# taz.de -- Klimawandel sorgt für Knappheit: Ohne Anpassung schwere Nachteile
       
       > Weltweit werden weniger Mais und Weizen geerntet, Schuld ist auch der
       > Klimawandel. Steigt die Temperatur um 1 Grad, sinkt der Ertrag um 10
       > Prozent.
       
 (IMG) Bild: 33 Millionen Tonnen Ausfall: Weizen.
       
       BERLIN taz | Der Klimawandel hat in den vergangenen 30 Jahren weltweit die
       Ernten von Mais und Weizen reduziert und die Preise für Getreide nach oben
       getrieben. Höhere Temperaturen und weniger Verlässlichkeit bei der
       Wasserversorgung haben im globalen Durchschnitt dazu geführt, dass 5,5
       Prozent weniger Weizen und 3,8 Prozent weniger Mais produziert wurde, als
       dies ohne den Klimawandel möglich gewesen wäre. Das ist das Ergebnis einer
       Studie von Wissenschaftlern der US-Universitäten Stanford und Columbia, die
       in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht wurde.
       
       Den Ausfall an Weizen taxieren die Forscher auf 33 Millionen Tonnen, die
       Jahresproduktion von Frankreich. Beim Mais seien durch den Klimawandel 23
       Millionen Tonnen weniger produziert worden, so viel, wie pro Jahr in Mexiko
       erzeugt wird. Bei Soja und Reis sei die Lage allerdings stabil geblieben,
       in kälteren Ländern habe die Reisproduktion sogar zugelegt.
       
       "Weizen, Mais, Soja und Reis machen etwa 75 Prozent der Kalorien aus, die
       Menschen direkt oder indirekt verbrauchen", schreiben die Forscher in ihrer
       Studie. Sie untersuchten die Temperaturentwicklungen zwischen 1980 und
       2008. Fast überall waren die Temperaturen gestiegen. Darauf reagiert
       Getreide sensibel: Steigt die Temperatur um 1 Grad Celsius, sinkt der
       Ertrag um 10 Prozent. Und sinkt das Angebot und steigt die Nachfrage bei
       wachsender Weltbevölkerung, dann steigt der Preis: bis zu 20 Prozent für
       die Rohstoffe, fand das Forscherteam.
       
       ## Weizenproduktion brach in Russland massiv ein
       
       Die Forscher rechneten aus den Daten andere Einflüsse wie Zugang zu Saatgut
       oder die verstärkte Düngung durch mehr CO2 in der Luft heraus. Das Ergebnis
       zeigt, dass Verlierer und Gewinner ungleich verteilt sind: Während die
       Weizenproduktion in Russland um 15 Prozent einbrach, blieb der weltgrößte
       Getreideproduzent, die USA, fast unberührt, weil sich dort das Klima in
       diesem Zeitraum kaum erwärmte.
       
       Zehn Jahre Klimawandel vernichten laut der Studie ein Jahr
       Produktionsfortschritt auf dem Acker – und die Temperaturen sollen nach
       allen Klimamodellen mit rasanter Geschwindigkeit zunehmen. "Ohne
       erfolgreiche Anpassung an den Klimawandel" erwarten die Autoren durch den
       Rückgang der Ernten schwere Nachteile für die Wirtschaft und die
       Gesundheitssysteme der betroffenen Länder.
       
       ## Bauernverband: "Wer produzieren kann, der muss produzieren"
       
       Für Michael Lohse vom Deutschen Bauernverband ist der Bericht ein weiterer
       Grund dafür, die intensive Bearbeitung von Flächen fortzuführen: "Wer
       produzieren kann, der muss produzieren", sagte Lohse der taz. Insgesamt und
       auch in Deutschland sei die landwirtschaftliche Produktion massiv
       gestiegen. Zwischen 1954 und 2004 sei der Weizenertrag pro Hektar von 27
       auf 76 Doppelzentner gesteigen. "Pro Jahr steigt der Ertrag durch den
       technischen Fortschritt um 2 bis 3 Prozent", sagte Lohse.
       
       Das Problem der modernen Landwirtschaft sieht Martin Hofstetter von
       Greenpeace darin, dass mehr erzeugt als gebraucht werde und der
       Fleischverbrauch zu hoch sei. Zudem werde zu viel weggeworfen. Vor allem
       zeige der Bericht aber die "extreme Ungerechtigkeit" des Klimawandels. Am
       meisten litten die armen Länder, die auf ihre Landwirtschaft angewiesen
       seien und kaum zum Treibhauseffekt beitrügen.
       
       10 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Sipri-Jahrbuch deckt Rüstungsausgaben auf: Mehr Geld für Waffen verpulvert
       
       Schwellenländer rüsten auf: Weltweit steigen die Ausgaben für Waffen an,
       trotz Wirtschaftskrise. Und der Kampf um Rohstoffe gefährdet vielerorts den
       Frieden.
       
 (DIR) Kampagne von Terre des Hommes: Kinder müssen Klimawandel ausbaden
       
       Die Hilfsorganisation Terres des Hommes startet heute eine Kampagne zur
       Stärkung ökologischer Kinderrechte. Besonders der Klimawandel ist im Fokus.
       
 (DIR) Rohstoffhändler Glencore: Wohl größter Börsengang des Jahres
       
       Glencore, einer der mächtigsten Rohstoffhändler, will an der Börse 12
       Milliarden Dollar erlösen – um noch größer zu werden. Seit 1993 hat sich
       der Wert der Firma vervielfacht.
       
 (DIR) Spekulation auf Nahrungsmittel: Mit dem Zucker spielt man nicht
       
       Spekulation verschärft die Steigerung bei den Lebensmittelpreisen um ein
       Fünftel - sagen Ökonomen. Ministerin Aigner erwägt nun eine bessere
       Regulierung.
       
 (DIR) China hebt die Leitzinsen an: Billiges Geld macht Lebensmittel teuer
       
       Die Dürre heizt die Inflation an, die Preise für Lebensmittel in China
       steigen rapide. Um dies zu verhindern, hebt die Regierung zum dritten Mal
       die Leitzinsen an.
       
 (DIR) Ressourcenstrategie der EU-Kommission: Streit über Rohstoffspekulation
       
       Die EU-Kommission hat die Präsentation ihrer Ressourcenstrategie verschoben
       - etwas fehlt nämlich: Die Regulierung der Rohstoffmärkte. Das soll jetzt
       nachgebessert werden.
       
 (DIR) Rohstoffe werden merklich teurer: Frische Konjunktur treibt die Preise
       
       Die Preise für Kohle, Baumwolle und Weizen sind stark angestiegen.
       Inflation und Spekulation ziehen nach. Nun drohen Lebensmittel knapp zu
       werden.