# taz.de -- Sipri-Jahrbuch deckt Rüstungsausgaben auf: Mehr Geld für Waffen verpulvert
       
       > Schwellenländer rüsten auf: Weltweit steigen die Ausgaben für Waffen an,
       > trotz Wirtschaftskrise. Und der Kampf um Rohstoffe gefährdet vielerorts
       > den Frieden.
       
 (IMG) Bild: Vorgeführt auf einer Militärparade: indische Rakete.
       
       STOCKHOLM taz | Die kommenden Jahrzehnte könnten sicherheitspolitisch
       verstärkt von einem Kampf um Rohstoffe und andere Naturressourcen geprägt
       sein. Wobei auch Umweltfaktoren wie die Folgen des Klimawandels eine
       erhebliche Rolle spielen könnten.
       
       Das befürchtet das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri in seinem
       neuen [1][Jahrbuch], das am Dienstag veröffentlicht wird und der taz vorab
       vorlag.
       
       Ressourcenfragen könnten vor allem in Verbindung mit anderen Ursachen - wie
       sozialen und institutionellen Konflikten - ein gefährliches Potenzial
       entwickeln, meinen die ForscherInnen und nennen Beispiele: "Der Hunger
       reicher Länder nach wertvollen Rohstoffen trägt zu Gewalt und Instabilität
       im globalen Süden bei. Die katalytische Rolle, die Proteste gegen hohe
       Lebensmittelpreise im sogenannten arabischen Frühling gespielt haben,
       zeigt, welch weitreichende Sicherheitsauswirkungen Entwicklungen auf den
       Rohstoffmärkten haben können."
       
       ## Ressourcenmanagement und Ressourcengouvernance
       
       Die Ursachenkette zwischen Ressourcenfragen und bedrohlichen Konflikten
       könne nur gebrochen werden, "wenn Konsumenten- und Produzentenstaaten,
       Industrie und Zivilgesellschaft zusammenarbeiten", sagt Neil Melvin,
       Direktor des Sipri-Programms für Konfliktmanagement. Ressourcenmanagement,
       also vor allem ein effizienterer Einsatz von Rohstoffen auf nationaler
       Ebene, müsse mit Ressourcengouvernance auf multilateraler Ebene verbunden
       werden.
       
       Wie üblich bilanziert das Sipri-Jahrbuch aber auch wieder die Entwicklung
       bei den weltweiten Rüstungsausgaben. Die steigen zwar weiter an. Allerdings
       wurde deren Steigerungsrate mit 1,3 Prozent im Jahre 2010 deutlich
       gegenüber dem letzten Vergleichszeitraum abgebremst; von 2008 auf 2009 lag
       die Rate bei 5,9 Prozent. Als Ursache vermutet das Institut einen
       verzögerten Effekt der globalen Wirtschaftskrise.
       
       ## Nicht die USA, sondern China, Brasilien, Indien und Südafrika
       
       Entgegen dem Trend des letzten Jahrzehnts stehen in relativen Zahlen nicht
       mehr vor allem die USA für diesen Zuwachs - ihr Anteil an den globalen
       Rüstungsausgaben stagniert bei 43 Prozent -, sondern Staaten wie China,
       Brasilien, Indien und Südafrika. In Südamerika schossen die
       Rüstungsausgaben im vergangenen Jahr mit 5,8 Prozent und in Afrika mit 5,2
       Prozent in die Höhe. In Asien flachte die Rate mit plus 1,4 Prozent
       gegenüber den Vorjahren ab, während in Europa die Rüstungsausgaben um 2,8
       Prozent fielen.
       
       Die Zahl aktiver internationaler Friedensoperationen sei auch 2010 weiter
       gesunken und liege mit 52 solchen Operationen nun auf dem niedrigsten Stand
       seit 2002, bilanziert Sipri. Wenn das formal bei Friedensoperationen
       eingesetzte Personal von 2009 auf 2010 um etwa 20 Prozent auf über 262.000
       angestiegen sei, sei das ausschließlich der Isaf-Truppe in Afghanistan
       geschuldet, die um 57 Prozent aufgestockt wurde. Und damit mehr Personal
       beschäftige, als alle übrigen 51 Friedensoperationen zusammen. Isaf in der
       Statistik der Friedensoperationen zu führen, verfälsche eigentlich das
       Bild, meint Sipri-Forscherin Sharon Wiharta: "Dort ist man ja vorwiegend
       mit Aufstandsbekämpfung und nicht mit Friedenssicherung beschäftigt."
       
       ## Neuentwicklung von Nuklearwaffen wichtig für Washington
       
       Im Berichtszeitraum 2010, der vom Sipri-Jahrbuch umfasst wird, lag auch die
       im April letzten Jahres erfolgte Unterzeichnung des neuen Start-Abkommens
       zwischen den USA und Russland. Es sei nicht gerechtfertigt, in diesem
       Abkommen einen echten Schritt zur nuklearen Abrüstung zu sehen, meint dazu
       der US-amerikanische Sipri-Forscher Shannon N. Kile. Denn in ihren
       militärischen Planungen sei die Neuentwicklung von Nuklearwaffen für
       Washington wichtig.
       
       Die Unterzeichnerstaaten des Atomwaffensperrvertrags "wollen also offenbar
       ihre nuklearen Arsenale für eine unbestimmte Zukunft behalten", konstatiert
       Sipri. Neben diesen fünf - den USA, Russland, Großbritannien, Frankreich
       und China - verfügten mit Indien, Pakistan und Israel drei weitere Staaten
       über Atomwaffen.
       
       7 Jun 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.sipri.org/yearbook
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Vorwürfe an Deutsche Bank: Geld für Gaddafis Munition
       
       Die Deutsche Bank soll indirekt Streubomben finanziert haben, die in Libyen
       abgeworfen wurden. In Deutschland ist das nicht verboten, in Belgien schon.
       
 (DIR) Markus Henn zu Regulierung von Spekulation: "Bei den Rohstoffen platzt die Blase"
       
       Spekulationen auf dem Rohstoffmarkt haben zu Preissteigerungen geführt,
       sagt Markus Henn von der Entwicklungsorganisation Weed. Jetzt geht es
       wieder abwärts. Trotzdem will die EU regulieren.
       
 (DIR) Klimawandel sorgt für Knappheit: Ohne Anpassung schwere Nachteile
       
       Weltweit werden weniger Mais und Weizen geerntet, Schuld ist auch der
       Klimawandel. Steigt die Temperatur um 1 Grad, sinkt der Ertrag um 10
       Prozent.
       
 (DIR) Indien will neue Kampfjets: Auf Einkaufstour in Europa
       
       Der größte Waffenimporteur der Welt modernisiert seine Luftwaffe und
       düpiert dabei die USA. Es geht um insgesamt elf Milliarden US-Dollar.
       
 (DIR) Globale Rüstungsausgaben sinken: Weniger Geld für Waffen
       
       Friedensforscher ermitteln den geringsten Anstieg der globalen
       Rüstungsausgaben seit zehn Jahren. In Europa gingen die
       Rüstungsaufwendungen sogar zurück.