# taz.de -- Hilfskonvoi-Ausschuss in Israel: Premier weist Schuld von sich
       
       > Israels Premier Netanjahu verteidigt vor dem Ausschuss das Vorgehen der
       > Armee beim Entern des Gaza-Hilfskonvois. Den Nachfragen der Kommission
       > weicht er aus.
       
 (IMG) Bild: Gab vor dem Ausschuss eher den Softie: Israels Premier Benjamin Netanjahu.
       
       JERUSALEM taz | Israels Premierminister Benjamin Netanjahu schiebt die
       Verantwortung für das Desaster bei der Erstürmung der Hilfs-Flotilla in
       internationalen Gewässern Ende Mai vor der Küste des Gazastreifens von
       sich. Die grundsätzliche Entscheidung werde zwar auf politischer Ebene
       gefällt, sagte er vor der israelischen Untersuchungskommission, aber "für
       die Umsetzung ist die Armee zuständig".
       
       Seit Montag beschäftigt sich ein fünfköpfiges Untersuchungsteam zuzüglich
       zweier internationaler Beobachter mit der Frage, ob das Vorgehen der
       israelischen Marine-Soldaten gegen einen Hilfskonvoi dem internationalen
       Recht entsprach. Dabei waren am 31. Mai neun propalästinensische Aktivisten
       ums Leben gekommen, als israelische Marine-Soldaten das türkische
       Flaggschiff "Mavi Marmarah" stürmten. Gleich zu Beginn seiner etwa
       einstündigen Ausführungen vor der Kommission zeigte sich der
       Premierminister zuversichtlich, dass "die Armee dem internationalen Recht
       entsprechend" gehandelt habe.
       
       Weniger selbstbewusst als üblich hatte Netanjahu zuvor die Journalisten nur
       mit einem schwachen Lächeln begrüßt, als er auf dem für ihn vorgesehenen
       einfachen Holzstuhl Platz nahm, um auf die Untersuchungskommission zu
       warten. Der 93-jährige Professor für internationales Recht, Schabtai Rosen,
       musste sich zu seinem Stuhl führen lassen, um nicht ins Schwanken zu
       geraten. Schon im Vorfeld der Untersuchung mokierte sich die Presse über
       das gehobene Alter der Kommissionsmitglieder, die unter dem Vorsitz von
       Jakob Tirkel, ehemals Richter am Obersten Gerichtshof, tagen.
       
       Die Journalisten im Rücken wich Netanjahu wieder und wieder den Fragen aus.
       "Dazu würde ich gern nach der Pause Stellung nehmen", sagte er auf die
       Frage, ob die Regierung erwogen habe, die Flotilla ungehindert nach Gaza zu
       lassen, und ob es Anzeichen gab, dass es gewalttätigen Widerstand geben
       könnte. Nach der Pause fand die Befragung unter Ausschluss der
       Öffentlichkeit statt.
       
       Die Regierung, so führte Netanjahu aus, habe schon lange vor der Ankunft
       der Flotilla versucht, die Konfrontation auf diplomatischem Weg "sowohl bei
       der UN als auch bei der türkischen Regierung" zu verhindern. Unter anderem
       habe man angeboten, die geladene Fracht auf dem Landweg entweder über den
       ägyptischen Hafen El Arish oder über den israelischen Hafen Ashdod nach
       Gaza zu bringen. Den damals vorliegenden Informationen zufolge sei deutlich
       gewesen, dass es bei den Organisatoren der Flotilla "um eine radikale,
       illegale Gruppe handelt, die eine Konfrontation anstrebt, um das Ende der
       Blockade herbeizuführen".
       
       Das innere Kabinett von sieben Ministern habe wenige Tage vor dem
       "Zwischenfall" grundsätzlich entschieden, die Seeblockade des Gazastreifens
       zu verteidigen und das "Prinzip der Verhinderung des Waffenschmuggelns" zu
       bewahren. Das Hauptthema des "Siebenerkabinetts" sei nicht die Aktion
       selbst gewesen, sondern "die Reduzierung des Schadens, den Israels Image"
       in der internationalen Öffentlichkeit nehmen würde.
       
       Netanjahu, der sich zum Zeitpunkt der blutigen Konfrontation auf einer
       USA-Reise befand, hatte die Regierungsgeschäfte zuvor an den
       Verteidigungsminister delegiert, nachdem er angeordnet habe, "größte
       Anstrengungen zu unternehmen, um niemanden zu Schaden kommen zu lassen".
       Die Hintergründe seiner "äußerst wichtigen" Reise in die USA wollte
       Netanjahu wieder nur hinter verschlossenen Türen erläutern.
       
       Am Dienstag steht Verteidigungsminister Ehud Barak vor der Kommission und
       danach ist Stabschef Gabi Aschkenasi vorgeladen. Die beiden Köpfe im
       Sicherheitsapparat, die bereits in einen Machtkampf miteinander verstrickt
       sind, werden versuchen, die Schuld jeweils dem anderen zuzuschieben.
       Ebenfalls heute nimmt die UN-Kommission unter Mitwirkung beider
       Konfliktparteien, Israel und der Türkei, ihre Arbeit auf. In New York wird
       im September mit ersten Ergebnissen gerechnet.
       
       9 Aug 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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