# taz.de -- Klimakonferenz in Durban: Nachruf auf die Menschheit
       
       > In Durban macht sich die Welt Gedanken übers Klima. Warum die Tea Party
       > unsere letzte Hoffnung ist und die Deutschen nicht auf den Mars
       > auswandern müssen.
       
 (IMG) Bild: Der Archäopteryx hat's gut – er hat seine Fossilierung bereits hinter sich.
       
       Der Archäopteryx sieht aus wie ein abgenagtes Hähnchen, das eine
       Planierraupe in den Asphalt gewalzt hat. Vor 150 Millionen Jahren lebten
       diese Urvögel, und nur wenigen Exemplaren wiederfuhr die Ehre, versteinert
       zu werden. Sie sind berühmt, Rockstars unter den Fossilien.
       
       Sie stehen in Museen und werden angestarrt von einer Spezies, die zu
       Lebzeiten des Archäopteryx, im Oberen Jura noch als Beutelratte unterwegs
       war - dem Homo Sapiens Sapiens, vulgo Mensch. Als solcher ist der Anblick
       des Urvogels beunruhigend.
       
       Die Frage lautet: Wen von uns wird es treffen? Wer wird dereinst, in 150
       Millionen Jahren, gekrümmt, platt und ewig stoned in einem Museum hängen?
       Ausgebuddelt von einer Lebensform, der heute wirklich niemand eine
       ordentliche evolutionäre Entwicklung zutraut. Den Olmen zum Beispiel. Aus
       der Familie der Schwanzlurche. Derartige Frage werden immer dringlicher.
       
       Schließlich rücken wir unserer endgültigen Fossilierung rasant näher.
       Niedlich, dass sich im südafrikanischen Durban gerade das Weltvolk
       versammelt und so tut, als wolle man etwas gegen den Klimawandel
       unternehmen. Aber gemessen an dem, was nötig wäre, um die Katastrophe
       aufzuhalten, ist Durban Sandburgbauen gegen die Flut.
       
       Insofern ist die Tea Party unsere letzte Hoffnung. Eine weltweite
       Verschwörung aus Medien, Klimaforschern, Solarindustrie und Politikern
       redet uns die Sache mit dem Klimawandel nur ein. Wegen des Profits.
       Hoffentlich. Denn sollte sich der Klimawandel nach Römischem Reich,
       Kommunismus und Kapitalismus nicht als nächster gewaltiger Irrtum der
       Geschichte erweisen, wird es bald so warm wie in der Kreidezeit.
       
       Da waren die Riesenlibellen so groß wie Bundesadler.
       
       Zum Wetter: 1997 trat das Kioto-Protokoll in Kraft. Das war dazu da, das
       Klima zu schützen. Ein paar Länder haben mitgemacht, andere besser mal
       nicht - die Menschheit bläst heute mehr als ein Drittel mehr CO2 in die
       Luft als damals, bei anderen Treibhausgasen sieht es nicht besser aus.
       
       ## Die Deutschen auf den Mars
       
       Wir spielen russisches Roulette, nur dass nicht eine, sondern fünf Patronen
       im Lauf stecken. Der Planet heizt sich mit ziemlicher Sicherheit um mehr
       als zwei Grad auf, ab da wirds apokalyptisch. Was das bedeutet, lehrt uns
       die Eiszeit: Drei bis fünf Grad kälter reicht, um Mitteleuropa bis zu den
       Alpen mit Gletschern zu überziehen. Und wärmer?
       
       Das hat Konsequenzen für all die Radfahrer, Solarzellenaufsdachbauer und
       CO2-Erbsenzähler. Nüchtern betrachtet, hat das Konsumverhalten des
       Einzelnen null Relevanz für das Weltklima. Mal angenommen, ganz Deutschland
       würde sich selbstlos opfern und geschlossen auf den Mars umsiedeln.
       
       Dafür würden hierzulande wieder Wälder wachsen und Wölfe umherstreifen.
       Hilft das, liebe Gutmenschen? Nein. Es würde genau die Hälfte der Klimagase
       einsparen, die im vergangenen Jahr zusätzlich im Vergleich zu 2009 in die
       Luft geblasen wurden.
       
       Wer also auf Urlaubsflüge, Auto und elektrische Zahnbürste verzichtet -
       Gott vergelts. Man kann natürlich an die Vorbildfunktion des guten
       ökologischen Lebenswandels glauben und mit missionarischem Eifer andere
       davon zu überzeugen versuchen. Vielleicht entwickelt sich daraus ein neues,
       planetares Bewusstsein. Jeder Mensch hat schließlich metaphysische
       Bedürfnisse. Wenn die neue Theologie heißt, Erlösung vom Bösen durch
       Rücksichtnahme auf die Umwelt zu erlangen, warum nicht.
       
       Wenn Erleuchtung nicht durch Gebet und Geißel, sondern durch Verzicht und
       Vegetarismus erreicht wird, sind das durchaus religiöse, Sinn stiftende
       Motive. Das Klima rettet das nicht. Nach klassischer Heilslehre gibt es
       dafür auch keinen Platz im Himmel. Ein Platz im Museum der Olme wäre noch
       zu vergeben.
       
       9 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arzt
       
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