# taz.de -- Syrischer Oppositioneller in Berlin: 15 Jahre in Haft
       
       > Der syrische Oppositionelle Habib Saleh wurde im Mai aus einem syrischen
       > Gefängnis entlassen und floh nach Beirut. Jetzt ist er in Berlin und will
       > Asyl beantragen.
       
 (IMG) Bild: Verbrachte 15 Jahre seines Lebens im Gefängnis: Habib Saleh.
       
       Er ist ein Mann des offenen Worts und der freien Rede. Dafür hat er teuer
       bezahlt. Wegen seiner Kritik an den Regimen von Assad-Vater und Assad-Sohn
       hat er seit den 1980er Jahren knapp 15 Jahre seines Lebens in syrischen
       Gefängnissen zugebracht.
       
       Habib Saleh ist jetzt 63 Jahre alt. Erst im Mai 2011 kam er nach Verbüßen
       seiner letzten Haftstrafe auf freien Fuß. Mitten im syrischen Aufstand.
       Weil er seines Lebens nicht sicher sein konnte, floh er nach Beirut. Doch
       auch dort lauerten die Häscher des Assad-Regimes ihm auf. Wegen offener
       Kritik an den Schiitenorganisationen Hisbollah und Amal musste er aus West-
       nach Ostbeirut fliehen, in ein katholisches Kloster. Von dort ist er vor
       einem Monat nach Berlin gekommen. Nun will er in Deutschland Asyl
       beantragen.
       
       "Ja, ich bin im Gefängnis gefoltert worden", sagt Habib Saleh. Aber ein
       gebrochener Mann sei er nicht. "Angst habe ich um meine Frau und meine
       elfjährige Tochter, die in Tartus in Syrien zurückbleiben mussten", sagt
       Saleh. "Die Lehrer erzählten meiner Tochter, dass ich ein zionistischer
       Agent sei und sie mich vergessen müsse", fügt er hinzu.
       
       Nationale Prominenz erlangte Habib Saleh als Führungsfigur im "Damaszener
       Frühling" zu Beginn der Amtszeit von Baschar al-Assad im Jahr 2000. Er
       leitete das Forum Nationaler Dialog in der Hafenstadt Tartus. Von den
       vergangenen zehn Jahren hat er neun im Gefängnis verbracht, stets
       verurteilt wegen Beleidigung des Präsidenten, Herabsetzen der nationalen
       Gefühle und Verbreiten falscher Informationen.
       
       Amnesty International adoptierte Saleh als Gefangenen aus Gewissensgründen,
       Reporter ohne Grenzen setzte sich für ihn ein, sogar die EU-Regierungschefs
       verwandten sich 2009 in einer Petition an Baschar al-Assad für Saleh – ohne
       Erfolg.
       
       Als Journalist und Schriftsteller hat Habib Saleh, der ein Studium der
       Englischen Literatur absolvierte, offiziell nie arbeiten dürfen, weil er
       sich weigerte, der staatlich gelenkten Gewerkschaft beizutreten. "Ich werde
       weiter schreiben gegen die Tyrannei in Syrien, die Korruption und den
       Terror", sagt Saleh. Doch die Politik hat ihn längst wieder eingeholt. In
       dieser Woche wurde er in den 25-köpfigen Nationalrat der syrischen
       Opposition berufen.
       
       9 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Georg Baltissen
       
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