# taz.de -- Karoline Linnert über die Bremen-Wahl: "Wir sind keine große Koalition"
       
       > Die grüne Bürgermeisterin Karoline Linnert will "mehr Verantwortung"
       > übernehmen und "unbequeme Dinge anpacken" – allerdings nicht à la Harry
       > Potter.
       
 (IMG) Bild: Hat keine bundespolitischen Ambitionen, sagt sie: Bürgermeisterin Karoline Linnert.
       
       taz: Frau Linnert, Sie sind nach Ihrem starken Bremer Ergebnis schon
       unterwegs nach Berlin? 
       
       Karoline Linnert: Ja. Aber ich habe keine bundespolitischen Ambitionen. Ich
       bin als Landespolitikerin auf dem Weg dorthin. Ich vertrete die Interessen
       Bremens im Bundesrat, in der Finanzministerkonferenz und auch in grünen
       Gremien. Unser Gewicht in Deutschland hängt stark davon ab, dass sich
       Bremer Senatorinnen und Senatoren überall einbringen - auch außerhalb des
       Landes.
       
       Dort fragt man sich, wer drittes grünes Senatsmitglied wird. 
       
       Keine Ahnung. Diese Frage stellt sich erst am Ende von
       Koalitionsverhandlungen.
       
       Aber sie stellt sich - also fordern Sie einen dritten Senator? 
       
       Traditionell spiegelt sich das Kraftverhältnis der Bürgerschaft auf der
       Regierungsebene wider. Ob das durch einen weiteren grünen Senator geschieht
       oder anders, da lege ich mich auf gar nichts fest.
       
       Also wird es ein Kompromiss und Sie vergrößern den Senat auf acht
       Mitglieder? 
       
       Ich unterhalte mich mit den Sozialdemokraten direkt über diese Themen,
       nicht durch die Zeitung. Grundsätzlich wäre das eine Möglichkeit.
       
       Auch angesichts der Not, in der sich der Bremer Haushalt befindet? 
       
       Dass die Anzahl der Ressorts der entscheidende Posten in Bremens Haushalt
       ist, würde ich bestreiten. Aber noch einmal: Ich lege mich da nicht fest.
       Weder auf die Anzahl der Ressorts noch auf die Personen.
       
       Also reden wir über Inhalte: Welches Ressort wollen die Grünen denn? 
       
       Wir haben einen intensiven Wahlkampf gemacht, und wir haben gezeigt, dass
       wir Politik für die ganze Gesellschaft machen. Insofern käme jedes Ressort
       infrage. Es kommt aber darauf an, eine funktionierende Regierungsmannschaft
       zu bilden, die von beiden Seiten getragen wird. Das ist das Interessante
       der Koalitionsverhandlungen.
       
       Am Wahlabend haben Sie angekündigt, "mehr Verantwortung" gefordert. Was
       heißt das jenseits der Personalfragen? 
       
       Das funktioniert doch nicht à la "Harry Potter" - noch fünf Punkte mehr für
       Gryffindor! Mehr Verantwortung hat viel damit zu tun, dass es eine stärkere
       Fraktion gibt. Wir haben bisher alles ausgepegelt in unserer Regierung: Was
       sind die Punkte, die uns selbst am wichtigsten sind, welche Themen liegen
       dem Partner besonders am Herzen. Ich gehe davon aus, dass sich das in den
       Entscheidungsprozessen stärker in unserer Richtung bewegt. Das wäre das
       Normale.
       
       Und was haben Sie mit der gewachsenen Verantwortung vor? 
       
       Gut regieren, auch unbequeme Dinge anpacken - also das machen, was in
       unseren Wahlprogrammen steht.
       
       Wobei das Risiko einer großen Koalition … 
       
       … wir sind keine große Koalition. Wir sind Rot-Grün.
       
       Wenn Rot und Grün als stärkste politische Kräfte zusammen eine
       Zweidrittelmehrheit im Parlament haben, ist das eine große Koalition. 
       
       Mit einer großen Koalition haben wir in Bremen keine guten Erfahrungen
       gemacht. Wir bleiben Rot-Grün.
       
       Auf jeden Fall werden Sie mit großer Mehrheit regieren. Droht da nicht
       Behäbigkeit? 
       
       Wir hatten auch bisher eine deutliche Mehrheit, und wir haben deren
       Vorschläge trotzdem nicht allesamt abgebügelt. Vor allem sind wir sehr
       empfindsam für das, was in der Stadt vorgeht. Das ist auch einer der Gründe
       für das gute Wahlergebnis: Wenn es irgendwo Probleme gab, wenn Menschen
       gegen unsere Vorhaben protestiert haben, dann haben wir uns darum
       gekümmert. Wir sind hingegangen, haben mit den Menschen gesprochen, haben
       ihnen zugehört.
       
       Sie brauchen deshalb keine Opposition mehr? 
       
       Das würde ich nie behaupten. Aber die parlamentarische Opposition ist eben
       auch nur ein Baustein einer lebendigen Demokratie. Und es sagt etwas aus,
       dass sie nur noch aus zwei statt wie bisher aus drei Fraktionen besteht.
       
       24 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benno Schirrmeister
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Grüner Senator in Bremen gibt sein Amt auf: Loske tritt kurz nach der Wahl zurück
       
       Nur drei Tage nach dem Wahlerfolg in Bremen tritt der grüne Verkehrs- und
       Umweltsenator Reinhard Loske zurück. Den Schritt erklärt er mit
       persönlichen Gründen.
       
 (DIR) BREMEN-WAHL: Das kleinere Übel
       
       Bürger in Wut: Jan Timke darf erneut in der Bürgerschaft Wissensfragen
       stellen - und hält die NPD draußen.
       
 (DIR) Kommentar NPD-Schlappe bei der Bremen-Wahl: Offensive gescheitert
       
       Immer wieder versuchte die NPD im Wahlkampf zu provozieren - erfolglos
       
 (DIR) Rechtsextreme: NPD bleibt hinter ihren Erwartungen zurück
       
       Der Plan, dank der geschluckten DVU ins Bremer Parlament einzuziehen,
       scheiterte.
       
 (DIR) Nach der Wahl in Bremen: Städter wählen Grün, nicht Schwarz
       
       Die CDU verliert in Bremen zugunsten der Grünen und ihr droht die Auflösung
       ihrer Stammwählerschaft. Nun steht sie vor der Frage: Braucht sie mehr oder
       weniger Liberalisierung?
       
 (DIR) Nach der Bremen-Wahl: Grüne sehen sich im Roten Rathaus
       
       Nach dem Grünen-Erfolg in Bremen sieht sich Renate Künast schon im Roten
       Rathaus - und Klaus Wowereit warnt vor ihr. Auch die Linke hat ein
       Grünen-Problem.