# taz.de -- Kommentar Syrien: Syriens Regime fällt nur Gewalt ein
       
       > Jeder Tote, jeder Gefangene polarisiert die syrische Gesellschaft weiter.
       > Und inzwischen hat der Protest aus den ländlichen Regionen die Großstädte
       > erreicht.
       
 (IMG) Bild: Tausende Menschen demonstrierten am vergangenen Freitag in Hama gegen Assad.
       
       Folter und andere Menschenrechtsverletzungen gehören zur politischen
       Landschaft Syriens wie die militärische Gewalt gegen Protestbewegungen. Und
       das schon seit vierzig Jahren.
       
       Das Regime unter Baschar al-Assad, der seit 2000 an der Macht ist,
       verweigerte jede politische Öffnung und jede Reform. Oppositionelle
       verschwanden für Jahre hinter Gittern. Dennoch war der politische Dissens
       unter ihnen gerade im vergangenen Jahrzehnt einfach nicht wegzukriegen.
       Dann kamen die arabischen Revolutionen.
       
       Und da zeigte sich, wie sehr das Regime sich eingebunkert hat und nicht in
       der Lage war, die Zeichen der neuen Rebellion zu verstehen. Die ersten
       Proteste in Daraa im Süden des Landes oder in den Küstenstädten wurden als
       isolierte Ereignisse angesehen, die es im lokalen Rahmen zu "lösen" galt.
       Die Machthaber in Damaskus vermochten auch nicht, ihre Gegner zu
       identifizieren, die wechselweise als "bewaffnete Banden", vom Ausland
       unterstützt oder radikale Islamisten bezeichnet wurden.
       
       Vor allem aber rächte es sich, dass das Regime seine ursprüngliche
       ländliche Basis vernachlässigte und damit auch die herrschende Baath-Partei
       schwächte, die eine Art Transmissionsriemen zwischen der Zentrale und den
       Regionen darstellte. Stattdessen vergaben die Machthaber wichtige
       Funktionen in Politik, Militär, Geheimdiensten und der Wirtschaft innerhalb
       des eigenen, vorwiegend alewitischen Klans.
       
       Die unter Baschar al-Assad eingeleitete Politik der wirtschaftlichen
       Öffnung verstärkte diesen Trend nur, da vor allem die großen Städte von der
       Liberalisierung profitierten. Die ländlichen Regionen wurden zunehmend
       einem korrupten Apparat und arroganten Sicherheitskräften überlassen.
       
       Inzwischen hat die syrische Protestbewegung, die - wenig verwunderlich - in
       ländlichen Regionen begann, längst die großen Städte Latakia, Homs, Hama
       und Aleppo erreicht. Es gibt eben viele gute Gründe, für Reformen oder
       einen Sturz des Regimes einzutreten.
       
       Wenn das Regime und einige "unabhängige" Politiker nun ihrerseits mit
       Vorschlägen für eine Verfassungsreform aufwarten, geschieht das unter dem
       nicht nachlassenden Druck der Straße. Doch jeder Tote, jeder Gefangene
       polarisiert die Gesellschaft weiter. Für Assads Vater Hafiz übrigens war
       der Preis von geschätzten 20.000 Toten in Hama 1982 nicht zu hoch.
       
       17 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Beate Seel
       
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