# taz.de -- Rohstoffhändler Glencore: Wohl größter Börsengang des Jahres
       
       > Glencore, einer der mächtigsten Rohstoffhändler, will an der Börse 12
       > Milliarden Dollar erlösen – um noch größer zu werden. Seit 1993 hat sich
       > der Wert der Firma vervielfacht.
       
 (IMG) Bild: Nicht nur in Sambia steht Glencore in der Kritik. Hier Glencore-Silber in Bolivien. Boliviens Präsident Morales verstaatlichte ein Werk des Rohstoffhändlers.
       
       HAMBURG taz | Der der Öffentlichkeit nahezu unbekannte Rohstofftitan
       Glencore aus der Schweiz geht an die Londoner Börse und stellt sich damit
       erstmals ins Rampenlicht. Wahrscheinlich wird Glencore sogar der
       milliardenschwerste Börsengang in diesem Jahr: Die Preisspanne der Aktien
       für den rund Zwölf-Milliarden-Dollar-Deal wird am heutigen Mittwoch bekannt
       gegeben.
       
       Bislang hatten Anleger keine Chance, sich an dem legendenumwitterten
       Privatunternehmen aus dem kleinen, steuerbegünstigten Kanton Zug zu
       beteiligen. Dabei ist Glencore weltweit führend im Handel mit Öl, Kupfer,
       Aluminium, landwirtschaftlichen Produkten und besitzt Raffinerien und
       Minen. Mehr als 50.000 Glencore-Beschäftigte arbeiten in 40 Ländern. Zwar
       machen die Schweizer mit 145 Milliarden Dollar einen höheren Jahresumsatz
       als der weltberühmte eidgenössische Lebensmittelriese Nestlé, doch für die
       Zukunftsbranche schlechthin scheint selbst dieser Titan noch zu klein. Die
       Zeichen stehen auf Konsolidierung, auf den Zusammenschluss zu immer
       größeren Konzernen. Dafür will Glencore seine Kriegskasse füllen.
       
       Die Firma war 1993 von dem später durch den US-Präsidenten Clinton
       begnadigten und die Klatschspalten füllenden Steuersünder Marc Rich für 0,6
       Milliarden Dollar verkauft worden. Heute hat sich ihr Wert vervielfacht.
       Bislang ist das Unternehmen als "Partnerschaft" organisiert und gehört vor
       allem führenden Mitarbeitern. Selbst unter den geheimnistuerischen
       Rohstoffhändlern mit Namen wie RBS Sempra oder Trafigura gilt Glencore als
       besonders verschwiegen. Mit dieser jahrzehntelangen Verschweigestrategie
       wird es durch den Börsengang vorbei sein.
       
       ## In der Branche herrschen unmenschliche Arbeitsbedingungen
       
       Ob das die Geschäftspolitik ändert, bezweifeln Kritiker. Glencore gehört zu
       einer Branche, in der unmenschliche Arbeitsbedingungen, Raubbau an der
       Umwelt, Korruption und die Ausnutzung von Entwicklungsländern üblich sind.
       Auch Glencore stand wiederholt am Pranger.
       
       Im Jahr 2002 lancierte der damalige britische Premierminister Tony Blair
       den Vorwurf, Glencore habe das Regime von Saddam Hussein geschmiert, um an
       irakisches Öl aus dem Programm "Oil for Food" zu kommen. 2008 wurde die
       Firma als eine der am rücksichtslosesten geführten Betriebe der Welt mit
       dem "Public Eye Awards" beschämt, und kürzlich berichtete das
       schweizerische Wirtschaftsblatt "Cash" von einer Anklage im Kongo wegen
       Verletzung der Menschenrechte.
       
       ## Sambia mit Buchführungstricks noch ärmer gemacht
       
       Für den Börsengang könnte eine Aktion der Erklärung von Bern (EvB) noch
       weit teurer kommen. Die renommierte entwicklungspolitische Organisation
       wirft gemeinsam mit Partnern in Sambia, Frankreich und Kanada dem
       Rohstofftitan illegale Steuerpraktiken vor. Klage bei der OECD, der
       Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, wurde
       erhoben.
       
       Glencore bringe ausgerechnet Sambia, eines der ärmsten Länder der Welt,
       "durch zynische Buchführungstricks um die Früchte des Kupferbooms", klagt
       EvB an. So sollen die Buchprüfer der Beratungsgesellschaften Grant Thornton
       und Econ Pöyry für Steuer mindernde Ausgaben von 380 Millionen Dollar keine
       Erklärung gefunden haben. Glencore verteidigt seine Bilanzen, sie würden
       von Wirtschaftsprüfern jährlich getestet. Deren Testate gelten allerdings
       unter Steuerexperten als wenig aussagekräftig.
       
       3 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hermannus Pfeiffer
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Oppositionsführer wird Präsident: Vuvuzelas für den Wandel in Sambia
       
       Die Massen feiern ausgelassen die Amtseinführung Michael Satas. Im vierten
       Anlauf gewinnt der populistische Oppositionsführer klar die
       Präsidentenwahl.
       
 (DIR) Klimawandel sorgt für Knappheit: Ohne Anpassung schwere Nachteile
       
       Weltweit werden weniger Mais und Weizen geerntet, Schuld ist auch der
       Klimawandel. Steigt die Temperatur um 1 Grad, sinkt der Ertrag um 10
       Prozent.
       
 (DIR) Spekulation auf Nahrungsmittel: Mit dem Zucker spielt man nicht
       
       Spekulation verschärft die Steigerung bei den Lebensmittelpreisen um ein
       Fünftel - sagen Ökonomen. Ministerin Aigner erwägt nun eine bessere
       Regulierung.
       
 (DIR) Elektroschrott-Recycling: Seltene Erden im Handy
       
       Elektroschrott gilt als die große unerschlossene Quelle für knappe
       Rohstoffe. Wiederverwertung gibt es bisher kaum. Und nur wenige Unternehmen
       sind dazu überhaupt in der Lage.
       
 (DIR) Neue Strategie der EU-Kommission: Europas Kampf um Ressourcen
       
       Die Nachfrage nach Rohstoffen aus Entwicklungsländern wächst. Für Minen in
       Naturschutzgebieten sollen die Länder nun Geld für Reformprogramme
       erhalten.
       
 (DIR) Ressourcenstrategie der EU-Kommission: Streit über Rohstoffspekulation
       
       Die EU-Kommission hat die Präsentation ihrer Ressourcenstrategie verschoben
       - etwas fehlt nämlich: Die Regulierung der Rohstoffmärkte. Das soll jetzt
       nachgebessert werden.
       
 (DIR) Steigende Rohstoffpreise: "Bergbau in Brandenburg ist wieder interessant"
       
       Tief unter der Mark lagern Kupfer, Erdgas und Erdöl. Zwar keine Massen,
       aber wenn der Preis für diese Rohstoffe weiter steigt, kann sich ein Abbau
       durchaus lohnen, sagt Klaus Freytag vom Landesamt für Bergbau.