# taz.de -- Grönland genehmigt Tiefseebohrungen: So tief wie bei Deepwater Horizon
       
       > Erstmals genehmigte Grönland Offshore-Ölbohrungen in 1.500 Metern Tiefe.
       > Umweltschützer warnen: Wenn da was schiefgeht, würde es schlimmer als bei
       > Deepwater Horizon.
       
 (IMG) Bild: Türkisfarbene arktische See bei Grönland. Weiter draußen soll bald gebohrt werden.
       
       STOCKHOLM taz | Erstmal sollen in diesem Sommer Offshore-Ölbohrungen in
       arktischen Gewässern in einer Tiefe von bis zu 1.500 Metern stattfinden.
       Eine entsprechende Genehmigung erteilte die grönländische
       Selbstverwaltungsregierung jetzt der schottischen Ölgesellschaft Cairn
       Energy. Diese will vor der grönländischen Westküste Bohrungen in vier
       Feldern niederbringen.
       
       1.500 Meter war die Tiefe, in der die "Deepwater Horizon"-Plattform im
       Auftrag des Ölkonzerns BP im Golf von Mexiko gebohrt hatte, als es im
       vergangenen Jahr zu dem katastrophalen Unfall gekommen war.
       
       Ove Karl Berthelsen, grönländischer Minister für Industrie und
       Mineralressourcen, hat trotzdem keine Zweifel, erstmals solche
       Tiefseebohrungen vor Grönland zuzulassen: Man fühle sich sicher, nachdem
       sich Cairn Energy im vergangenen Jahr an alle Sicherheitsvorschriften
       gehalten habe und die damaligen Bohrungen planmäßig verlaufen seien. Im
       Sommer 2010 hatten die ersten Ölbohrungen vor Westgrönland stattgefunden,
       damals allerdings in einer Tiefe von weniger als 500 Meter. Auf Öl war man
       da allerdings nicht gestoßen.
       
       Vor Grönland soll aufgrund der Sicherheitsbestimmungen gearbeitet werden,
       die im norwegischen Teil der Nordsee und der Barentssee gelten. Diese, so
       die grönländische Regierung, seien deutlich sicherer als die Standards, die
       im Golf von Mexiko gegolten hätten. "Sicherheit" bedeutet dabei konkret,
       dass diese Standards laut offiziellen Zahlen der norwegischen
       Ölaufsichtsbehörde es nicht verhindern können, dass es im Nordseesektor
       jährlich im Durchschnitt zwischen 10 und 15 Lecks gibt, bei denen Öl und
       Gas ins Meer austreten.
       
       ## Folgen eines Ölaustritts in arktischen Gewässern
       
       Die Folgen eines Ölaustritts in arktischen Gewässern wären allerdings
       wesentlich schwerwiegender als in der Nordsee oder in anderen wärmeren
       Meeresgebieten. In kaltem Wasser läuft der Verdunstungsprozess langsamer
       ab, entlang den weithin unzugänglichen grönländischen Küsten fehlt es zudem
       an der Infrastruktur für die Bekämpfung einer Ölpest, und weil das
       fragliche Meeresgebiet ein halbes Jahr eisbedeckt ist, wäre ein Ölaustritt
       im Winterhalbjahr überhaupt nicht zu bekämpfen. Das Öl könnte sich
       infolgedessen mit dem Eis über weite Flächen verteilen.
       
       "Lasst Öl und Gas im Boden", fordern Umweltschutzorganisationen und
       Vertretungen der indigenen Arktisvölker deshalb auch in einem Aufruf an das
       am Donnerstag im grönländischen Nuuk stattgefundene diesjährige
       Außenministertreffen des "Arktischen Rats", einem Zusammenschluss der acht
       Arktisanrainerstaaten. Die Offshore-Bohrungen in der Arktis seien "mit
       nicht akzeptablen Risiken verbunden", sagt Aase Refsnes, Arktisexperte des
       norwegischen Naturschutzverbundes. Das fragile Ökosystem, das die
       Lebensgrundlage der indigenen Völker bilde, werde mit jeder weiteren
       Bohraktivität aufs Neue bedroht.
       
       12 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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