# taz.de -- Ölpest in Montana: Wenn der Yellowstone schwarz wird
       
       > Eine geborstene Pipeline ist die Ursache für den verseuchten
       > Yellowstone-River. Auch Tage nach der Katastrophe kann Exxon Mobil nicht
       > sagen, warum die Pipeline brach.
       
 (IMG) Bild: Mit Ölsperren versuchen Helfer eine Ausbreitung der Ölpest zu reduzieren.
       
       WASHINGTON taz | Der Yellowstone-River am Fuß der Rocky Mountains ist eines
       der fischreichsten Gewässer des Planeten. Seine Forellen locken
       TouristInnen aus aller Welt in den Bundesstaat Montana. Doch an diesem
       Sommerbeginn ist das Fischen in dem Fluss verboten.
       
       Sein Wasser, das wegen der von der Rekordhitze beschleunigten
       Schneeschmelze besonders rasant strömt, stinkt nach Öl. Von Schilfrohren am
       Ufer tropft eine schwere, schwarze Tunke. Und auf den Vieh-Weiden längs des
       Flusses schimmern Regenbogenfarben in öligen Pfützen.
       
       Seit in der Nacht zu Freitag eine Ölpipeline von Exxon Mobil unter dem
       Fluss geplatzt ist und mindestens 160.000 Liter Rohöl in den
       Yellowstone-River geflossen sind, ist es mit der Idylle vorbei. Das Öl ist
       schon 120 Kilometer weiter flussabwärts gesichtet worden.
       
       Der größte Teil dürfte inzwischen im Missouri angekommen sein, in den der
       Yellowstone mündet. Das Wasser aus dem Yellowstone kann vorerst nicht mehr
       genutzt werden. Die Viehweiden sind gesperrt. Und mehrere AnwohnerInnen
       müssen wegen Probleme beim Atmen und Schwindelgefühlen medizinisch
       behandelt werden.
       
       Der Ölkonzern Exxon Mobil, der in der nur zwei Meter unterhalb des
       Flussbettes verlegten, zwanzig Jahre alten Pipeline, täglich 40.000 Barrel
       (rund 6,4 Millionen Liter) Roh-Öl in seine Raffinerie in Billings
       transportierte, kann am vierten Tag nach der Katastrophe immer noch nicht
       sagen, wieso das Rohr geplatzt ist.
       
       AnwohnerInnen vermuten, dass die Pipeline dem Druck des Hochwassers, das
       auch große Steine aus den Rockies mitreißt, nicht stand gehalten hat.
       
       ## Nur kurz abgeschaltet
       
       ## 
       
       In den vergangenen Wochen haben BehördenvertreterInnen aus dem benachbarten
       Ort Laurel wiederholt vor den Risiken der Pipeline unter dem Fluss gewarnt.
       Im Mai, als der Wasserpegel schon einmal besonders hoch war, reagierte
       Exxon Mobil schließlich und stellte die "Silvertip-Pipeline" ab. Für einen
       Tag.
       
       "Es gab kein Anzeichen für eine Gefahr", begründet Gary Pruessing
       nachträglich die kurze Aktion: "Wir haben die Pipeline wieder gestartet.
       Mit dem Gefühl, es wäre eine sichere Operation". Der Präsident der in
       Houston ansässigen Exxon-Mobil Pipeline Gesellschaft ist nach der
       Katastrophe aus Texas nach Montana gekommen. Er will bleiben, sagt er, bis
       die Sache repariert ist.
       
       Exxon Mobil geht am Yellowstone mit denselben Methoden vor, die schon im
       vergangenen Jahr im Golf von Mexiko und bei den vielen anderen Ölpesten
       zuvor fast nichts genutzt haben: Er legt Schwimmbarrieren im Wasser aus,
       lässt seine HelferInnen den Boden und die Grashalme mit saugfähigen Tüchern
       abtupfen und überfliegt täglich das verpestete Gelände, um Ölspuren zu
       suchen.
       
       Der Konzern hat in den vergangenen Jahren die größten Profite weltweit
       erwirtschaftet. Aber neue Werkzeuge gegen Ölpesten hat er nicht entwickelt.
       
       ## Defekte Ventile
       
       Als die Techniker in der Zentrale in Houston, in Texas, am Freitag den
       Druckabfall ihrer Pipeline im 2.500 Kilometer Montana spüren, schalten sie
       die Pipeline ab. Bis zu diesem Abschalten vergehen sieben Minuten. Aber der
       Ölfluss in den Yellowstone versiegte erst eine halbe Stunde später.
       
       Das für die Sicherheit von Pipelines zuständige Verkehrs-Ministerium hatte
       Exxon Mobil im vergangenen Jahr eine Liste mit sieben Mängeln an seiner
       Pipeline vorgelegt. Der Konzern hat die Mängel – darunter defekte Ventile –
       angeblich Anfang dieses Jahres behoben.
       
       Erst nach der Katastrophe hat die Behörde Pipeline and Hazardous Materials
       Safety Administration (PHMSA) verlangt, dass Exxon Mobil seine Pipeline
       komplett überarbeitet. "Wenn Unternehmen nicht unseren
       Sicherheitsstandarads entsprechen, ergreifen wir Aktionen", sagt
       Verkehrsminister nun Ray LaHood streng.
       
       ## Geheime Pipelines
       
       Nach der Katastrophe haben die Menschen in Montana erfahren, dass die
       Flüsse ihres Bundesstaates an 88 Stellen von Pipelines unterquert werden.
       Öffentlich sind die Pläne dieser Pipelines nicht. "Aus Sicherheitsgründen",
       sagt Gouverneur Brian Schweitzer. Aber er fügt hinzu, dass neuere Pipelines
       tiefer liegen.
       
       Drei Mal tiefer im Boden, als die Silvertip-Pipeline – und in dickereren
       Rohren, soll auch die "Keystone XL Pipeline" verlaufen. Sie soll Ölsände
       aus Kanada unter anderem durch Montana und fünf andere Bundesstaaten der
       USA bis an die Golfküste nach Texas transportieren.
       
       Das Projekt, das gegenwärtig auf 13 Milliarden US-Dollar veranschlagt ist,
       liegt auf mehreren Schreibtischen in Washington. Die US-Spitze will bis zum
       Spätherbst darüber entscheiden.
       
       Die Proteste gegen die gigantische Pipeline waren bislang auf einen
       überschaubaren Kreis von UmweltschützerInnen beschränkt. Doch die
       Katastrophe vom Yellowstone, die sich in eine lange Reihe von
       Pipeline-Unglücken einreiht, dürfte die öffentliche Meinung aufrütteln.
       Zumindest in Montana.
       
       6 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Öko-Proteste in den USA: Die US-Ökobewegung ist zurück
       
       Mit den Protesten gegen die Keystone-XL-Pipeline betritt ein neuer Akteur
       die politische Bühne der USA. Wenn er seine Wähler halten will, muss Obama
       aktiv werden.
       
 (DIR) Öl-Deal in Arktis: Russland und USA bohren zusammen
       
       Die russische Firma Rosneft und der US-Ölkonzern ExxonMobil haben eine
       milliardenschwere Partnerschaft geschlossen. Ziel ist die Ausbeutung der
       Öl- und Erdgasvorkommen in der Arktis.
       
 (DIR) Grönland genehmigt Tiefseebohrungen: So tief wie bei Deepwater Horizon
       
       Erstmals genehmigte Grönland Offshore-Ölbohrungen in 1.500 Metern Tiefe.
       Umweltschützer warnen: Wenn da was schiefgeht, würde es schlimmer als bei
       Deepwater Horizon.
       
 (DIR) Deepwater Horizon: Tiefer und tiefer
       
       Vor einem Jahr explodierte die Ölplattform im Golf von Mexiko. Die
       Umweltschäden bestimmen bis heute den Alltag. Und die Ölkonzerne bohren
       wieder.
       
 (DIR) US-Regierung lässt die Tiefsee anzapfen: Es darf wieder gebohrt werden
       
       Es geht rund 2.000 Meter tief: Die USA erlauben erneut riskante Ölsuche im
       Golf von Mexiko. Die Langzeitfolgen der Ölpest sind völlig unklar.
       
 (DIR) Kommentar Tiefseebohrungen: Bis zur nächsten Explosion
       
       Muss erst in der Nordsee ein Unglück wie im Golf von Mexiko passieren,
       damit der Wettkampf ums Öl in der Tiefsee gestoppt wird? Die Antwort: Es
       würde nichts ändern.
       
 (DIR) Aus Le Monde diplomatique: BP, das Loch und die Machenschaften
       
       Die Schlupflöcher im internationalen Seerecht und die laxen
       Sicherheitsbestimmungen sind ebenso schuld an der Ölkatastrophe wie der
       fahrlässige Ehrgeiz der BP-Manager