# taz.de -- Kommentar Demos in Russland: So viel Opposition wie nie
       
       > Noch nie war die Opposition im postsowjetischen Russland so stark wie
       > heute. Doch ihr Erfolg dürfte auch ihr Ende sein. Zu groß sind die
       > Widersprüche zwischen den Fraktionen.
       
 (IMG) Bild: Weiße Bänder als Erkennungszeichen: Aktivisten demonstrieren in Moskau.
       
       Es waren die vielen jungen Menschen, die das Bild der Demonstrationen in 99
       russischen Städten gegen die jüngsten Wahlfälschungen prägten. Vom Erfolg
       beflügelt, kündigten zahlreiche Organisatoren eine Wiederauflage für den
       24. Dezember an, sollte die Regierung nicht umgehend Neuwahlen ansetzen,
       alle Verhafteten freilassen und den Chef der Wahlkommission entlassen.
       
       Auch die bisher eher zahmen Oppositionsparteien grenzen sich zunehmend
       gegenüber Vereinigtes Russland ab. Gennadij Gudkow, stellvertretender
       Vorsitzender der Fraktion Gerechtes Russland, kündigte an, er werde sein
       Mandat aus Protest gegen die Wahlfälschungen nicht antreten. Macht sein
       Beispiel Schule, wird Vereinigtes Russland bald alleine im Parlament
       sitzen.
       
       Die Versuche der Machthaber, die Demonstrationen einzudämmen, muten
       teilweise hilflos an. So warnte der oberste Amtsarzt, Gennadij
       Onischtschenko, vor einer Teilnahme: Zu groß sei die Gefahr, sich bei
       Demonstrationen zu erkälten.
       
       Doch von Nachgeben keine Spur. Noch vor dem 24. Dezember rechne man mit der
       Registrierung des Kandidaten Putin für die Präsidentschaftswahlen, ließ die
       Wahlkommission mitteilen. Gleichzeitig wurde die Rücktrittsforderung an den
       Chef der Wahlkommission zurückgewiesen.
       
       Noch nie war die Opposition im postsowjetischen Russland so stark wie
       heute. Doch ihr Erfolg dürfte auch ihr Ende sein. Zu groß sind die
       Widersprüche zwischen Anarchisten, Linksradikalen, der Jabloko-Partei und
       fremdenfeindlichen Nationalisten. Als Nadja Tolokonnikowa, die Sprecherin
       von Moskaus Lesben und Schwulen, von Tätlichkeiten gegen ihre Gruppe
       während der Kundgebung berichtete, wurde sie ausgepfiffen.
       
       11 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Clasen
       
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