# taz.de -- Top-Solarmanager Schindlbeck im Gespräch: "Das ist der falsche Ansatz"
       
       > Der Solarspartenchef von Wacker Chemie hält wenig von Röslers Vorschlag,
       > die Erneuerbaren neu zu vergüten und fürchtet sich nicht vor Konkurrenz
       > aus China.
       
 (IMG) Bild: Auf dem Gelände der ehemaligen Grube Göttelborn bei Saarbrücken werden Solarmodule montiert.
       
       taz: Herr Schindlbeck, wie wird man unbemerkt zu einem der größten
       Solarunternehmen Deutschlands? Wacker Chemie erwirtschaftet seit ein paar
       Jahren einen Großteil seines Gewinnes mit der Solarindustrie. 
       
       Ewald Schindlbeck: Das ist richtig, trotzdem sind wir in erster Linie ein
       erfolgreiches Chemieunternehmen. Wir produzieren mit Polysilizium einen
       Grundstoff für Solarzellen und damit eine Möglichkeit, Energie zu gewinnen.
       Gleichzeitig benötigen wir als Chemieunternehmen große Mengen an Strom.
       
       Wacker ist doch sicherlich auch von der EEG-Umlage befreit, mit der alle
       Stromkunden die erneuerbaren Energien bezuschussen? 
       
       Unser Solarbereich ist nicht befreit, die Halbleitersparte Siltronic schon.
       
       Finden Sie das gerechtfertigt, auf der einen Seite mit Solartechnik Gewinne
       einzufahren und sich dann von der Förderung befreien zu lassen? 
       
       Das finde ich schon gerechtfertigt, schließlich ist es ein anderer
       Unternehmensbereich mit anderen Kosten- und Wettbewerbsstrukturen. Was ich
       problematisch finde ist diese Sprungfunktion: Ab 14 Prozent
       Stromkostenanteil an der Bruttowertschöpfung bei der Herstellung eines
       Produkts sind Unternehmen auf einmal von der EEG-Umlage befreit. Das sollte
       es ein graduelle Abstufung geben, kein Entweder-Oder.
       
       Es ist ja nicht nur Wacker. Teile der deutschen Industrie sind durch
       Sonderregelungen um 13 Milliarden Euro von den Kosten der Energiewende
       entlastet. Müsste sie nicht mehr zahlen? 
       
       Wir brauchen diese fairen Regelungen speziell für die Industrie. Wenn wir
       20 bis 50 Prozent höhere Energiekosten als im Ausland haben, dann ist das
       im globalen Wettbewerb schädlich. Sonst lohnen sich gewisse Produktionen
       nicht.
       
       Das soll jetzt keine Androhung einer Verlagerung sein. Aber selbst in
       Europa haben Länder wie Norwegen, Frankreich und die Schweiz günstigere
       Strompreise als wir, da müssen wir gar nicht von den USA oder China
       sprechen. Das ist ein wichtiger Faktor, wenn sie eine
       Investitionsentscheidung treffen.
       
       Der FDP-Wirtschaftsminister Philipp Rösler schlägt als Reform einen
       komplette Neuregelung der Förderung erneuerbarer Energien vor. 
       
       Das ist der falsche Ansatz. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, wie wir es
       haben, ist doch bereits im vergangenen Jahr überarbeitet worden, jetzt
       sollte man nicht im Tagesrhythmus neue Vorschläge durchs Dorf treiben. In
       diesem Jahr sinkt die Solarförderung bereits um 30 Prozent, das muss die
       Industrie erst mal verdauen.
       
       Man sollte die Vielfalt und den gut funktionierenden Wettbewerb
       erneuerbarer Energien in Deutschland weiterlaufen lassen. Dann haben wir
       die größte Chancen auf eine erfolgreich Energiewende, weil sich auch
       Stadtwerke und die Bürger beteiligen können.
       
       Es geht um einen Wechsel von zentraler zu dezentraler Energieversorgung.
       All dem wäre ein Riegel vorgeschoben, wenn der Wirtschaftsminister seinen
       Vorschlag einer Quotenregelung für erneuerbare Energien umsetzt. Dann wäre
       es nicht mehr Vielen überlassen, welche Technologie sie einsetzen wollen,
       sondern wieder einigen wenigen Stromkonzernen.
       
       Wie hart würde Sie denn ein Einbruch des deutschen Solarmarktes treffen,
       wenn sich Rösler durchsetzt? 
       
       Wir orientieren uns nicht nur am deutschen Markt. USA, China, Japan,
       Indien, all diese Länder haben ein sehr großes Wachstum. Auch die vielen
       kleinen Länder darf man nicht mehr vernachlässigen. In Summe addiert sich
       eine große Leistung an Solarstrom auf, wir rechnen 2012 mit einem globalen
       Zubau von etwa 30 Gigawatt, ein geringerer Zubau in Deutschland ist dabei
       schon einkalkuliert.
       
       Sehen sie eine Krise der deutschen Solarindustrie wegen der chinesischen
       Konkurrenz? 
       
       Das muss ich energisch verneinen. Wenn Sie in Deutschland ein chinesisches
       Solarmodul verbauen, dann steckt oft Polysilizium von uns drin oder ein
       Wechselrichter der deutschen Firma SMA. Der Handwerker vor Ort macht auch
       sein Geschäft. Da bleiben 70 Prozent der Wertschöpfung in Deutschland
       hängen. Man kann sogar zugespitzt sagen: Wir Deutschen übernehmen die
       Produktionsschritte mit hoher Wertschöpfung und überlassen den Asiaten den
       Rest.
       
       18 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arzt
       
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