# taz.de -- Nun mit Windows Phone: Nokia öffnet die Fenster
       
       > Die finnischen Mobilfunker wollen mit Microsoft-Technik aus der Krise.
       > Nach langer Wartezeit kommen nun ersten Geräte mit Windows Phone.
       
 (IMG) Bild: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Präsentation von Nokia.
       
       Bei Nokia in Espoo stehen die Zeichen weiter auf Sturm. Umsatzrückgänge in
       Kernmärkten, Analysten, die nicht an die Strategie glauben, Entlassungen:
       Die finnischen Mobilfunker scheinen ihre besten Jahre hinter sich zu haben.
       
       Doch Konzernchef Stephen Elop, ein jovialer Kanadier, ficht das nicht an:
       Er stellte in dieser Woche vergnügt Nokias erste Smartphones mit
       Windows-Phone-Betriebssystem vor. Die Geräte, auf die die Branche bereits
       seit dem vergangenen Frühjahr wartet, sollen die Krise der einst so
       populären Marke im Segment der teuren Handys beenden.
       
       Zwei Modelle stellte Elop dazu vor. Das [1][Lumia 800] ist das neue
       Flaggschiff. Es hat einen 3,7 Zoll großen Bildschirm in AMOLED-Technik mit
       einer ordentlichen Auflösung von 800 mal 480 Bildpunkten und kommt in einem
       hübschen Alugehäuse daher, das sehr kompakt wirkt. 16 Gigabyte
       Speicherplatz stehen für Apps, Dokumente und Multimedia zur Verfügung, was
       dem Platz auf einem Einsteiger-iPhone-4S von Apple entspricht (629 Euro
       ohne Kartenvertrag).
       
       Der Prozessor läuft mit 1,4 GHz schnell, muss aber mit nur einem Kern
       auskommen. Eine 8-Megapixel-Kamera mit Carl-Zeiss-Linse und LED-Blitz soll
       für gute Bilder sorgen. Das Lumia 800 besitzt ganze drei Tasten auf der
       Vorderseite, ansonsten wird das Gerät über den berühungsempfindlichen
       Bildschirm bedient. Nur Kamera, Lautstärke und Ein/Aus lassen sich extern
       bedienen. 500 Euro wird das Lumia 800 kosten.
       
       ## Lumia-Serie
       
       Etwas billiger (320 Euro) wird das [2][Lumia 710] werden. Es besitzt dafür
       nur halb so viel Speicher und nicht die schicke Aluhülle, stattdessen
       gibt's Kunststoff. Es ist allerdings unklar, wann das Lumia 710 auch nach
       Deutschland kommt. Zumindest am Anfang soll das offenbar nicht der Fall
       sein.
       
       Fast wichtiger als die Hardware, die Nokia durchaus gekonnt umsetzt, ist
       die mitgelieferte Software. Dabei handelt es sich um Microsofts Windows
       Phone in der aktuellen Version 7.5, die der Hersteller auch Mango nennt.
       Nokia hat die Oberfläche nicht angepasst, was Nutzer anderer
       Windows-Phone-Geräte freuen wird.
       
       Damit widerstehen die Finnen dem Trend zur Anpassung bestehender
       Plattformen, wie er bei Android herrscht: Hier versucht jeder Hersteller
       von Samsung über HTC bis hin zu Sony, stets seinen eigenen Look auf Basis
       der Google-Technik zu kreieren. Nutzer müssen die Oberfläche deshalb stets
       neu lernen. Allerdings gibt es bei den Lumia-Handys mehrere
       Zusatzprogramme: Die wichtigsten sind ein kostenloses Navisystem und ein
       Zugang zu Nokias Songdienst Nokia Music.
       
       ## Microsoft braucht Erfolg
       
       Elop sieht in den neuen Geräte die ersten "wirklichen"
       Windows-Phone-Modelle - obwohl es die von Firmen wie HTC, LG, Dell oder
       Samsung schon seit der zweiten Jahreshälfte 2010 gibt. Er sprach von einem
       "gelungenen integrierten Gerät", womit der Nokia-Boss wohl meint, dass man
       intensiv mit Microsoft bei der Gestaltung gearbeitet hat.
       
       Der Softwareproduzent, der Nokia mit Know-how und kostengünstigen Lizenzen
       unter die Arme greift, braucht ebenfalls den Erfolg: Die
       Windows-Phone-Plattform steht hinter iPhone, Android und Blackberry auf
       Platz 4 der wichtigsten Smartphone-Standards. Dabei hätte Microsoft
       durchaus mehr verdient: Windows Phone ist gut zu bedienen. Allerdings wird
       beispielsweise Bürosoftware mitgeliefert, so kann man Office-Dokumente
       lesen.
       
       Nokia hätte indes durchaus noch andere technische Möglichkeiten gehabt,
       doch der neue Firmenchef Elop, der selbst von Microsoft kommt, setzte von
       Anfang an auf Windows Phone. So dürfte beispielsweise das Nokia N9, ein
       Smartphone, das mit dem Linux-basierten Betriebssystem Meego läuft und erst
       vor wenigen Wochen auf den Markt kam, nur ein kurzer Schlenker in der
       Geschichte der Finnen bleibt - [3][obwohl das Gerät] fast durchgehend gute
       Kritiken bekam.
       
       Immerhin: Was Nokia in Sachen Bauweise beim N9 gelernt hat - beispielsweise
       der gute Bildschirm, das gelungene Alugehäuse und das zurückgenommene
       Design - soll in die Lumia-Serie eingeflossen sein.
       
       27 Oct 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.nokia.de/de-de/produkte/smartphones-und-handys/lumia800/technische-daten/
 (DIR) [2] http://www.nokia.de/de-de/produkte/smartphones-und-handys/lumia710/
 (DIR) [3] http://thisismynext.com/2011/10/20/nokia-n9-review/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ben Schwan
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Startup will Linux-Smartphones bauen: Die großen Pläne der Nokia-Rebellen
       
       Mit MeeGo hatte Nokia ein gutes, freies Betriebssystem für Handys
       geschaffen – und wechselte dann doch zu Windows. Einige Ex-Mitarbeiter
       wollen nun MeeGo wiederbeleben.
       
 (DIR) Nokia streicht 10.000 Stellen: Neue Wege mit weniger Angestellten
       
       Weltweit streicht der finnische Mobiltelefonhersteller Nokia in den
       kommenden 18 Monaten rund 10.000 Stellen. Betroffen sind auch deutsche
       Standorte.
       
 (DIR) Microsoft und Windows-Phone: Wenn die Kunden nicht beißen
       
       Microsoft versucht seit anderthalb Jahren, mit seinem neuen
       Smartphone-Betriebssystem zu punkten. Doch die Firma ist auf dem Markt weit
       abgehängt.
       
 (DIR) Island gegen Windows: Open Source per Staatsdekret
       
       Island setzt im öffentlichen Sektor verstärkt auf Open-Source-IT. Die
       Umstellung soll ein Vorbild für andere Staaten sein – und ist noch lange
       nicht abgeschlossen.
       
 (DIR) Blackberry-Hersteller: Kampfansage von RIM
       
       Android und Apple lassen der Konkurrenz auf dem Smartphone-Markt nicht viel
       Luft. Nun versucht Blackberry-Hersteller RIM, sich aus der bedrängten Lage
       wieder zu befreien.
       
 (DIR) Patentkrieg in der Mobilfunk-Branche: HTC unterliegt Apple vor Gericht
       
       Die US-Handelsbehörde hat eine Patentklage von HTC gegen Apple
       zurückgewiesen. Nicht zum ersten Mal. Aber die Klageflut der
       Smartphone-Produzenten geht weiter.
       
 (DIR) Smartphone-Markt: Samsung überholt Apple
       
       Wechsel an der Pole Position: Apple muss die Marktführerschaft bei
       Smartphones an Samsung abgeben. Motorola bleibt weiter in der Verlust-Zone,
       Sony trennt sich von Ericsson.
       
 (DIR) Nokia verlässt Werk im rumänischen Cluj: Und sie ziehen weiter
       
       Der Handyhersteller schließt sein Werk in Rumänien. Dabei war die
       Produktion erst vor drei Jahren aus Bochum dorthin verlagert worden. Das
       Land will jetzt klagen.
       
 (DIR) Google kauft Motorola: Schnell, schnell – patentieren!
       
       Google kauft sich beim Handykonzern Motorola ein. Konkurrenten wollen
       banale Innovationen schützen lassen. Über Patentwahnsinn auf dem
       Smartphonemarkt.
       
 (DIR) Nokias Touchscreen-Handy N9: Das wäre ihr Preis gewesen
       
       4 Jahre nach dem ersten iPhone hat der finnische Handy-Hersteller Nokia ein
       Gerät vorgestellt, das mit Apple konkurrieren könnte. Nur: Die Technik wird
       bald sterben.