# taz.de -- Zensus in Berlin: Schweigen ist bei Strafe verboten
       
       > Zehn Fragen und Antworten zu Befragung, Zwangsgeldern und falschen
       > Antworten.
       
 (IMG) Bild: Falscher Zensus: Brav öffnen Berliner ihre Wohnungstüren und beantworten fiktive und reale Fragen.
       
       Was ist der Zensus? 
       
       Im Kern eine Datensammlung. Auf der einen Seite werden die Daten von
       verschiedenen staatlichen Stellen, den Meldeämtern, der Bundesagentur für
       Arbeit und öffentlichen Arbeitgebern zusammengeführt. Auf der anderen Seite
       werden Mieter und Immobilienbesitzer befragt.
       
       Wer hat ihn beschlossen? 
       
       Die EU sieht vor, dass es in jedem Mitgliedsstaat 2011 einen Zensus geben
       soll. Für Deutschland hat die große Koalition 2009 das Zensusgesetz
       beschlossen.
       
       Wozu soll der Zensus gut sein? 
       
       Für die Planung. So leben in Deutschland möglicherweise weniger Menschen
       als angenommen, sie leben an anderen Orten oder in anderen Verhältnissen,
       als bislang bekannt ist. Verändern sich die Einwohnerzahlen, könnte das
       beispielsweise Auswirkungen auf den Länderfinanzausgleich haben oder auf
       die Wahlkreise.
       
       Wer wird gefragt? 
       
       Es gibt drei Erhebungen: In einer werden alle Immobilienbesitzer befragt,
       das sind in Berlin 223.000 und in Brandenburg 557.000 Menschen. In einer
       zweiten gibt es eine Stichprobe der Haushalte, das wird rund 126.000
       Berliner und 300.000 Brandenburger betreffen. Und in einer dritten Erhebung
       werden Bewohner von Gemeinschaftseinrichtungen befragt - zum Beispiel von
       Studenten- oder Seniorenwohnheimen. Genau wie die Befragung der
       Immobilienbesitzer ist das eine Vollerhebung, das heißt, jeder, der dort
       wohnt, muss auch Fragen beantworten. Weil sich die einzelnen Gruppen
       überschneiden, kann es passieren, dass manche Fragebögen für zwei
       Erhebungen ausfüllen müssen.
       
       Was dürfen die Interviewer? 
       
       Zunächst mal müssen sie sich durch einen speziellen Ausweis identifizieren.
       Zutritt zur Wohnung dürfen sie nicht verlangen, genauso wenig wie
       Unterschriften oder Kontodaten. Wer seine Antworten nicht dem Interviewer
       diktieren will, kann den Fragebogen auch selbst ausfüllen.
       
       Was wird gefragt? 
       
       In der Haushaltsstichprobe wird auf zehn Seiten unter anderem nach Name,
       Adresse, Geburtsdatum, Geschlecht, Religion, Familienstand, Herkunft und
       Bildungsstand gefragt.
       
       Wo ist das Problem? 
       
       Auf Werbeplakaten wird der Zensus etwa damit beworben, dass dann die Zahl
       der Studienplätze besser geplant werden könnte. Das würde voraussetzen,
       dass die derzeitige Überfüllung der Hörsäle allein daran liegt, dass keine
       Daten über potenzielle Studienanfänger vorliegen - eine zu einfache
       Erklärung. Kritiker befürchten zudem, dass die persönlichen Daten nach der
       Erhebung erst spät anonymisiert werden und diese Anonymisierung durch
       Informationen aus anderen Quellen umkehrbar ist. Datenhacks und
       Begehrlichkeiten, die entstehen, wenn es erst mal eine Datensammlung gibt,
       könnten weitere Probleme bringen.
       
       Was passiert, wenn man nicht antwortet? 
       
       Dann folgt eine Aufforderung, zu antworten, später die Androhung eines
       Zwangsgeldes. Anders als etwa eine Geldstrafe, die für eine Tat nur einmal
       verhängt werden darf, kann ein Zwangsgeld wiederholt angeordnet werden. "Es
       gibt eine Auskunftspflicht, und die werden wir auch durchsetzen", sagt der
       Zensuskoordinator für Berlin, Karsten Wenzel.
       
       Was passiert, wenn man falsch antwortet? 
       
       Vermutlich nichts. "Falsche Antworten fallen höchstens auf, wenn die
       Angaben nicht zusammenpassen", sagt Wenzel. Wenn sich also etwa der
       Hausmeister einer Universität im Fragebogen als Hochschullehrer ausgibt,
       aber als Schulabschluss den Realschulabschluss nennt.
       
       Was kostet das Ganze? 
       
       In Berlin 27 Millionen Euro, in Brandenburg 33 Millionen. Einen Teil davon
       zahlt der Bund.
       
       8 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bergt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Der gefakte Zensus-Fragebogen: "Das dürfen die"
       
       Wahlverhalten, Drogenkonsum - was verraten Bürger, wenn sie glauben, die
       Volkszähler stehen vor der Tür? Ein Test zeigt, wie die Leute reagieren.
       
 (DIR) Volkszählung in Deutschland: Fragen über Fragen
       
       Nun werden die Deutschen durchgezählt. Der Staat fragt, die taz gibt die
       wichtigsten Antworten zum Zensus. Auch: Was mit den Daten nicht geschehen
       darf.
       
 (DIR) Kommentar Zensus: Wir sind gläsern
       
       Trotz Datenpannen überall, die Volkszählung regt keinen auf - nicht mal in
       Berlin. Für die "Generation Facebook" ist es selbstverständlich, im Netz
       viel von sich preiszugeben.
       
 (DIR) Zensus in Berlin: Ein Volk lässt sich zählen
       
       Ab Montag sollen zehntausende Berliner zu ihren Lebensverhältnissen befragt
       werden. Während sich in den 80er Jahren Großproteste gegen die
       Volkserhebung stemmten, bleibt Widerstand diesmal aus.