# taz.de -- Balanceakt zwischen Syrien und Iran: Ankaras Angst vor den Fronten
       
       > Nach dem Besuch des US-Vize-Außenministers lehnt die türkische Regierung
       > Sanktionen gegen Iran ab. Zu groß ist die Angst, es sich mit den Nachbarn
       > zu verscherzen.
       
 (IMG) Bild: Der Vize-US-Außenminister Nicolas Burns sprach mit seinem türkischen Kollegen Dovutoglu über die Spannungen.
       
       ISTANBUL taz | Angesichts steigender Spannungen zwischen dem Iran und dem
       Westen wächst in der Türkei die Sorge, bei einem Konflikt zwischen die
       Fronten zu geraten. Während in der Straße von Hormus der Flottenaufmarsch
       von US- und britischen Kriegsschiffen weitergeht und
       US-Verteidigungsminister Panetta eine Sperrung des Seeweges durch den Iran
       als "rote Linie" bezeichnete, deren Überschreiten die USA nicht hinnehmen
       werden, besuchte gestern der Vize-US-Außenminister Nicolas Burns Ankara.
       
       Bei seinem Treffen mit dem türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu ging es
       um die Spannungen in der Region und den vor wenigen Tagen verkündeten
       Beschluß von US-Präsident Barak Obama, die Sanktionen gegen Iran noch
       einmal zu verschärfen.
       
       Nach Informationen aus dem Außenministerium wollen die USA ihre türkischen
       Verbündeten dafür gewinnen, ebenfalls die Sanktionen gegenüber Teheran zu
       verschärfen, was die türkische Regierung aber strikt ablehnt. Die Türkei
       bezieht mehr als ein Drittel ihrer Öl- und Gasexporte aus dem Iran.
       
       Das Handelsvolumen beträgt rund 15 Millarden Dollar jährlich und wird über
       die iranische Zentralbank abgewickelt. Die USA drohen damit, alle
       ausländischen Banken, die mit der iranischen Zentralbank Geschäfte machen,
       vom US-Markt auszuschließen.
       
       ## Zum Embargo-Boykott mit Japan verbündet
       
       Die Türkei hat sich angesichts des US-Drucks mit Japan verbündet, das
       ebenfalls Öl aus dem Iran bezieht und die US-Sanktionen nicht mittragen
       will. Ob das jedoch ausreicht, das Ansinnen aus Washington abzublocken, ist
       unklar.
       
       In Ankara hatte man gehofft, durch eine Zustimmung zum Aufbau eines
       Nato-Anti-Rakentenschildes in der Türkei 2011 genug getan zu haben, um bei
       seiner weiteren Iran Politik unbehelligt zu bleiben. Schließlich hatte Iran
       den Raketenschild massiv kritisiert und mit einem Angriff auf die Türkei
       gedroht.
       
       Mit dem Ziel, diesen Zwist abzumildern, war Davutoglu in der letzten Woche
       nach Teheran gereist. Um dem Dilemma zu entgehen, immer wieder zwischen die
       Fronten zu geraten muss die Türkei alles dafür tun, dass der Konflikt um
       die iranische Atompolitik diplomatisch gelöst wird. Schon einmal waren der
       türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan und sein damaliger
       brasilianischer Amtskollege Lula da Silva vorgeprescht und hatten mit dem
       Iran einen Deal ausgehandelt, demzufolge das Land bereit war, sein
       angereichertes Uran im Ausland zu lagern. Doch die USA wollten nicht
       mitziehen und setzten auf Sanktionen.
       
       ## Für die Türkei wird es allmählich eng
       
       Jetzt will Davutoglu die Gespräche zwischen dem Iran und der "5 plus 1
       -Gruppe", also den Mitgliedern des Sicherheitsrates plus Deutschland,
       wieder in Gang bringen und hat dazu auch die iranische Zustimmung bekommen.
       Man sei bereit, sagte Irans Aussenminister Ali Akbahr Salehi, sich
       möglichst bald wieder zu treffen. Doch Davutoglus Freude war am nächsten
       Tag vorbei. Da kündigte Iran an, man habe an einem neuen, unterirdisch
       gesicherten, Standort, mit der weiteren Anreicherung von Uran begonnen.
       Kompromissbereitschaft sieht anders aus.
       
       Für die Türkei wird es allmählich eng. Die Beziehungen zu Syrien,
       jedenfalls zum syrischen Regime von Präsident Baschar al-Assad, sind auf
       dem Tiefpunkt angelangt, seit Erdogan Assad zum Rücktritt aufgefordert hat.
       Iraks Premier Nuri al Maliki hat die Türkei unlängst barsch aufgefordert,
       sich aus innerirakischen Dingen herauszuhalten. Und das Verhältnis zum Iran
       ist ein täglicher Balanceakt.
       
       Nach den außenpolitischen Erfolgen in den letzten Jahren, droht der Türkei
       eine schwere Krise, die im schlimmsten Fall in der Isalotion enden kann.
       
       9 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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