# taz.de -- EU-Gipfel zur Ostpartnerschaft: Weißrussland sorgt für Eklat
       
       > Nach Kritik westlicher Politiker an der Situation der Menschenrechte sagt
       > Minsk Teilnahme am Treffen ab. Bundeskanzlerin trifft sich mit
       > weißrussischen Oppositionellen.
       
 (IMG) Bild: Die autoritäre Regierung von Staatschef Alexander Lukaschenko mag keine Kritik.
       
       WARSCHAU dpa/afp | Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union
       haben von der weißrussischen Führung die "sofortige Freilassung" aller
       politischen Gefangenen gefordert. In einer Erklärung zum Abschluss des
       EU-Gipfels zur östlichen Partnerschaft in der polnischen Hauptstadt
       Warschau hieß es am Freitag weiter, die "Unterdrückung der
       Zivilgesellschaft und der Medien" müsse enden und ein Dialog mit der
       Opposition aufgenommen werden.
       
       Zuvor war es zu einem Eklat gekommen: Weißrussland sagte die Teilnahme
       seines Botschafters in Polen am Freitag kurzfristig ab. Führende
       EU-Politiker hatten zum Gipfelauftakt am Donnerstag das Regime des
       autoritär herrschenden weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko
       scharf kritisiert.
       
       Die weißrussische Botschaft in Polen sprach von "diskriminierenden
       Tätigkeiten" beim Gipfel und teilte mit: "Partnerschaft darf nicht auf
       Diskriminierung basieren." Weißrussland will die Beschlüsse des zweitägigen
       Gipfeltreffens nicht akzeptieren. Außenminister Sergei Martynow hatte die
       Einladung zu dem Treffen ausgeschlagen.
       
       Der polnische Außenamtssprecher Marcin Bosacki sagte: "Wir bedauern, dass
       das weißrussische Regime ein Zehn-Millionen-Volk von der Zusammenarbeit mit
       Europa isoliert."
       
       Mehrere Gipfelteilnehmer, darunter Kanzlerin Angela Merkel, hatten sich am
       Rande des Gipfels mit Vertretern der weißrussischen Opposition getroffen.
       Merkel sagte: "Der Umgang mit der Opposition durch das Regime ist völlig
       inakzeptabel. Die Opposition leidet." Sie kündigte an, dass sie mit der
       deutschen Wirtschaft über die Lage in dem Nachbarland der EU sprechen
       wolle.
       
       Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk sagte: "Dies ist ein weiteres
       starkes Signal, wie wichtig die Veränderungen in Weißrussland für ganz
       Europa und Weißrussland sein werden, auf die wir warten. Denn es wartet ein
       Platz auf Weißrussland - heute symbolisch, aber auch in der europäischen
       Familie wartet ein Platz auf Weißrussland."
       
       Merkel sprach am Rande des Gipfels auch mit dem ukrainischen Staatschef
       Wiktor Janukowitsch. Dabei ging es um den umstrittenen Prozess gegen
       Exregierungschefin Julia Timoschenko. Die Anklage fordert sieben Jahre
       Haft. Merkel hatte bereits früher Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine
       angemahnt.
       
       EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy sagte, dass mit den meisten östlichen
       Partnern neue Assoziationsabkommen zur engeren Anbindung an die EU sowie
       Freihandelsabmachungen vorbereitet werden.
       
       Der Gipfel sollte am Nachmittag zu Ende gehen. Es sitzen 27 Staats- und
       Regierungschefs am Tisch. Außer Weißrussland und der Ukraine gehören
       Armenien, Aserbaidschan, Georgien und Moldau zur östlichen Partnerschaft
       der EU.
       
       30 Sep 2011
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Justiz in Weißrussland: Todesstrafe mitten in Europa
       
       Wegen eines Anschlags mit 15 Toten werden zwei Männer in Minsk zum Tode
       verurteilt. Das Urteil könnte innerhalb von 24 Stunden vollstreckt werden.
       
 (DIR) "Schauprozess" in Minsk: Ab ins Straflager
       
       Vier Jahre muss der weißrussiche Menschenrechtler Ales Beljazki ins
       Gefängnis. Er soll Steuern hinterzogen haben. Europaweit regt sich großer
       Widerstand gegen die fragwürdige Entscheidung.
       
 (DIR) Finanzspritze von Ahmadinedschad: Iran saniert Weißrussland
       
       Weißrussland ist nahezu bankrott. Da kommen die 400 Millionen Dollar gerade
       recht, die der Iran dem diktatorisch regierten Regime zur Verfügung stellt.
       
 (DIR) Kommentar Weißrussland: Die EU musste Tacheles reden
       
       Die Regierung in Minsk treibt Weißrussland noch tiefer in die
       internationale Isolation. Die Frage ist jetzt, wie lange Lukaschenko noch
       so weiter machen kann.
       
 (DIR) Politologe über die Ukraine: "Die Erfahrung der Menschen bleibt"
       
       Die Ukraine droht auf Weißrusslands Weg der Diktatur einzuschwenken, sagt
       der Politologe Heiko Pleines. Doch das Erbe der Orange Revolution wirkt.
       
 (DIR) Protestbewegung in Weißrussland: "In hohem Maße nervös"
       
       Lukaschenko wird von seinem repressiven Kurs nicht abweichen, sagt
       Belarus-Experte Peter Liesegang. Aber die Protestbewegung wächst.
       
 (DIR) Jagd auf Oppositionelle in Weißrussland: Mit litauischer Amtshilfe
       
       Die weißrussische Opposition befürchtet nach der Festnahme von Ales
       Belyatsky, dass der Druck weiter wächst. Das Regime geht weiter gnadenlos
       gegen Kritiker vor.
       
 (DIR) Schweigeproteste in Weißrussland: 30 Menschen festgenommen
       
       Rund 2.000 Menschen sind seit Anfang Juni wegen friedlicher Aktionen gegen
       Staatschef Lukaschenko bestraft worden. Die wöchentlichen Schweigeproteste
       flauen allmählich ab.
       
 (DIR) Festnahme von Lukaschenko-Gegnern: Schweigende Weißrussen verhaftet
       
       Die weißrussische Polizei geht mit Gewalt gegen Schweigeproteste vor. Die
       Regimegegner hatten sich über Soziale Netzwerke zu den Protesten
       verabredet, Dutzende wurden verhaftet.