# taz.de -- Anti-Terror-Gesetze: Friedrich will "befristete Verlängerung"
       
       > Dieses Jahr jährt sich der Terroranschlag auf das World-Trade-Center zum
       > zehnten Mal. Nun streiten Union und FDP über die so genannten
       > "Otto-Kataloge". Sollen sie verlängert werden?
       
 (IMG) Bild: Knapp zehn Jahre nach dem 11. September 2001 baut man in New York wieder hoch in den Himmel.
       
       BERLIN dpa | Bei den Streitthemen in der Inneren Sicherheit kamen Union und
       FDP zuletzt kaum voran. Die Liberalen waren zu sehr mit sich selbst
       beschäftigt. Nach dem Rostocker FDP-Parteitag dürfte es aber wieder richtig
       zur Sache gehen. Die Union drückt nun bei den Anti-Terror-Gesetzen aufs
       Tempo.
       
       Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich sagte nun, er halte eine
       befristete Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze für möglich. "Die FDP hat
       sich da klar positioniert, und ich denke, das ist ein Punkt, wo man ihr
       entgegenkommen kann", sagte der CSU-Politiker am Montag im Deutschlandfunk.
       Es komme jedoch darauf an, inwieweit FDP und Bundesjustizministerin Sabine
       Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) auch inhaltlich mitgingen.
       
       Einige Gesetze laufen Anfang 2012 aus, wenn die Koalition nicht handelt.
       Damit der Bundesrat allerspätestens Ende Dezember über sie abstimmen kann,
       will die Union das Thema am liebsten noch im Mai, auf jeden Fall aber vor
       der Sommerpause ins Kabinett bringen. Die Liberalen winden sich - noch.
       
       Auf dem Verhandlungstisch liegen die "Otto-Kataloge" – benannt nach
       Ex-Innenminister Otto Schily (SPD). Die rot-grüne Regierung hatte sie nach
       den Terroranschlägen von 2001 beschlossen. In der Eile wurden sie
       sicherheitshalber befristet. Es geht um Auskünfte, die
       Bundesverfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Militärischer
       Abschirmdienst von Fluglinien, Banken, Kreditinstituten, Postdienstleistern
       und Telekommunikationsfirmen verlangen können.
       
       ## "Schwerwiegende Konsequenzen"
       
       Die Verfechter fürchten "schwerwiegende Konsequenzen", wenn die Befugnisse
       im nächsten Jahr wegfallen sollten. "Ohne Auskünfte von
       Luftfahrtunternehmen werden wir die Reisebewegungen nur schwer erkennen
       können", gibt ein ranghoher Sicherheitsexperte ein Beispiel zur Bedeutung
       der Normen. Generell geht es den Geheimdiensten darum, mit Hilfe der
       Auskünfte Netzwerke möglicher Terroristen zu erkennen.
       
       Auch bei drei Terrorverdächtigen, die am 29. April in Nordrhein-Westfalen
       festgenommen wurden, hätten die Anti-Terror-Befugnisse eine Rolle gespielt,
       argumentieren die Befürworter. Sie weisen den Vorwurf zurück, dass sie mit
       der Verlängerung eine Verschärfung planten. "Die einzige Verschärfung, die
       gefordert wird, ist, dass man auf eine weitere Evaluierung verzichtet",
       heißt es. Die Gesetze sollen nach Auffassung der Unionsseite möglichst
       unbefristet weiterlaufen.
       
       ## FDP: Auf manche Gesetze kann man ganz verzichten
       
       Die FDP sieht das ganz anders. Die Gesetze müssten in jedem Einzelfall
       kritisch überprüft werden, sagt Bundesjustizministerin Sabine
       Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). "Die Nachrichtendienste sind in
       Deutschland derart umfassend ausgestattet worden, dass die
       Wahrscheinlichkeit gestiegen ist, immer mehr unbescholtene Bürger ins
       Visier der Dienste geraten zu lassen." Die Liberalen argumentieren, dass
       einige Befugnisse gar nicht oder ganz selten gebraucht wurden – auf sie
       könne man ganz verzichten.
       
       Was eine "Verschärfung" wäre und was nicht, ist auch Interpretationssache.
       Manche Stellen beantworten die Anfragen der Nachrichtendienste nicht. Ihnen
       soll künftig ein Bußgeld drohen. Zudem will die Union erreichen, dass die
       Nachrichtendienste Auskünfte zu Flügen und zu Bankdaten bei zentralen
       Stellen abfragen dürfen. Dann müssten nicht mehr alle infrage kommenden
       Airlines oder Banken angemorst werden. Die Union argumentiert, dass damit
       auch der Kreis, der erfährt, dass jemand im Visier der Nachrichtendienste
       ist, kleiner wird. Auch ist eine stärkere Kontrolle der Maßnahmen durch die
       unabhängige G 10-Kommission des Bundestags geplant.
       
       ## Keine gerichtliche Überprüfung der Auskunftsbitten
       
       Denn der eingeschaltete externe Gutachter Heinrich Wolff von der Viadrina
       Universität in Frankfurt/Oder kritisiert insbesondere, dass das
       Kontrollorgan bislang in weiten Teilen außen vor bleibt und die Anordnungen
       "daher von keiner Stelle außerhalb der Nachrichtendienste und dem
       zuständigen Ministerium gesehen und kontrolliert werden können". Und:
       Obwohl die Auskunftsrechte seit dem Jahr 2002 bestehen und sie allein im
       Jahr 2009 Grundlage für mehr als hundert Anfragen gewesen seien, sei kein
       Fall bekannt, in dem es zu einer gerichtlichen Überprüfung der
       Auskunftsbitten gekommen wäre.
       
       Union wie FDP nutzen das Thema, um ihr Profil zu schärfen. Die Union
       bedient ihr Klientel, das sich um die Sicherheit sorgt. Die Liberalen
       versuchen, sich weiter als Schützer der Grund- und Bürgerrechte zu
       profilieren. Insofern könnte beiden daran liegen, erst die Fetzen fliegen
       zu lassen, um sich dann doch zu einigen.
       
       16 May 2011
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Streit um Anti-Terror-Gesetze: Verlängern oder reduzieren
       
       Die erste Amtshandlung der frisch renovierten FDP: ihr Profil als
       Bürgerrechtspartei stärken. Dazu legt sie sich erst mal mit ihrem
       Koalitionspartner an.
       
 (DIR) Streit um Anti-Terror-Gesetze: Friedrich und FDP koalieren wieder
       
       Vor einigen Tagen verärgert Innenminister Friedrich die FDP mit seinem
       Vorstoß, die Anti-Terror-Gesetze zu verlängern. Jetzt soll schnell eine
       Einigung her.
       
 (DIR) Koalitionsstreit über Gesetzesverlängerung: Lass uns über Terror reden
       
       Nachdem Innenminister Hans-Peter Friedrich eine Verlängerung der
       Anti-Terror-Gesetze forderte, war vor allem die FDP besorgt. Jetzt soll
       noch vor der Sommerpause reiner Tisch gemacht werden.
       
 (DIR) Oberster Datenschützer rügt Regierung: Datenschutz nicht verbessert
       
       Die Regierung wollte den Datenschutz verbessern. Bisher habe sie nur wenig
       getan, so Peter Schaar. Den Bürgern wird das Thema immer wichtiger.