# taz.de -- Kommentar Wikipedia-Protest gegen SOPA: Für das Recht auf Existenzsicherung
       
       > Wikipedia wird am Mittwoch abgeschaltet. Für einen Tag lang protestiert
       > die Online-Enzyklopädie damit gegen das US-Zensurgesetz SOPA. Zu Recht!
       
 (IMG) Bild: Spenden für Wikipedia: Blick in ein volles Sparschwein.
       
       Die Online-Enzyklopädie Wikipedia bildet eine wichtige Schaltstelle im
       Internet. Hier kommen sie alle zusammen: die Geeks und die
       Bildungsbeflissenen, Schüler und Lehrer, Politiker und ihre Wähler. Jeder
       schlägt auf Wikipedia nach oder liest, was andere in der
       Online-Enzyklopädie abgeschrieben haben. Und das verleiht der Wikipedia
       Macht. Über 400 Millionen Besucher jeden Monat verzeichnet das Angebot, mit
       über 200 Sprachversionen ist es internationaler als jeder Webkonzern.
       
       Wenn die englischsprachige [1][Wikipedia an diesem Mittwoch abgeschaltet
       wird], weiß also die ganze Welt, was [2][SOPA ist und das durch dieses
       US-Gesetz] das Internet in seiner heutigen Form in Gefahr ist.
       
       Darf die Wikipedia so offensiv Politik machen? Eine massive Kampagne gegen
       ein US-Gesetz starten und dabei den sich selbst verliehenen
       Informationsauftrag vergessen – zumindest einen Tag lang? Sollen Menschen
       in Indien, in Australien oder Südafrika auf eine wichtige
       Informationsquelle verzichten, nur weil der Gesetzgeber in den USA sich mit
       der Netz-Community anlegt?
       
       Ja. Denn Wikipedia hat das Recht, seine eigene Existenz zu sichern. Da die
       Organisation Wikimedia US-Gesetzen untersteht, sind Auswüchse wie SOPA
       existenzgefährdend. Auch wenn die Wikipedia selbst wohl nie als
       Piraterie-Seite abgeschaltet würde – die Ausläufer einer so umfassenden und
       unbestimmten Gesetzgebung können jeden treffen. So bekam Wikipedia mit als
       erste die Folgen der Internet-Sperren in Großbritannien zu spüren: weil ein
       Cover der Scorpions aus den 70er Jahren als Kinderpornografie eingestuft
       wurde, war die Mitarbeit in dem Online-Lexikon in ganz Großbritannien für
       Tage unmöglich.
       
       Und doch bleibt die Frage: Wer kann diese Entscheidung treffen? Stolz
       berichtet die Wikimedia Foundation von den 1.800 Wikipedianern, die sich
       auf einer Aktionsseite an der Abstimmung beteiligt hatten. Doch angesichts
       von 400 Millionen Lesern ist das verdammt wenig, auch in Bezug auf 80.000
       aktive Wikipedia-Autoren weltweit. Dass die Unterstützung für den
       SOPA-Protest überragend ist, ist kaum anzuzweifeln, aber selten liegen die
       Dinge so klar wie in diesem Fall.
       
       Wikipedia hat eine gewaltige politische Macht. Wenn sie die in Zukunft
       nutzen will, muss sie sich Gedanken machen, woher sie ihre Legitimität
       bezieht und wie sie die Aufmerksamkeit verteilt. Dass die englischsprachige
       Wikipedia beispielsweise wegen eines bedrohlichen Gesetzesvorhabens in
       Indien abgeschaltet würde, ist unter den derzeitigen Rahmenbedingungen kaum
       vorstellbar.
       
       17 Jan 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Wikipedia-protestiert-gegen-US-Zensurgesetz/!85791/
 (DIR) [2] /Umstrittenes-Zensurgesetz-in-den-USA/!85711/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Torsten Kleinz
       
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