# taz.de -- Steuerdebatte in der Koalition: Schäuble tritt auf die Bremse
       
       > Der Finanzminister will von Steuerentlastungen in Milliarden-Höhe erstmal
       > nichts wissen. Das schmeckt der FDP gar nicht. Sie spricht von einem
       > "klaren Arbeitsauftrag".
       
 (IMG) Bild: Mister No: Der Innenminister irritiert den Koalitionspartner mit seinem Nein zu Steuerentlastungen in Milliardenhöhe.
       
       BERLIN dpa | Neue Turbulenzen in der Koalition beim Thema Steuerentlastung:
       Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht keine großen Spielräume und
       will die FDP-Spitze ausbremsen. Er erteilte Entlastungen in größerem
       Milliarden-Umfang eine Absage - und verärgerte damit erneut den
       Koalitionspartner. FDP-Generalsekretär Christian Lindner wies Schäuble in
       einer scharfen Reaktion auf den "klaren Arbeitsauftrag" der
       Koalitionsspitzen hin.
       
       FDP-Chef und Wirtschaftsminister Philipp Rösler mahnte im Hamburger
       Abendblatt angesichts von Wachstum und Steuereinnahmen: "Wir dürfen den
       richtigen Zeitpunkt für Entlastungen nicht verpassen." Auch der
       CSU-Vorsitzende Horst Seehofer forderte, nicht länger auf der Bremse zu
       stehen. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) versuchte die Wogen zu
       glätten und sicherte [1][Entlastungen für die Bürger noch in dieser
       Legislaturperiode] zu. Dabei geht es vor allem um eine Korrektur der
       sogenannten kalten Progression, zu der auch Schäuble Gesprächsbereitschaft
       signalisierte.
       
       Schäuble warnte in der Bild am Sonntag mit Blick auf ein von
       Koalitionspolitikern ins Gespräch gebrachtes Steuersenkungsvolumen von 10
       Milliarden Euro: "Ich rate uns allen, keine Debatten zu führen, die große
       Erwartungen wecken und hinterher zu großen Enttäuschungen führen." Er sei
       "etwas unglücklich" über die Debatte, die den Eindruck erwecke, es gebe
       große Spielräume für Steuersenkungen. "Die haben wir nicht, auch weil wir
       in der Koalition verabredet haben, dass die Haushaltskonsolidierung Vorrang
       hat."
       
       ## Es gibt noch keine genauen Zahlen über eine Größenordnung
       
       Laut Spiegel plant die Regierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine
       Entlastung um maximal 7 Milliarden Euro, die sich an früheren
       CSU-Steuervorschlägen orientieren soll. Regierungssprecher Steffen Seibert
       dementierte indes umgehend: "Es gibt noch keine Festlegung auf Art oder
       Umfang der für diese Legislaturperiode ins Auge gefassten
       Steuererleichterung für kleine und mittlere Einkommen."
       
       FDP-Generalsekretär Lindner deutete laut Tagesspiegel eine Größenordnung
       von etwa 9 Milliarden Euro an. Doch auch er unterstrich später in einer
       Mitteilung: "Wir haben noch kein konkretes Volumen festgelegt." Der Zeitung
       sagte er, im Vergleich zum Vorjahr habe der Staat 18 Milliarden Euro mehr
       in der Kasse. Fast die Hälfte der zusätzlichen Einnahmen gingen auf "kalte
       Progression" zurück. "Über eine Entlastung in etwa dieser Größenordnung
       beraten wir", sagte Lindner - ohne ganz konkret 9 Milliarden zu nennen.
       
       Bei der "kalten Progression" werden Lohnzuwächse durch höhere
       Einkommensteuersätze großteils aufgezehrt.
       
       Lindner hielt Schäuble in einer Erklärung vor, seine Äußerungen stünden in
       einem "gewissen Widerspruch zu den stark steigenden Steuereinnahmen". Die
       Vorsitzenden von FDP, CDU und CSU hätten entschieden, dass die unteren und
       mittleren Einkommen einen gerechten Anteil am Aufschwung verdient hätten
       und deshalb entlastet werden sollten. "Wir haben keinen Zweifel, dass
       Wolfgang Schäuble diesen klaren Arbeitsauftrag umsetzen wird."
       
       ## Lindner will dem Soli an den Kragen
       
       Infrage kommen laut Lindner der Verlauf des Steuertarifs und der
       Grundfreibetrag. Auch über den Solidaritätszuschlag könne man 20 Jahre nach
       der deutschen Einheit diskutieren. Schäuble wandte sich aber gegen eine
       vorzeitige Abschaffung des "Soli", der bis zum Ende dieses Jahrzehnts
       läuft. Über die "kalte Progression" sagte der Finanzminister: "Das ist eine
       zusätzliche Steuerbelastung, über deren Rechtfertigung man diskutieren
       kann." Kauder sicherte auch eine Entlastung bei den
       Sozialversicherungsbeiträgen zu.
       
       CSU-Chef Horst Seehofer macht indes Druck und forderte die Bundesregierung
       auf, Klarheit über die geplanten Steuerentlastungen zu schaffen. Er äußerte
       sich leicht verärgert über die Debatte. "Ich finde, wenn man eine solche
       Debatte führt, muss man der Bevölkerung auch sagen, ab welchem Zeitpunkt
       und mit welchem Volumen und bei welcher Steuer", sagte der bayerische
       Ministerpräsident am Sonntag in der ZDF-Sendung Berlin direkt. "Ich
       empfehle uns, so vorzugehen, dass wir erst miteinander reden, konkrete
       Vereinbarungen treffen und dann in der Öffentlichkeit diskutieren."
       
       Im Focus versicherte Seehofer: "Es wird weitere Steuersenkungen noch in
       dieser Legislaturperiode geben, aber in Einklang mit der Wirtschaftslage
       und ohne die Haushaltskonsolidierung zu gefährden." Im Spiegel warnte er
       seine CDU-Länderkollegen davor, im Bundesrat eine maßvolle Entlastung zu
       blockieren.
       
       Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sieht in Steuersenkungen einen Angriff
       auf die Schuldenbremse. "Die Regierung plant einen glatten
       Verfassungsbruch", sagte er der Welt am Sonntag. Seine Partei werde
       entsprechende Pläne im Bundesrat blockieren. Skepsis kam auch aus der
       Union. CDU-Haushaltsexperte Georg Schirmbeck sagte der "Neuen Osnabrücker
       Zeitung": "Sollte die Regierung solche Steuerpläne in den Bundestag
       einbringen, wird sie keine Mehrheit für diesen Unsinn finden." Hessens
       Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte dem Spiegel, Steuersenkungen
       müsse in erster Linie der Bund schultern.
       
       27 Jun 2011
       
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