# taz.de -- Soziale Protestbewegung in Israel: Flaute vor dem Marsch der Millionen
       
       > Am Samstag beteiligen sich nur 15.000 Menschen an der Demo der sozialen
       > Protestbewegung. Doch die verbleibenden Aktivisten mobilisieren
       > unverdrossen weiter.
       
 (IMG) Bild: Der harte Kern der Protestierer radikalisiert sich.
       
       JERUSALEM taz | Die Luft ist raus aus Israels Zeltstadtbewegung. Nur rund
       15.000 Demonstranten zogen am Samstagabend durch die Straßen von Tel Aviv.
       "Hoffnung" stand auf einem ihrer Schilder, "Wir sind noch da" auf einem
       anderen. Mit Durchhalteparolen und dem Versprechen "Wir werden gewinnen"
       versuchte Studentenführer Itzik Schmuli die Überreste der Bewegung bei der
       Stange zu halten. "Niemand hat gesagt, dass der Weg leicht ist", sagte er,
       "aber am Ende erwartet uns ein gerechterer Staat."
       
       Zum ersten Mal stieg auch Noam Schalit auf die Bühne, Vater des seit fünf
       Jahren im Gazastreifen vermissten Soldaten Gilad Schalit, der am Sonntag
       seinen 25. Geburtstag beging.
       
       Aus der Massenbewegung, die Anfang des Monats über 300.000 Menschen
       landesweit auf die Straße brachte, kristallisiert sich eine Gruppe von
       Hartnäckigen heraus, die nicht aufgeben will, bis sie ihr Ziel erreicht
       hat. Die Forderungen werden radikaler und richten sich eindeutiger gegen
       die Regierung.
       
       ## Zelte ohne Bewohner
       
       "Die Antwort auf Privatisierung? Regierungswende!", riefen die
       Demonstranten im Chor. Eine der Rednerinnen warnte davor, die
       "gesellschaftlichen Entwicklungen über die Sicherheitsfragen in
       Vergessenheit geraten zu lassen". In den vergangenen zwei Wochen waren
       Demonstrationen infolge der Anschläge und dem Raketenbeschuss im Süden des
       Landes ausgeblieben.
       
       Noch steht die Zeltstadt am Rothschild Boulevard, nur die Bewohner haben
       sich fast alle wieder in ihre Wohnungen zurückgezogen. Es wäre ehrlicher,
       die Zelte zu räumen, schreibt der linke Kolumnist Gideon Levy in Haaretz.
       Doch so weit ist die Bewegung noch nicht. "Kann sein, dass die Zelte
       irgendwann überflüssig werden und wir andere Foren finden", sagt Uriel Ras,
       Sprecher der Protestcamper am Rothschild Boulevard. Vorläufig konzentriere
       man sich auf die Demonstration am kommenden Samstag, an dem der "Marsch der
       Millionen" geplant ist.
       
       Davon, dass die Bewegung einfach auseinandergehen könnte, ohne Spuren zu
       hinterlassen, will niemand etwas hören. "Das Rad ist nicht mehr
       zurückzudrehen", sagt Zeltstadtsprecher Ras. Spätestens bei den nächsten
       Wahlen werde sich zeigen, welche Partei Antworten auf die soziale Misere
       habe. Die Politikdozentin Tirza Hechter glaubt, dass die entscheidenden
       Veränderungen längst passiert sind. "Die Leute haben verstanden, was eine
       Zivilgesellschaft ist", sagt sie. Es werde zu Erfolgen und Misserfolgen
       kommen, aber "es wird weitergehen".
       
       28 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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