# taz.de -- Wulffs Freund Carsten Maschmeyer: Besser nicht die Wahrheit
       
       > Der umstrittene Finanzdienstleister Carsten Maschmeyer hat zahlreiche
       > Freunde in der Politik. Und den richtigen Riecher. Davon profitierte auch
       > sein Finanzvertrieb AWD.
       
 (IMG) Bild: Ein schillernders Paar: Finanzdienstleister Carten Maschmeyer mit seiner Partnerin, der Schauspielerin Veronika Ferres.
       
       BERLIN taz | Eins muss man Carsten Maschmeyer lassen: Der langjährige Chef
       des umstrittenen Finanzdienstleisters AWD hat offenbar eine gute Intuition,
       wer es in der Politik zu etwas bringen wird. Mit dem späteren Kanzler
       Gerhard Schröder freundete er sich an, als dieser noch Ministerpräsident in
       Niedersachsen war.
       
       Seine Freundschaft mit der heutigen Bundesarbeitsministerin und
       zwischenzeitigen Aspirantin für das Bundespräsidentenamt, Ursula von der
       Leyen, die ebenfalls aus Hannover stammt, begann Maschmeyer zufolge schon
       im gemeinsamen Medizinstudium.
       
       Und auch mit dem aktuellen Bundespräsidenten Christian Wulff ist er eng
       befreundet, wie beide gern betonen.
       
       Diese Freundschaft hatte Wulff schon kurz nach Beginn seiner Amtszeit als
       Bundespräsident in Bedrängnis gebracht. Damals wurde bekannt, dass er in
       Maschmeyers 20-Millionen-Euro-Villa auf Mallorca seinen Urlaub verbrachte.
       Obwohl er dafür bezahlte, stellte sich die Frage, ob so viel Nähe zu einem
       Unternehmer für einen Bundespräsidenten angemessen ist.
       
       ## Anzeigen im Wahlkampf
       
       Am Dienstag wurde nun eine neue heikle Verbindung der beiden bekannt: Die
       Bild-Zeitung deckte auf, dass Maschmeyer während des niedersächsischen
       Landtagswahlkampfs im Herbst 2007 eine Anzeigenkampagne für ein
       Interviewbuch bezahlt hat, in dem Christian Wulff sein privates und
       politisches Leben schildert.
       
       Mehr als 42.000 Euro aus seinem Privatvermögen habe er dafür genutzt, das
       Buchcover mit einem Foto Wulffs und dem heute wie eine Ironie des
       Schicksals anmutenden Titel "Besser die Wahrheit" drucken zu lassen. Weil
       die Anzeigen ausschließlich in niedersächsischen Regionalzeitungen
       erschienen, ist ein Bezug zum Wahlkampf offensichtlich.
       
       Renate Künast, die Fraktionsvorsitzende der Grünen, kritisierte die
       Anzeigenkampagne am Dienstag denn auch mit deutlichen Worten. "Das riecht
       doch sehr nach einer trickreichen Umgehung des Parteispendenrechts", sagte
       sie.
       
       Ein ähnlicher Vorwurf war gegen Maschmeyer schon 1998 erhoben worden.
       Damals hatte er den Landtagswahlkampf von Gerhard Schröder mit anonymen
       Großanzeigen ("Der nächste Kanzler muß ein Niedersachse sein") im Wert von
       650.000 Mark unterstützt.
       
       ## Will nichts gewusst haben
       
       Zu den Kritikern dieser Aktion gehörte laut Bild damals der bei der
       Landtagswahl unterlegene CDU-Kandidat - ein gewisser Christian Wulff.
       
       Zu seinen eigenen Maschmeyer-Anzeigen äußert er sich heute nicht
       persönlich. Über seinen Anwalt ließ Wulff lediglich mitteilen, er habe von
       den Zahlungen nichts gewusst. Maschmeyer bestätigte, er habe mit seinem
       Freund Wulff über die Finanzierung der Anzeigen "nicht gesprochen".
       
       Dennoch verstärkt das fragwürdige Anzeigengeschäft den Druck auf den
       Bundespräsidenten, der wegen seines günstigen Privatkredits von einem
       befreundeten Unternehmerehepaar, den er auf Nachfrage im Landtag nicht
       erwähnt hatte, ums politische Überleben kämpft.
       
       ## Hinweise auf Gegenleistung
       
       Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte am Dienstag zwar erneut, der
       Präsident genieße das "volle Vertrauen" der Kanzlerin; zu den neuen
       Vorwürfen nahm er auch auf Nachfrage aber nicht Stellung.
       
       Gefährlich könnte die Finanzierung durch Maschmeyer für Wulff, unabhängig
       von der rechtlichen Bewertung, vor allem deshalb werden, weil es in diesem
       Fall deutliche Hinweise auf politische Gegenleistungen gibt. Eine Anfrage
       der Linksfraktion im Niedersächsischen Landtag hatte im Sommer ergeben,
       dass sich Wulff als Ministerpräsident mindestens zwölfmal mit Maschmeyer
       getroffen hat.
       
       Als Gesprächsthema findet sich in seinem Terminkalender unter anderem der
       Punkt "Optimierung Riester-Rente" - der staatlich subventionierten
       Privatrente, deren Vertrieb zum Kerngeschäft von Maschmeyers AWD gehört.
       
       ## Foto mit dem Drückerkönig
       
       Eingeführt wurde die Riester-Rente unter Maschmeyers anderem Freund Gerhard
       Schröder, beworben wird sie unter anderem durch den Namensgeber Walter
       Riester, der gegen Honorar regelmäßig auf AWD-Veranstaltungen als Redner
       auftrat und sich mit Mitarbeitern vor dem Firmenlogo fotografieren ließ.
       
       Auch Wulff posiert gern mit seinem erfolgreichen Freund für die Kameras,
       und bei einer Feier zum 20-jährigen AWD-Bestehen trat Wulff als Redner auf.
       
       Aus Sicht von Ariane Lauenburg, Redakteurin bei der Zeitschrift Finanztest,
       haben solche Auftritte und die dabei entstehenden gemeinsamen Bilder für
       die Firma einen unschätzbaren Wert.
       
       "Wenn Herr Maschmeyer mit Herrn Wulff auf einem Foto erscheint, glauben
       Anleger automatisch, dass ein solcher Mann seriös ist und dass sie mit
       seinen Geldanlageprodukten nichts falsch machen können", sagte sie der taz.
       
       ## Hohe Verluste durch Schrottimmobilien
       
       Dabei war das Gegenteil der Fall: Zehntausende Kleinanleger fühlen sich von
       dem AWD geprellt. Durch kreditfinanzierte Schrottimmobilien und riskante
       Anlagen in geschlossenen Fonds haben sie hohe Verluste gemacht oder ihre
       Altersvorsorge komplett verloren.
       
       Für Maschmeyer hingegen hat sich das Geschäft gelohnt: Der von ihm
       aufgebaute AWD machte 2007 bei einem Umsatz von 717 Millionen Euro rund 83
       Millionen Euro Gewinn.
       
       Maschmeyer verkaufte seine Anteile 2008 an den Finanzkonzern Swiss Life.
       Sein Privatvermögen wird auf 650 Millionen Euro geschätzt. Berichte über
       seine Praktiken, etwa die ARD-Dokumentation "Der Drückerkönig und die
       Politik", versuchte Maschmeyer mit juristischen Mitteln und massiver
       Einschüchterung zu verhindern – allerdings weitgehend erfolglos.
       
       21 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malte Kreutzfeldt
       
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