschwörungstheorien machen die Runde.
       
 (IMG) Bild: Menschen versammeln sich nach dem Anschlag: Marrakesch.
       
       MADRID taz | Der Namen, der Schrecken auslöst, steht im Raum. "Alle Spuren
       werden verfolgt, die von Al Qaida inbegriffen", bekräftigte der
       marokkanische Regierungssprecher Khalid Naciri am Freitag, einen Tag
       nachdem eine Bombe das Caféhaus Argana auf dem Platz Djemaa el-Fna in
       Marrakesch zerstörte. Die Behörden ermitteln damit dort, wo viele Menschen
       in Marokko die Täter von Anfang befürchteten.
       
       Der Sprengsatz hatte das bei Touristen beliebte Lokal am Donnerstag gegen
       11:50 Uhr schwer beschädigt. 14 Menschen kamen dabei ums Leben. In der
       Nacht auf Freitag verstarben zwei der 23 Verletzten ebenfalls. Unter den
       Todesopfern sind mindestens 11 Ausländer. Sechs davon sollen die
       französische Staatsangehörigkeit haben.
       
       "Als Tourist in ein Land zu reisen und tot zurückzukehren, ist eine
       schreckliche Sache", sagte der marokkanische Finanzminister Salaheddine
       Mezouar am Freitag und kündigte an, "sehr hart daran zu arbeiten, dass dies
       keine Folgen für den Tourismus in Marrakesch hat".
       
       ## Marokko ist auf Urlauber angewiesen
       
       Marokkos schwächelnde Wirtschaft ist in Zeiten der Krise mehr auf die
       Einnahmen aus dem Geschäft mit den Urlaubern angewiesen denn je. Das
       nordafrikanische Reich von des Alawitenkönigs Mohamed VI. galt bisher als
       weitgehend sicher. Zwar verhafteten die Polizei in den vergangenen Jahren
       immer wieder mutmaßliche Terrorzellen, die dem Umfeld dem nordafrikanischen
       "Al Qaida im Islamischen Maghreb" zugerechnet wurden, doch kam es seit 2003
       zu keinen nennenswerten Gewaltakten.
       
       Damals sprengten sich zwölf Selbsmordattentäter in der Wirtschaftsmetropole
       Casablanca in mehreren westlichen und jüdischen Einrichtungen in die Luft
       und rissen 33 Menschen mit in den Tod. Zum Attentat vom Donnerstag hat sich
       bisher niemand bekannt.
       
       Die Bombe explodierte nur wenige Tage nachdem zum dritten Mal Zehntausende
       im ganzen Land für mehr Demokratie und gegen die Korruption auf die Straße
       gingen. König Mohamed VI. kündigte unter dem Druck der Straße eine
       Verfassungsreform an und hob Renten, Beamtengehälter und Mindestlöhne an.
       
       In einer Teilamnestie wurden 96 Inhaftierte freigelassen, viele von ihnen
       radikale Islamisten. In Marrakesch macht das Gerücht die Runde, einer der
       Amnestierten habe sich im Café Argana in die Luft gesprengt. Sollte dies
       der Fall sein, wäre es ein schwerer Schlag für König und
       Demokratiebewegung.
       
       ## Der nächste Protest ist am 1. Mai
       
       Der nächste Protestmarsch zu dem die meist aus jungen Menschen bestehende
       "Bewegung 20. Februar" mobilisiert, ist für den 1. Mai angesetzt. Die
       Organisatoren hoffen, dass die Regierung den Anschlag nicht nutzt, um die
       Protestmärsche zu unterdrücken. "Jetzt hat die Regierung freie Hand, um im
       Namen des ewigen Kampfes gegen den Terrorismus, die versprochene Öffnungen
       zu minimieren oder zu verweigern. Dank dieser kriminellen Handlung wird die
       alawitische Autokratie Zeit gewinnen. Zeit, um uns mundtot zu machen",
       warnt Ali Lmrabet, Chefredakteur der oppositionellen Internetzeitung
       demainonline.
       
       So mancher geht noch einen Schritt weiter. Nur wenige Stunden nach dem
       Anschlag in Marrakesch eroberten Verschwörungstheorien das Internet. "Der
       König hat die Bombe bestellt, um uns niederzumachen", heißt eine der
       Twitter-Botschaften. Der im spanischen Exil lebende ehemalige Leutnant der
       marokkanischen Armee, Abdelillah Issou, sucht die Schuldigen in einer
       Videobotschaft bei Youtube in Geheimdienstkreisen.
       
       Das Ziel sei "den Ausnahmezustand ausrufen zu können". Er habe Kenntnis
       davon, dass "ein Mann gesehen worden sein soll, der das Café Argana
       verließ, nachdem er dort einen Koffer abgestellt hat" erklärt Issou, der in
       Marokko beschuldigt wird, eine Oppositionsbewegung in der Armee aufgebaut
       zu haben. Ein marokkanischer Journalist bestätigte dies gegenüber Al
       Jazeera.
       
       Dem Islamismus- und Terrorismusspezialisten an der Universität in
       Casablanca Mohamed Tozi, will nicht an an einen Komplott glauben. "Die Art
       des Anschlages und das Ziel deutet auf die radikalen Salafisten hin", sagt
       er am Telefon. Al Qaida habe kein Interesse an einer Demokratisierung der
       arabischen Länder. Zudem habe das Terrornetzwerk durch die Demonstrationen
       überall in der arabischen Welt an Einfluss verloren. "Mit diesem Anschlag
       versuchen sie sich zurück ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu bringen",
       glaubt er.
       
       29 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
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