# taz.de -- Niedersachsens Ältestenrat zu Wulff: Keine Aufklärung erwünscht
       
       > In Niedersachsen beendet Schwarz-Gelb eine Sondersitzung des
       > Ältestenrats. Dabei bleiben alle Fragen unbeantwortet. Die Linke will
       > jetzt einen Untersuchungsausschuss.
       
 (IMG) Bild: Unter Beobachtung: der Ältestenrat des niedersächsischen Landtags.
       
       HANNOVER taz | Ohne Ergebnis hat sich am späten Dienstagnachmittag in
       Hannover der Ältestenrat des Landtags nach nur einer halbstündigen Beratung
       getrennt. CDU und FDP ließen die versammelte Opposition mit ihrem Anliegen
       abblitzen, in einer Sondersitzung des Gremiums die Vorwürfe gegen
       Bundespräsidenten Christian Wulff (CDU) rund um den 500.000
       Euro-Privatkredit einer befreundeten Unternehmergattin zu klären.
       
       Vor anderthalb Jahren hatte der damalige niedersächsische Ministerpräsident
       geschäftliche Beziehungen zum Ehemann seiner Kreditgeberin, dem Osnabrücker
       Unternehmer Egon Geerkens, [1][auf Anfrage von Grünen und SPD verneint] –
       und das Privatdarlehen von Geerkens Ehefrau Edith verschwiegen. Die
       Opposition sieht darin eine Täuschung des Parlaments.
       
       Zudem vermutet sie wegen des zinsgünstigen Privatkredits einen Verstoß
       gegen das niedersächsische Ministergesetz, das es Regierungsmitgliedern
       verbietet "[2][Belohnungen und Geschenke] in Bezug auf ihr Amt anzunehmen."
       
       ## FDP sieht Ältestenrat missbraucht
       
       Klären konnte der Ältestenrat die Vorwürfe am Dienstag nicht: In das
       Gremium entsenden die Fraktionen entsprechend der Mehrheitsverhältnisse im
       Landtag Abgeordnete - Schwarz-Gelb konnte mit seiner Regierungsmehrheit
       also umgehend das Ende der Sitzung beschließen. FDP-Fraktionschef Christian
       Dürr sieht den Ältestenrat gar von der Opposition "missbraucht": Der
       befasse sich lediglich mit Geschäftsabläufen des Landtags wie Terminplänen
       und Tagesordnungen, nicht aber mit inhaltlichen Fragen.
       
       CDU-Fraktionschef Björn Thümler verwies die Opposition zur Klärung ihrer
       Fragen auf den Staatsgerichtshof oder die Möglichkeit, einen
       Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu beantragen. Er gehe aber auch
       so davon aus, dass Wulff die Fragen beantworten werde, sagte Thümler. Und
       gab dem Ex-Ministerpräsidenten umfassende Rückendeckung: Er mache sich
       trotz der Affäre "überhaupt keine Sorgen", dass Wulff "unser
       Bundespräsident" bleibe.
       
       ## "Ungute Informationspolitik"
       
       SPD, Grüne und Linke warfen der schwarz-gelben Mehrheit Blockade vor: Man
       wolle "schnellstmögliche Auklärung", sagte Grünen-Fraktionschef Stefan
       Wenzel. Ein Gang vor den Staatsgerichtshof oder ein Untersuchungsausschuss
       würden "Antworten um Wochen, Monate, wenn nicht Jahre verzögern."
       
       SPD-Fraktionschef Stefan Schostok attestierte Wulff eine "äußerst ungute
       Informationspolitik" und "eklatante Widersprüche" in seinen Aussagen.
       Presseanfragen lasse Wulff über seine Anwälte beantworten, zu den Fragen
       der Parlamentarier schweige er hingegen. Als Ex-Ministerpräsident bleibe er
       aber "in der Pflicht, Fragen des Landtags zu beantworten", sagte Schostok,
       "und sei es über die derzeitige Landesregierung."
       
       Die Linksfraktion kündigte unterdessen an, die Initiative für einen
       Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu ergreifen, um den "gesamten
       Fragenkomplex um die finanziell anscheinend sehr lukrativen Freundschaften"
       Wulffs aufzuarbeiten. "Dort können wir Wulff, Maschmeyer und Geerkens
       direkt einladen - um unter Eid auszusagen", sagte die Linken-Abgeordnete
       Ursula Weisser-Roelle.
       
       20 Dec 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Verdacht-auf-Taeuschung-des-Landtages/!83618
 (DIR) [2] /Wulffs-Privatkredit/!83964
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Teresa Havlicek
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Die Hauptstadt der Korruption?: Gerechtigkeit für Hannover!
       
       Mafia, Klüngel, Schampus, Politik: Hannover ist zum Unwort für all
       diejenigen geworden, die schon immer mit der Stadt abrechnen wollten. Eine
       Verteidigung.
       
 (DIR) Bundespräsident in Bedrängnis: Geerkens redete bei Wulffs Kredit mit
       
       Ein Rechtsanwalt von Bundespräsident Wulff gibt nun zu: Egon Geerkens war
       bei den Verhandlungen über den Kredit dabei. Und sie verlangen ein Ende der
       Debatte.
       
 (DIR) Wulffs Freund Carsten Maschmeyer: Besser nicht die Wahrheit
       
       Der umstrittene Finanzdienstleister Carsten Maschmeyer hat zahlreiche
       Freunde in der Politik. Und den richtigen Riecher. Davon profitierte auch
       sein Finanzvertrieb AWD.
       
 (DIR) Pro & Contra Christian Wulff: Geht's noch?
       
       Die Aufregung um das Staatsoberhaupt und seine reichen Freunde hält an.
       Kann der Bundespräsident Christian Wulff angesichts der vielen Vorwürfe
       noch im Amt bleiben?
       
 (DIR) Burg Wulffenstein: Die Gaube des Grauens
       
       Krüppelwalmdach, Sprossenfenster und Harzer Pfanne: Für dieses Haus lieh
       sich Bundespräsident Wulff eine halbe Million Euro. Doch was sagt es uns
       über ihn?
       
 (DIR) Fragen und Antworten zur Wulff-Affäre: Gute Freunde und Weihnachtsrede
       
       Ob Christian Wulff gegen Gesetze verstoßen hat, ist stark umstritten. Klar
       ist aber: Der Bundespräsident kann nicht zum Rücktritt gezwungen werden.
       
 (DIR) Für Wulff-Buch: Maschmeyer zahlte Anzeigen
       
       42.000 Euro hat Unternehmer Carsten Maschmeyer ausgegeben, um ein Buch von
       Christian Wulff zu bewerben. Der wusste, so sagt er, nichts davon. Und eine
       Umfrage stärkt Wulff den Rücken.
       
 (DIR) Kommentar Wulff: Eine Frage des Charakters
       
       Die einzige Legitimation, über die ein Bundespräsident verfügt, ist seine
       Integrität. Nach dem, was wir im Moment wissen, muss Christian Wulff
       deswegen zurücktreten.