# taz.de -- Rohstoffe werden merklich teurer: Frische Konjunktur treibt die Preise
       
       > Die Preise für Kohle, Baumwolle und Weizen sind stark angestiegen.
       > Inflation und Spekulation ziehen nach. Nun drohen Lebensmittel knapp zu
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Nicht nur die Preise für Baumwolle stiegen.
       
       Tanken wird immer teurer. Ein Grund: Der Preis der Erdölsorte Brent geht
       erstmals seit 2008 wieder auf die Marke von 100 Dollar pro Barrel zu. Damit
       nicht genug: Nach einem deutlichen Preisrückgang im Jahr 2009 infolge der
       globalen Wirtschaftskrise verteuern sich nun auch Eisenerz, Kupfer, Kohle
       und Baumwolle. Ihr Preis hat sich im Lauf des vergangenen Jahres sogar mehr
       als verdoppelt, wie der Rohstoffpreisindex des Hamburgischen
       Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) zeigt.
       
       Bei einigen Rohstoffen lassen sich konkrete Gründe für den jüngsten
       Preisanstieg ausmachen. Beim Öl sind es Lecks in einem norwegischen Ölfeld
       und einer Pipeline in Alaska, bei der Kohle sind es die Überschwemmung in
       Australien. Aber der längerfristige Trend hat andere Ursachen, erklärt
       HWWI-Rohstoffexperte Leon Leschus: "Der starke Preisanstieg geht auf die
       Erholung der weltweiten Konjunktur zurück. Insbesondere China braucht für
       seine schnell wachsende Wirtschaft Rohstoffe."
       
       Den Export von seltenen Erden – Mineralien, die vor allem in Elektrogeräten
       eingebaut sind – hat China deshalb eingeschränkt. In Indien wird laut einem
       lokalen Fernsehbericht über eine Begrenzung der Kohleausfuhren nachgedacht.
       Dabei lechzt China nach Kohle: Der allein durch den Bau neuer Kraftwerke
       hinzukommende Bedarf entspricht etwa der Menge, die die USA insgesamt an
       Kohle verbrauchen.
       
       Klar, dass diese Entwicklung auf den Märkten auch die Spekulation antreibt,
       die den Preisanstieg befördert. Dafür ist reichlich Geld vorhanden, das die
       Notenbanken zur Krisenbekämpfung in die Finanzmärkte gepumpt haben. Die
       Nachfrage nach Kupfer etwa steigt nicht nur, weil die Industrie und die
       Bauwirtschaft so viele Kabel benötigen. Hinzu kommen Investmentfonds, die
       eigene Kupferlager anlegen, um auf steigende Preise zu spekulieren.
       Inzwischen werden schon Sorgen laut, dass die teuren Rohstoffe den
       wirtschaftlichen Aufschwung gefährden und die Inflation anheizen. Erstes
       Anzeichen: Die Großhandelspreise sind in Deutschland im vergangenen Jahr im
       Schnitt um 5,9 Prozent gestiegen, so stark wie seit fast 30 Jahren nicht
       mehr. Das liegt vor allem am kräftigen Anstieg der Preise für Brennstoffe
       und Metalle. In der EU ist die Inflationsrate zum ersten Mal seit zwei
       Jahren wieder über die 2-Prozent-Schwelle gestiegen. Investoren legen ihr
       Geld aus Angst vor Geldentwertung in Rohstoffe an – so steigen die Preise
       weiter.
       
       Und das könnte anhalten. Denn für fast alle Rohstoffe gilt: Die Nachfrage
       ist größer als das Angebot. Für Öl etwa prognostiziert die Internationale
       Energieagentur (IEA), die bis vor Kurzem noch von leicht sinkender
       Nachfrage ausging, nun einen Nachfragezuwachs um fast 2 Prozent im Jahr
       2011. Und weil die Ölförderung wohl nicht Schritt hält, könnten die Preise
       noch kräftig steigen. Ähnlich sieht es bei Agrarrohstoffen aus. In den
       Schwellenländern steigt der Fleischkonsum, also wird auch mehr Tierfutter
       verbraucht. Rindfleisch ist derzeit um ein Drittel teurer als vor einem
       Jahr, Mais um die Hälfte. Aber auch die Weizenpreise sind unter anderem
       aufgrund dürrebedingter Ernteausfälle in Russland kräftig gestiegen.
       
       Droht nun in den Entwicklungsländern wieder eine Lebensmittelknappheit wie
       im Jahr 2008? Vergangene Woche schlug die Landwirtschafts- und
       Ernährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) Alarm: Ihr
       Nahrungsmittelpreisindex stieg auf 215 Punkte und übertrumpfte damit den
       bisherigen Höchststand von Mitte 2008. Damals war es in mehreren Ländern
       wie Ägypten und Niger zu Hungerrevolten gekommen. Auch die FAO rechnet mit
       weiteren Preissteigerungen. "Es wäre töricht, zu glauben, das sei der
       Höhepunkt", sagte der FAO-Ökonom Abdolreza Abbassian. Ein Lichtblick: Der
       Preis für Reis, in vielen Ländern des Südens ein Grundnahrungsmittel, ist
       vergangenes Jahr leicht gesunken.
       
       14 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicola Liebert
       
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