# taz.de -- Bundesstiftung Magnus Hirschfeld: Regierung fördert Homoforschung
> Eine neue Stiftung wird gegründet. Sie soll das homosexuelle Leben
> erforschen und helfen, Diskriminierung zu verhindern. Kritik kommt
> ausgerechnet von Volker Beck.
(IMG) Bild: Die "Bundesstiftung Magnus Hirschfeld" soll das homosexuelle Leben in Deutschland wissenschaftlich erforschen.
BERLIN taz | Das Kabinett hat am Mittwoch die Errichtung der
"Bundesstiftung Magnus Hirschfeld" beschlossen. Die Stiftung soll durch
interdisziplinäre Forschung und Bildung der Diskriminierung von
Homosexuellen entgegenwirken. Zudem soll sie "Ausgrenzung und Gewalt
gegenüber Lesben, Schwulen und Transgender verhindern und das von den
Nationalsozialisten an den Homosexuellen verübte Unrecht erforschen", sagte
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) in Berlin.
Auch das homosexuelle Leben in Deutschland solle "ergründet und erklärt"
werden. Namensgeber ist Magnus Hirschfeld, ein Berliner Sexualforscher, der
von 1868 bis 1935 lebte. Er gilt als Pionier der Homosexuellenbewegung und
wurde von den Nazis verfolgt.
10 Millionen Euro beträgt das Stiftungskapital vorerst. Wer hauptamtlicher
Vorstand wird, ist noch unklar. Im Kuratorium sollen sieben
Bundestagsabgeordnete aller Fraktionen, sechs Vertreter aus den Ministerien
sowie acht Frauen und Männer aus verschiedenen schwul-lesbischen Vereinen
sitzen. Bis Ende des Jahres soll die Gründung der Stiftung mit Sitz in
Berlin abgeschlossen sein.
Wie die Stiftungsziele Bildung, Forschung und Erinnerung letztlich genau
umgesetzt werden, wird noch verhandelt. "Denkbar wäre etwa, dass die
Vernetzung und Ausbildung von Projekten gefördert wird, die Bildungsarbeit
an Schulen unterstützen", sagte FDP-Bundestagsabgeordnete Michael Kauch,
der 2009 maßgeblich dafür gesorgt hat, dass die Stiftung im schwarz-gelben
Koalitionsvertrag festgeschrieben wird.
## Volker Beck kritisiert falsche Ausrichtung
Die Grünen sind über das Vorgehen der Regierung verärgert. Volker Beck,
menschenrechtspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, übt heftige
Kritik. "Das ist ein Ergebnis von Hinterzimmerpolitik ohne Beteiligung der
Öffentlichkeit oder des Parlaments", so Beck zur taz. Der ursprüngliche
Stiftungszweck sei "kastriert" worden. "Es wird nicht Hirschfelds Erbe
gerecht, wenn alles gestrichen ist, was in Richtung Förderung
internationaler Menschenrechte geht." 10 Millionen Euro würden nicht noch
einmal so schnell von der Regierung für homopolitische Zwecke
lockergemacht. "Da hätte man den Schwerpunkt nach vorne setzen und nicht in
die Vergangenheit richten sollen."
Tatsächlich geht die Idee für eine solche Stiftung auf die rot-grüne
Bundesregierung und maßgeblich auf Volker Beck zurück. Im Jahr 2000 hatte
der Bundestag einstimmig beschlossen, eine derartige Stiftung einzurichten.
Das Projekt scheiterte an CDU und FDP. Die Kritik damals: Das Kuratorium
sei unausgewogen und nach Volker Becks Gusto zusammengesetzt. Zudem genüge
die geplante Arbeit nicht wissenschaftlichen Ansprüchen. Seitdem lag das
Thema brach. "Wir wollten damals keine Stiftung, die im Wesentlichen
wissenschaftlich forscht. Denn die Probleme sind menschenrechtlicher Art,
nicht wissenschaftlich-historischer", sagt Beck.
Ein "Neidreflex von Volker Beck" sei das, so FDP-Politiker Kauch. "Die
Stiftung konzentriert sich bewusst auf das Inland. Seit zwei Jahren werden
internationale Projekte im Bereich schwul-lesbischer Menschenrechte aus den
Töpfen der Ministerien finanziert." Zudem werde selbstverständlich nicht
nur Geschichtswissenschaft gefördert, sondern auch wissenschaftliche
Arbeiten, die sich mit der Lebenswirklichkeit von Schwulen und Lesben in
Deutschland heute beschäftigen.
31 Aug 2011
## AUTOREN
(DIR) Paul Wrusch
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Forschung zu Homosexualität: "Ohne FDP gäbe es keine Stiftung"
Deutschland hat jetzt eine Bundesstiftung, die sich mit Homosexualität
beschäftigt. Der FDP-Politiker Michael Kauch über die Ziele der
Magnus-Hirschfeld-Stiftung.
(DIR) Magnus-Hirschfeld-Stiftung: Karriere mit Homo-Themen
Die Magnus-Hirschfeld-Stiftung fördert künftig Studien und Bildung im
Bereich Homosexualität. Die Idee hatten die Grünen – und kritisieren nun
die Umsetzung der FDP.
(DIR) Magnus-Hirschfeld-Stiftung: "Im Ausland sieht es ganz anders aus"
Zur Verfolgung von Homosexuellen wurde kaum geforscht, sagt Andreas
Pretzel. Eine Stiftung könnte jetzt zur Normalisierung des Themas führen,
glaubt der Historiker.
(DIR) Grüner Volker Beck über Homo-Ehe: "Schwule und Lesben sind realistischer"
Die eingetragene Lebenspartnerschaft wird zehn Jahre alt. Ihr politischer
Vater, Volker Beck (Grüne) sieht Deutschland derzeit als europäischer
Nachzügler in Sachen Adoptionsrecht und Steuern.
(DIR) Reisewarnungen für Homosexuelle: Gefährliche Reisen
Die Bundesregierung überprüft Reisehinweise für Homosexuelle. Die Grünen
hatten in einer Anfrage darum gebeten. Sie kritisierten die mangelnde
Informationspolitik.