# taz.de -- Magnus-Hirschfeld-Stiftung: "Im Ausland sieht es ganz anders aus"
       
       > Zur Verfolgung von Homosexuellen wurde kaum geforscht, sagt Andreas
       > Pretzel. Eine Stiftung könnte jetzt zur Normalisierung des Themas führen,
       > glaubt der Historiker.
       
 (IMG) Bild: Es fehlt vor allem an Geld für die Forschung, sagt Historiker Pretzel.
       
       taz: Herr Pretzel, werden nun wegen des Kabinettsbeschlusses zur
       Einrichtung einer "Bundesstiftung Magnus Hirschfeld" bei Schwulen und
       Lesben in Deutschland die Champagnerkorken knallen? 
       
       Andreas Pretzel: Ich glaube nicht. Höchstens bei den Leuten, die über die
       Verfolgung von Schwulen in der Nazizeit forschen, ein historisches
       Bewusstsein haben und sich für Gedächtnispolitik interessieren. Außerdem
       stößt die Stiftung auch auf ein gespaltenes Echo.
       
       Warum? 
       
       Weil es in den vergangenen elf Jahren in der schwul-lesbischen Community
       eine lange Geschichte des Kampfes darüber gab, welche Aufgabe eine solche
       Stiftung haben sollte und wie sie ausgestattet sein müsste.
       
       Fehlt es denn bisher überhaupt an Forschung zum Thema Verfolgung von
       Homosexuellen in der Nazizeit? 
       
       Ja. Und es fehlt vor allem an Geld für die Forschung, ebenso fehlt eine
       Vernetzung der Forscherinnen und Forscher. Dieses Thema ist so gut wie kein
       Gegenstand der historischen Forschung an deutschen Universitäten.
       
       Warum? Die Forschung zur Nazizeit füllt in Deutschland sonst doch ganze
       Bibliotheken. 
       
       In der konservativen Historikerzunft macht man über dieses Thema am besten
       einen weiten Bogen, wenn man noch Karriere machen will. In Deutschland
       forschen nur Privatpersonen zur Verfolgung von Homosexuellen. Einige müssen
       kellnern, um ihre Forschung betreiben zu können. Über Lesben in der NS-Zeit
       arbeitet derzeit eigentlich nur eine einzige Frau. Das sieht im Ausland
       ganz anders aus.
       
       Kann man mit dem Thema Homosexuelle einfach keine Wahlen gewinnen? 
       
       Ja. Andererseits ist das Thema so marginal, dass es keine größeren
       Emotionen mehr weckt.
       
       Die Stiftung kommt nun. Aber eine rechtliche Gleichstellung der sogenannten
       Homoehe mit der Ehe scheut die bürgerliche Koalition. Sind nur tote
       Homosexuelle gute Homosexuelle? 
       
       Eine wunderbare Frage! Das mag ein Moment sein. Aber ich glaube, die
       Forschung wird eine ähnlich subversive Wirkung haben wie die Homoehe: Sie
       nimmt dem Thema das Bedrohliche und wird zur Normalisierung führen.
       
       Geht jetzt das Gerangel um Pöstchen und Geld los? 
       
       Wohl kaum. Es gibt ja auch nur eine Stelle, die zu besetzen ist - und dazu
       ein eher überdimensioniertes Kuratorium sowie einen Fachbeirat, in den acht
       Vereine der Community ihre Leute entsenden werden. Auf die wird es am Ende
       ankommen.
       
       1 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Philipp Gessler
       
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