# taz.de -- 60 Prozent der AKW-Leistung vom Netz: Da waren's nur noch sechs
       
       > Wegen des Moratoriums und planmäßiger Revisionen sind nur noch sechs AKW
       > am Netz. Strommangel ist nicht erkennbar. Größte Herausforderung: die
       > Spannung im Netz.
       
 (IMG) Bild: Jetzt auch vom Netz: das AKW Grohnde bei Hameln.
       
       FREIBURG taz | Aktuell sind in Deutschland nur noch 6 von 17
       Atomkraftwerken am Netz. Nachdem auch die Reaktoren Grohnde und
       Gundremmingen B wegen planmäßiger Revisionsarbeiten vom Netz genommen
       wurden, sind im Moment von den installierten 21.500 Megawatt Atomkraft nur
       noch rund 8.500 Megawatt verfügbar – 60 Prozent der Leistung sind also
       jetzt abgeschaltet.
       
       Wird nun deswegen der Strom knapp? Am Markt gibt es keinerlei Anzeichen in
       diese Richtung, wie der Spotmarkt der Leipziger Strombörse aktuell in
       seiner unbestechlichen Art verdeutlicht. Schließlich macht sich nach
       Marktlogik eine Verknappung an hohen Preisen bemerkbar – doch die waren
       auch am Donnerstag sehr moderat. Im Mittel lagen die Preise für Strom, der
       am morgigen Freitag gebraucht wird, bei 5,7 Cent je Kilowattstunde – in
       manchen Quartalen der letzten Jahre lag der Mittelwert auch ohne
       Atom-Moratorium schon deutlich höher.
       
       Süffisant merkte Bärbel Höhn, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der
       Grünen im Bundestag, bereits an: "Mit jedem weiteren abgeschalteten AKW
       fallen die Lügengebäude zusammen, dass Deutschland so dringend auf die
       Reaktoren angewiesen ist."
       
       ## Andere Kraftwerke fangen Meilerkapazitäten auf
       
       Offenkundig fangen andere Kraftwerke die wegfallenden Atommeiler derzeit
       ganz gut auf. Am Donnerstag zur Mittagszeit war dies vor allem die Sonne,
       die zeitweise bis zu 13.500 Megawatt an Strom lieferte – also etwa so viel,
       wie an AKW-Kapazität gerade still steht. Zu anderen Zeiten werden ähnlich
       hohe Leistungen vom Wind bereitgestellt. Am Donnerstag jedoch blies der
       Wind mit weniger als 1.000 Megawatt allerdings extrem schwach blies. Wenn
       jedoch weder mit Wind noch mit Sonne in großem Stil Strom erzeugen lässt,
       müssen mitunter auch fossile Kraftwerke einspringen.
       
       Und so braucht man im Moment zusätzliche Sicherheiten. Das Kohlekraftwerk
       Staudinger zum Beispiel sollte in Revision gehen, doch diese wurde erst
       einmal verschoben, damit auch während des Atom-Moratoriums die
       Netzstabilität gewährleistet ist. Die gesamten CO2-Emissionen dürften
       dadurch nach Logik des Kyotoprotokolls übrigens nicht steigen, denn der
       Ausstoß ist gedeckelt. Werden in Kraftwerken mehr fossile Energieträger
       eingesetzt, steigt entsprechend der Preis der Tonne CO2 im Emissionshandel,
       was Einsparungen an anderer Stelle – etwa in Fabriken - wieder attraktiver
       macht.
       
       ## Netzbetreiber musste Arbeiten an Umspannwerk stoppen
       
       Die größte Herausforderung besteht gar nicht darin, die wegfallende
       Produktion der Atommeiler nominal zu ersetzen, sondern darin, das Netz
       stabil zu halten. Vor allem die Übertragungsnetzbetreiber sind hierbei
       gefordert: "Wir wollten zum Beispiel das Umspannwerk in Großkrotzenburg in
       Hessen verstärken", heißt es beim Übertragungsnetzbetreiber Tennet, doch
       diese Aktion sei nun erst einmal gestoppt worden. Auch mithilfe von
       Großkraftwerken wird die Spannung im Netz stabil gehalten, weswegen das
       Kohlekraftwerk Staudinger, anders als geplant, vorerst nicht vom Netz ging.
       
       Die Netzkapazitäten sind derzeit eng, weil die meisten Atomkraftwerke im
       Süden des Landes stehen, häufig in der Umgebung der großen
       Verbrauchszentren, energieintensiven Industrien. Die erneuerbaren Energien
       aber – vor allem die Windkraft – werden bevorzugt im Norden ausgebaut. Es
       rächt sich nun, dass Baden-Württemberg und Bayern den Ausbau der Windkraft
       so sehr vernachlässigt haben. Der Atomausstieg benötigt also neben neuen
       Netzen mit neuer Technik auch dezentrale Kraftwerke in Nähe der
       Verbraucher. Die Elektrizitätswerke Schönau, einst aus der
       Anti-Atom-Bewegung heraus entstanden, sagen das schon lange – und jetzt
       abermals: Es sei jetzt "ein Gebot der Stunde, ein ehrgeiziges
       Kraft-Wärme-Kopplungs-Programm aufzulegen und Hemmnisse beim Ausbau der
       regenerativen Energien abzubauen".
       
       5 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernward Janzing
       
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