# taz.de -- Kommentar Zensus: Wir sind gläsern
       
       > Trotz Datenpannen überall, die Volkszählung regt keinen auf - nicht mal
       > in Berlin. Für die "Generation Facebook" ist es selbstverständlich, im
       > Netz viel von sich preiszugeben.
       
 (IMG) Bild: Ein Stift geht zählen: Zensus 2011.
       
       Es ist Volkszählung - und keinen interessiert's. Proteste, wie beim Zensus
       1987? Fehlanzeige. Dabei gehen die Fragen tiefer als vor 25 Jahren. Von
       allen Grundstücksbesitzern sowie den Bewohnern von
       Gemeinschaftseinrichtungen werden die Daten gesammelt. Mehr als eine
       Million Menschen in Berlin und in der Region betrifft die Erhebung direkt,
       die über Einwohnerzahlen, Einkünfte, Geschlecht, Bildung, Gebäude und
       Infrastruktureinrichtungen Auskunft geben soll.
       
       Berlin braucht Daten für seine politische Zukunftssteuerung. Doch blindes
       Vertrauen in die Datenerhebung ist naiv. Sicher, wir gehen heute lässiger
       mit privaten Informationen um. Wer macht sich schon Gedanken über die
       Speicherung seiner Daten, wenn er mit Kreditkarte bezahlt?
       
       Unsere Adressen, Jobs, Texte sind online abrufbar. Für die "Generation
       Facebook" ist es selbstverständlich, möglichst viel von sich im Internet
       preiszugeben. In E-Books und Navis sind Funkmodems eingebaut. Wir sind
       längst gläsern geworden.
       
       Das allein spricht nicht gegen den Zensus, doch wo Daten gespeichert
       werden, entstehen Begehrlichkeiten. Das genau ist der Punkt. Die
       Datenschranken erodieren, sowohl die Datenpannen als auch die -skandale
       haben in den letzten Jahren zugenommen. Nicht nur bei Lidl und der Bahn AG,
       auch in den Behörden Berlins wurden Daten missbraucht.
       
       Wenn parallel zum Zensus auf die Forderung des obersten Datenschützers
       Peter Schaar, endlich klare "Rote-Linie"-Schutzgesetze zu erlassen,
       reagiert worden wäre - ich würde vielleicht gern gezählt. So nicht.
       
       8 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rolf Lautenschläger
       
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