# taz.de -- Gaza-Hilfsflotille: Israel warnt vor explosiver Fracht
       
       > Zehn Schiffe sollen noch in dieser Woche in See stechen. Israels will das
       > verhindern. Marine-Einheiten trainieren, doch ein Desaster vor einem Jahr
       > will man auf alles gefasst sein.
       
 (IMG) Bild: Gaza-Aktivistin bei einer Pressekonferenz am Montag in Athen.
       
       JERUSALEM taz | Säcke voller chemischer Substanzen, so warnt der
       militärische Abwehrdienst, sollen Schiffe der Gaza-Flotille an Bord haben,
       die voraussichtlich noch diese Woche in See sticht. Die israelische Armee
       fürchtet, dass die Substanzen, darunter Schwefel, gezündet werden könnten,
       wenn die israelische Marine die Schiffe stoppt. "Nicht wir, sondern die
       Israelis setzen Chemikalien ein", hielt Greta Berlin, eine der
       Organisatorinnen, am Dienstag telefonisch aus Athen dagegen. "Unsere Fracht
       ist überprüft worden", betonte sie.
       
       Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bleibt hartnäckig. Die Marine hat
       Anweisung, die Flotille unter keinen Umständen durch zu lassen. Es seien
       Aktivisten auf den Schiffen, "die das Blut israelischer Soldaten vergießen
       wollen", zitierte die Tageszeitung Haaretz die düsteren Prognosen
       "militärischer Quellen".
       
       Seit Wochen trainiert die Marine-Sondereinheit "Shavetet", die von der
       Luftwaffe, Polizei und Gefängnispersonal unterstützt wird. Nach dem
       Marinedesaster im Mai 2010, bei dem neun pro-palästinensische Aktivisten
       getötet wurden, will man diesmal auf alles gefasst sein.
       
       Zehn Schiffe mit 400 pro-palästinensischen Aktivisten sind vor der
       griechischen Küste versammelt. "Möglich ist, dass bis zum Wochenende noch
       150 weitere Aktivisten dazukommen." Greta Berlin hofft, dass bis dahin die
       letzten Formalien geklärt werden können, "die uns Israel eingebrockt hat".
       Ein anonymes Schreiben an die griechischen Behörden hatte die
       Seetüchtigkeit des US-amerikanischen Schiffes "The Audacity of Hope" in
       Frage gestellt, auf der auch Greta Berlin reisen will.
       
       Zudem habe es den Versuch einer Sabotage gegeben. Offenbar war die
       Antriebswelle an dem schwedisch-norwegisch-griechischen Schiff "Juliano"
       durchtrennt worden.
       
       ## Über 3000 Solidaritätsbriefe
       
       Ursprünglich hätten die Schiffe schon am letzten Wochenende in See stechen
       sollen. Zement, PVC und medizinische Ausrüstungen gehören zu ihrer Fracht.
       Aus den USA, so berichtet Berlin, kommen "über 3000 Solidaritätsbriefe auch
       von Schulkindern und Großmüttern, die den Menschen in Gaza sagen: Wir
       vergessen Euch nicht." Es ginge weniger um humanitäre Hilfslieferungen, als
       darum, "die illegale Besatzung zu beenden".
       
       Als Konsequenz des Marinedesasters vor einem Jahr hatte Israel das Embargo
       bis auf eine Liste von möglicherweise gefährlichen Stoffen und Baumaterial
       aufgehoben. Der Personenverkehr ist unregelmäßig wieder über die Grenze
       nach Ägypten möglich. Schwierig für die Wirtschaft bleibt das Exportverbot
       für Güter, die im Gazastreifen produziert werden.
       
       In Israel läuft die Diplomatie auf Hochtouren. Eine Wiederholung des damals
       weltweit verurteilten Marine-Desasters wäre für den international zunehmend
       isolierten Staat katastrophal. Der Tod der Aktivisten auf dem Flaggschiff
       Mavi Marmara war von mehreren Untersuchungskommissionen in Israel und von
       der UN untersucht worden. Obschon die israelischen Kommissionen zu dem
       Schluss kommen, dass die Operation rechtens gewesen sei, bemängeln beide
       das Vorgehen mit unverhältnismäßig großer Gewalt sowie Fehler beim
       Nachrichtendienst.
       
       Die Aufgeregtheit in Jerusalem erwischte am Sonntag das Staatliche
       Pressebüro, das voreilig Warnungen an alle Korrespondenten schickte. Wer
       sich auf eins der Schiffe begebe, müsse mit zehn Jahren Einreiseverbot
       rechnen, hieß es. Netanjahu korrigierte das Missgeschick nach Protesten der
       Medienvertreter und zog die Drohung zurück.
       
       28 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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