# taz.de -- EU-Gipfel und Griechenland-Rettung: Dramatische Diskussionen in Brüssel
       
       > Beim EU-Gipfel in Brüssel geht es um Griechenland – obwohl das gar nicht
       > auf der Tagesordnung steht. Anders als in Irland und Portugal will die
       > Opposition beim Sparpaket nicht mitziehen.
       
 (IMG) Bild: Der griechische Oppositionsführer Antonis Samaras ist gegen das Sparpaket.
       
       BRÜSSEL/ATHEN rtr | Die EU hat die konservative Opposition in Griechenland
       zum Einschwenken auf den harten Sparkurs für das hoch verschuldete Land
       gedrängt. Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten riefen bei
       ihrem Gipfel am Donnerstag in Brüssel alle Parteien Griechenlands dazu auf,
       das Sparpaket der Regierung zu unterstützen. Nationale Einigkeit sei
       Voraussetzung für den Erfolg der notwendigen umfangreichen Reformen in dem
       Land, hieß es in der Erklärung des Gipfels dazu.
       
       Zuvor hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und andere führende EU-Politiker
       bei einem Parteientreffen der Konservativen den griechischen
       Oppositionsführer Antonis Samaras massiv unter Druck gesetzt, seinen
       Widerstand gegen das Sparprogramm aufzugeben.
       
       Das griechische Parlament trifft in wenigen Tagen eine Entscheidung, die
       das weitere Schicksal des Landes bestimmen wird. Am Dienstag soll ein 28
       Milliarden Euro schweres Sparpaket gebilligt werden, das Bedingung für die
       Auszahlung der nächsten Kredittranche über zwölf Milliarden Euro aus dem
       Rettungspaket von EU und Internationalem Währungsfonds im Juli ist.
       
       Es ist außerdem die Voraussetzung dafür, dass für Griechenland ein zweites
       Hilfspaket über bis zu 120 Milliarden Euro geschnürt wird. Ohne die Kredite
       wäre das Land pleite und die gesamte Währungsunion in Gefahr. EU und IWF
       verlangen angesichts des über Jahre laufenden Kreditprogramms einen
       nationalen Konsens, damit der Sparkurs nach einem Regierungswechsel nicht
       geändert wird.
       
       ## "Europa ist am Scheideweg"
       
       Die Diskussion mit Samaras beschrieben Teilnehmer als dramatisch. "Europa
       ist am Scheideweg", sagte einer. Neben Merkel redeten auch EU-Ratspräsident
       Herman Van Rompuy, EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso,
       Parlamentspräsident Jerzy Buzek und andere konservative Regierungschefs auf
       Samaras ein. Die Bundeskanzlerin sagte, es habe einen Appell an die
       Opposition gegeben, ihrer historischen Verantwortung gerecht zu werden.
       Doch Samaras hatte vor der Sitzung auf Änderungen am Sparprogramm der
       sozialistischen Regierung unter Ministerpräsident Giorgos Papandreou
       bestanden. Und auch nach dem Treffen habe er kein Einlenken zu erkennen
       gegeben, hieß es.
       
       Die EU-Chefs erklärten, die Gesetze zu Einsparungen und Privatisierungen in
       Griechenland müssten in den kommenden Tagen dringend verabschiedet werden.
       Dies sei die Basis für ein neues Hilfspaket, dessen Höhe beim Treffen der
       Eurogruppe am 3. Juli festgelegt werden soll. Der Gipfel bekräftigte den
       Beschluss der Euro-Finanzminister, dass nicht nur die öffentliche Hand,
       sondern auch der private Sektor das Programm über Kredite finanzieren soll.
       
       Die Beteiligung von Banken oder Versicherungen soll aber freiwillig sein.
       Van Rompuy erklärte, der staatlich finanzierte Teil werde ausschließlich
       vom Rettungsfonds der Euro-Länder EFSF übernommen. Der EU-Hilfsfonds EFSM
       soll nicht genutzt werden, das hatte Großbritannien durchgesetzt.
       
       Der Gipfel gab zudem grünes Licht für die Verstärkung des Kreditvolumens im
       EFSF auf insgesamt 440 Milliarden Euro und stimmte dem Vertrag zur Gründung
       des permanenten Krisenfonds ESM zu, der den EFSF Mitte 2013 ablösen soll.
       
       ## Verschuldung um 28 Milliarden Euro senken
       
       Die Regierung in Athen einigte sich unterdessen mit der Troika von EU, IWF
       und Europäischer Zentralbank über zusätzliche Maßnahmen zur Sanierung des
       Staatshaushaltes. Der griechische Regierungssprecher erklärte,
       Finanzminister Evangelos Venizelos habe die Verhandlungen abgeschlossen.
       Das Sparprogramm soll über fünf Jahre die Verschuldung um 28 Milliarden
       Euro senken.
       
       Einige der Maßnahmen treffen erneut vor allem die ärmeren
       Bevölkerungsschichten wie die Besteuerung der Jahreseinkommen ab 8000 Euro,
       ein Solidaritätsbeitrag und höhere Steuern auf Heizöl. Papandreou hatte bei
       der Vertrauensabstimmung in dieser Woche eine Mehrheit mit den Stimmen
       seiner Pasok-Partei, doch die größte Oppositionspartei sperrt sich gegen
       das Sparpaket.
       
       In Irland und Portugal dagegen, den beiden anderen von den Euro-Partnern
       geretteten Schuldenstaaten, ziehen Regierung und Opposition an einem Strang
       – allerdings erst nach einem Regierungswechsel. Ein nationaler Konsens sei
       in Irland und Portugal gelungen, das müsse auch in Griechenland gelingen,
       sagte Merkel. "Mit einer starken Verpflichtung der Europäischen Union wird
       es auch eine starke Verpflichtung des griechischen Parlaments geben, dass
       wir gemeinsam vorangehen", versprache Papandreou in Brüssel.
       
       Griechenland kann im Kampf gegen die drohende Staatspleite unterdessen auf
       ein Entgegenkommen privater Gläubiger hoffen. Diese sollen sich an dem
       geplanten zweiten Kreditpaket für das Land beteiligen, indem sie
       griechische Staatsanleihen kaufen. Banken aus Belgien, Italien, Frankreich
       und Griechenland selbst sagten nach Informationen aus Finanzkreisen
       Unterstützung zu. Nach dem vor einem Jahr für Griechenland ausgehandelten
       Rettungspaket über 110 Milliarden Euro an Hilfen muss jetzt ein Finanzloch
       von etwa 120 Milliarden Euro bis 2014 gestopft werden. Vor schädlichen
       Folgen der Schuldenkrise für die Industrie warnte der Chef des Autokonzerns
       Daimler, Dieter Zetsche. Die Unternehmen könnten schwieriger an Kredite
       kommen, wenn der Finanzmarkt leide, sagte er Reuters in Brüssel.
       
       24 Jun 2011
       
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