# taz.de -- American Football, Super-Bowl: Mielke und die Ballerina
       
       > Super-Bowl-Favorit New England lebt von seinem Trainer-Quarterback-Duo.
       > Der eine bellt humorlos rum, der andere besticht mit seinem Charme.
       
 (IMG) Bild: Bill Belichik könnte ein Wiedergänger des berüchtigten Stasi-Chefs sein.
       
       Die beiden sind schon ein seltsames Paar. Der knurrige Cheftrainer der New
       England Patriots und sein Star-Quarterback. Bill Belichick trägt am
       liebsten graue Kapuzenpullis, schnauzt Reporter an und führt sein Team so
       humorlos wie Erich Mielke früher die Stasi. Tom Brady dagegen scharwenzelt
       im Maßanzug über rote Teppiche, entwaffnet sein Gegenüber mit einem
       strahlenden Zahnpastalächeln und spielt Football mit der Leichtigkeit einer
       Ballerina.
       
       Am Sonntag wollen die beiden den Super Bowl gegen die New York Giants
       gewinnen (0.30 Uhr, Sat.1). Es wäre ihr vierter gemeinsamer Erfolg, damit
       wären sie die erfolgreichste Trainer-Quarterback-Kombination in der
       NFL-Geschichte.
       
       Die Chancen darauf stehen gut, New England gilt als Favorit. So war es
       allerdings auch schon vor vier Jahren, als Patriots und Giants ebenfalls im
       Endspiel standen: New England hatte bis dahin alle Partien gewonnen, aber
       die Giants verdarben die perfekte Saison. Es war die einzige
       Final-Niederlage für Brady und Belichick.
       
       Seit Belichick im Jahr 2000 Cheftrainer der Patriots wurde, hat er aus
       einem mittelmäßigen bis erbärmlichen Team einen dauerhaften Titelfavoriten
       geformt. Und zwar mit durchaus umstrittenen Methoden: Der
       Disziplinfanatiker führt seinen Kader mit solch harter Hand, dass Felix
       Magath wie ein Weichei wirkt.
       
       ## Der größte Kritiker der NFL
       
       2007 wurden die Patriots erwischt, als sie die Taktik eines Konkurrenten
       auszuspionieren versuchten. Und seine Personalpolitik betreibt Belichick
       vollkommen unsentimental: Gnadenlos trennt er sich von verdienten Profis,
       sobald sie ihren Zenit überschritten haben.
       
       Doch Belichicks wichtigstes Werkzeug war immer Tom Brady, der ebenfalls
       2000 nach Boston kam. Und das, obwohl man sich fragt, wie die beiden seit
       nun schon 12 Jahren überhaupt miteinander auskommen. Der 59-jährige
       Belichick ist einer der größten Kritiker der NFL, immer wieder klagt er an,
       wenn der Sport dem Kommerz untergeordnet wird. Sein 35-jähriger Quarterback
       dagegen ist das prominenteste Aushängeschild dieser Entwicklung, der
       Posterboy der Liga.
       
       Belichick verweigert sich, so gut es geht, allen medialen Verpflichtungen.
       Als die NFL mit einer Sportartikelfirma einen Vertrag abschloss, der den
       Trainern vorschrieb, was sie zu tragen haben, warf sich Belichick jahrelang
       zu allen Gelegenheiten in den immer gleichen grauen Kapuzenpulli.
       Pressekonferenzen sind ihm lästige Zeitverschwendung, die er mit möglichst
       nichtssagenden, dafür aber mürrischen Antworten überbrückt.
       
       ## Lieber zum Zahnarzt
       
       Lieber würde er eine Sitzung beim Zahnarzt absolvieren, noch lieber eine
       zusätzliche Trainingsschicht einschieben. Und hier ist er dann noch seinem
       Quarterback sehr ähnlich: Denn hinter der hübschen Fassade, die Tom Brady
       für die Öffentlichkeit und die Werbewirtschaft errichtet hat, verbirgt sich
       ein extrem ehrgeiziger, fanatisch nach Perfektion strebender Sportler, von
       dem Kollegen erzählen, dass er selbst bei Niederlagen in Trainingsspielchen
       regelmäßig Tobsuchtsanfälle bekommt.
       
       Das scheinbar seltsame Paar ist also wie füreinander geschaffen. Brady
       übernimmt die Außenwirkung und wirft nebenbei ein paar Bälle mit
       erstaunlicher Präzision und scheinbarer Leichtigkeit. Der Coach schafft im
       Gegenzug mit eiserner Hand das Umfeld, in dem sein Quarterback erfolgreich
       sein kann.
       
       Am Sonntag wird Bill Belichick wieder in seinem schmuddeligen Kapuzenpulli
       an der Seitenlinie stehen, er wird grimmig dreinschauen und auch dann keine
       Miene verziehen, wenn Tom Brady die gegnerische Abwehr wie von ihm geplant
       auseinander nimmt und dann die Super-Bowl-Trophäe lächelnd in die Höhe
       stemmt.
       
       5 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Winkler
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Tom Brady
       
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