# taz.de -- Daily Dope (528): Iberische Entzaubertrankung
       
       > In Spanien findet die 58. Antidopingrazzia statt. Der Kampf der Polizei
       > zeigt Wirkung. Dem spanischen Radsport laufen jetzt die Sponsoren davon.
       
 (IMG) Bild: Beamte der Guardia Civil finden gefrorene Blutbeutel bei einer Anti-Dopingrazzia (Archivfoto von 2007)
       
       BERLIN taz | "Als ich mit meinem Tennisschläger unterwegs war, haben wir
       gegenüber unseren spanischen Freunden keine lächerliche Figur abgegeben. So
       war es auch auf dem Fußballfeld, dem Basketballparkett und den Straßen der
       Tour de France", blickte im November diesen Jahres Yannick Noah auf
       vergangene Zeiten zurück. Der Mitte der 1980er Jahre erfolgreiche
       französische Tennisprofi sprach über spanische Sportler und konstatierte
       für die Gegenwart: "Heute rennen sie schneller als wir, sind kräftiger und
       lassen uns nur die Brosamen."
       
       Als sich Noah in seinem Aufsatz in der Tageszeitung Le Monde dann fragte,
       wie es dazu gekommen sei, und bekannte, er habe keine revolutionären
       Trainingsmethoden bei den südlichen Nachbarn gefunden, fiel ihm als einzige
       Erklärung nur ein: "Es ist wie in ,Asterix bei den Olympischen Spielen'.
       Wenn du keinen Zaubertrank hast, ist es schwer, zu gewinnen. Man hat den
       Eindruck, dass sie wie Obelix in den Topf gefallen sind, die Glückskinder."
       
       Noah wies dann noch auf ein solches Glückskind hin, ein Mitglied des
       spanischen Europameisterteams im Basketball. Bei dem wurden während der EM
       in Litauen zwar erhöhte Testosteronwerte gemessen. Es handle sich aber um
       einen "natürlich erhöhten Wert", erläuterte der spanische Verband. Beim
       dicken Obelix hätten das die Gallier auch gesagt.
       
       ## Dopingring ausgehoben
       
       Dass hinter jedem Hinkelsteinwuchter meist ein Miraculix gehört, bewies
       letzte Woche die spanische Guardia Civil. In ihrer "58. Antidopingrazzia
       seit 2004", wie die Tageszeitung El Pais penibel auflistete, nahm sie 18
       Mitglieder eines Dopingrings in Valencia fest.
       
       Damit erhöhte sich, ebenso nach Zählung von El Pais, die Anzahl der wegen
       Dopingdelikten verhafteten Personen auf 616. Zu dem Kreis der diesmal
       hinter Gitter Gebrachten gehören wenig überraschend mehrere ehemalige
       Radprofis - darunter ein früherer Sieger der Tour de Langkawi und Antonio
       Olmo, ein bereits als Fuentes-Kunde aufgefallener früherer Profi des
       Rennstalls Comunidad Valenciana.
       
       Außerdem wurden ein im Profibereich aktiver Masseur, ein Trainer von
       Comunidad Valenciana sowie Mitarbeiter von drei Krankenhäusern und einem
       Altenheim festgenommen. Sichergestellt wurden große Mengen Epo,
       Wachstumshormon und Testosteron.
       
       ## Leere Pharma-Depots
       
       Die Medikamente wurden hauptsächlich aus den Krankenhäusern sowie dem
       Altenheim, in dem die Beschuldigten tätig waren, entwendet. Schwund in den
       Pharma-Depots hatte die Ermittlungen ausgelöst.
       
       Der Fund von einem guten Kilogramm Kokain sowie ausgedehntere
       Marihuana-Plantagen weisen noch auf den seit Längerem bekannten
       Zusammenhang von Doping- und Drogengeschäft hin. Der italienische
       Anti-Doping-Aktivist Alessandro Donati weist seit mehreren Jahren auf
       konvergierende Strukturen hin.
       
       Kai Gräber von der neu gegründeten Schwerpunktstaatsanwaltschaft Doping in
       München konstatierte: "Die Gewinnspannen im Dopinghandel übersteigen die
       des Drogenhandels."
       
       Die aktuelle "Operacion Master" passt sowohl ins Doping-Drogen-Bild als
       auch ins Szenario spanischer Sporterfolge. Pikant ist, dass die Razzia und
       die begleitende mediale Aufmerksamkeit parallel zum Regierungswechsel
       erfolgten.
       
       ## Finanzloch im Radsport
       
       Sozialistische Politiker suchten die Nähe auch zu umstrittenen Sportstars -
       und erschwerten zuweilen Ermittlungen. Viellicht weht bald ein anderer Wind
       südlich der Pyrenäen.
       
       Im Radsport ist schon jetzt ein Gegentrend zu beobachten. Das italienische
       Magazin Biciclismo hält die vielen Dopingskandale im spanischen Radsport
       für die Ursache einer aktuellen Finanzierungslücke.
       
       Nur vier spanische Profiteams haben für die kommende Saison Lizenzen
       gelöst. Das ist die geringste Anzahl in den letzten zehn Jahren.
       
       Den Höhepunkt mit insgesamt neun Teams gab es in der Saison 2006 - just
       bevor die Enttarnung des Zaubertrankmixers und Blutauffrischers Eufemiano
       Fuentes eine weitere Progression verhinderte. Jetzt müssen nur noch die
       anderen Sportarten entzauber(trank)t werden.
       
       22 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tom Mustroph
       
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