# taz.de -- Antwort auf Rafik Schami: Der syrische Knoten
       
       > Rafik Schami warf „Prominenz-Journalisten“ vor, „Sympathien für Mörder
       > wie Assad“ zu verbreiten. „Prominenz-Journalist“ Jürgen Todenhöfer
       > verteidigt seine Position.
       
 (IMG) Bild: Pro-Assad-Demonstration für Baschar al-Assad in Damaskus.
       
       Wenn ich mich – wie die meisten Menschen – über Syrien ausschließlich
       mithilfe von Youtube-Filmen informieren müsste, würde auch ich sagen:
       „Dieser Diktator, der sein Volk tötet, muss gestürzt werden.“ Und ich würde
       mich möglicherweise wie im Falle des Volksaufstands gegen Gaddafi für
       Waffenlieferungen an die Rebellen aussprechen. Kurz: Ich verstehe jeden
       westlichen Bürger und Zuschauer, der sagt, Assad muss weg. Wenn die
       täglichen Berichte aus Syrien stimmen.
       
       Aber viele der Youtube-Filme sind irreführend oder gefälscht. Nach der
       Münchhausen-Kampagne über die angeblichen Massenvernichtungswaffen des Irak
       erleben wir auch zu Syrien eine gigantische Desinformationskampagne. So
       wurde am 17. Mai 2011 im deutschen Fernsehen ein Filmbericht aus dem Irak
       als syrischer Gräuelfilm verkauft. Im Frühjahr wurde im australischen
       Fernsehen ein Film aus dem Libanon von 2008 als Syrienreportage
       ausgestrahlt. Der Lieferant, die Nachrichtenagentur Reuters, musste sich
       entschuldigen.
       
       In den viereinhalb Wochen, die ich im Juni und November in den Hochburgen
       der syrischen Revolution verbracht habe, musste ich feststellen, dass über
       die Hälfte der Medienberichte, die ich überprüfte, falsch waren. Zwei
       harmlose und zwei weniger harmlose Beispiele:
       
       Im November wurde nach westlichen Medienberichten das Hauptquartier der
       Baath-Partei in Damaskus durch Granatbeschuss „mutiger Rebellen“ schwer
       beschädigt. Meine Überprüfung vor Ort ergab jedoch, dass eine „Lärmbombe“,
       die aus einem Auto auf das Gebäude geworfen worden war, zwei Glasscheiben
       zersplittert hatte.
       
       Wenig später meldete die Weltpresse, das syrische Regime habe alle iPhones
       verboten. Ein Syrer, den ich telefonisch nach dem Wahrheitsgehalt dieser
       Nachricht fragte, antwortete genervt, wenn die Meldung wahr wäre, müsste er
       nicht ständig törichte Anfragen auf seinem iPhone beantworten.
       
       An einem Tag im November, an dem al-Dschasira aus Homs die Tötung von fünf
       Zivilisten meldete, war ich in der Rebellenhochburg. Nach Angaben des
       Zentralkrankenhauses, das ich sofort aufsuchte, und nach intensiven
       Recherchen meiner Freunde aus Homs stellte sich heraus, dass es an diesem
       Tag weder Tote noch Verletzte, ja nicht einmal Kämpfe gegeben hatte. Am
       folgenden Tag gab es auch keine Trauerfeiern.
       
       ## Rebellen töten Alawiten
       
       Kurz darauf wurde in der Nähe von Homs ein Kleinbus mit dreizehn Alawiten
       von Rebellen gestoppt. Sie wurden einzeln durch Kopfschuss hingerichtet.
       Nur einer überlebte und konnte den Angriff schildern. Da die Rebellen die
       getöteten Alawiten sorgfältig gefilmt hatten, konnte man das Massaker am
       Abend im Fernsehen sehen – aber als Mordtat nicht der Rebellen, sondern der
       Assad-Truppen.
       
       Eine derart gezielte Irreführung habe ich in den letzten Jahrzehnten auf
       meinen Reisen in die arabische Welt noch nie erlebt. Die Wahrheit ist im
       syrischen Krieg gründlich massakriert worden.
       
       Dr. Ali Haidar ist Führer der innersyrischen Oppositionspartei SSNP. Er ist
       Augenarzt. Die gemäßigte Partei existiert seit 1932. Da sie in den letzten
       Jahren wegen des Monopols der Baath-Partei offiziell nicht zugelassen war,
       waren viele ihrer Aktionen vor allem bei Demonstrationen illegal. Einige
       Parteimitglieder wurden dafür mit Haft bestraft, manche sitzen noch heute.
       Bei der kürzlichen Volksabstimmung über die neue syrische Verfassung
       stimmte Haidars Partei zum Verdruss Assads wegen einzelner Bedenken mit
       Nein, obwohl sie die Verfassung im Kern für einen wichtigen Schritt in
       Richtung Demokratie hält.
       
       Haidar erklärte mir, er verstehe nicht, dass sich die westlichen Medien so
       leicht von den Rebellen und von al-Dschasira manipulieren ließen. Die
       Realität in Syrien sehe ganz anders aus. Die Desinformation ähnele immer
       mehr der vor dem Irakkrieg. Seine wichtigsten Aussagen:
       
       1. Viele der auf al-Dschasira gezeigten Massaker an syrischen Zivilisten
       seien nicht von Regierungstruppen, sondern von bewaffneten Rebellen
       begangen worden. Diese töteten mehr Zivilisten als die Sicherheitskräfte.
       Vor allem Alawiten und Christen, aber auch Sunniten wie den Sohn des
       syrischen Großmuftis.
       
       2. Schon im eigenen Interesse kämpften die staatlichen Sicherheitskräfte
       nicht gezielt gegen Zivilisten. Assad habe hierzu – nach schlimmen Fehlern
       einiger Kommandeure in der Anfangsphase der Aufstände – klare Befehle
       erlassen. Diese würden aber nicht immer eingehalten. Das sei inakzeptabel.
       Assads klares Ziel sei es jedoch, sich als Garant der Sicherheit der
       Bevölkerung zu profilieren. Mehr als die Hälfte der Syrer stehe hinter ihm.
       Angriffe auf Zivilisten seien daher kontraproduktiv. Das unterscheide
       Syrien fundamental von Tunesien, Ägypten und Libyen, wo das ganze Volk die
       Aufständischen unterstützt habe. Wer wie der Westen die Stärke der
       Anhängerschaft Assads unterschätze, komme über Syrien automatisch zu
       falschen Urteilen.
       
       3. Die staatlichen Sicherheitskräfte lieferten sich jedoch gnadenlose
       Gefechte mit bewaffneten Rebellen. Dabei gingen beide Seiten brutal vor. Da
       gebe es nichts zu beschönigen. Allerdings schaue kein Staat der Welt
       tatenlos zu, wenn Bewaffnete täglich Dutzende Soldaten und Polizisten
       töteten. Die im Kampf getöteten Rebellen würden im arabischen und
       westlichen Fernsehen meist wahrheitswidrig als getötete Zivilisten
       präsentiert.
       
       ## Die Realität sieht anders aus
       
       So weit Ali Haidar. Was ist Dichtung, was ist Wahrheit? Nach meiner
       Einschätzung sehen die Realitäten jedenfalls anders aus als das, was die
       Rebellen den Medien täglich zuspielen. Eine besondere Rolle spielt dabei
       eine abenteuerliche „Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ in
       Coventry, nördlich von London. Sie besteht aus einer Person namens Rami
       Abdulrahman alias Osama Ali Suleiman und einer ehrenamtlichen Helferin.
       Osama betreibt wenige Meter entfernt vom Bekleidungsladen seiner Frau eine
       winzige, äußerst wirksame Desinformationszentrale.
       
       Bekannte exilsyrische Menschenrechtsorganisationen, die ebenfalls gegen das
       Assad-Regime in Damaskus kämpfen, distanzieren sich inzwischen öffentlich
       von dieser „Beobachtungsstelle“. Sie sagen, Osama verbreite „erfundene
       Zahlen“ und „unwahre Geschichten“.
       
       In der Tat hat Osama Ali Suleiman spektakuläre Falschmeldungen zu
       verantworten. So spielte er CNN am 7. August 2011 die Meldung zu, syrische
       Sicherheitskräfte hätten in einem Krankenhaus in Hama den Strom der
       Brutkästen abgestellt. Acht Babys hätten diese Barbarei mit dem Leben
       bezahlt. Ein Aufschrei ging durch die Welt. Doch die Meldung, von CNN
       ungeprüft verbreitet, war falsch. Das zum Beweis veröffentlichte Foto mit
       den acht angeblich ermordeten Frühgeborenen stammte aus Ägypten. Und die
       vermeintlich ermordeten Babys waren nicht tot, sondern quietschlebendig.
       
       ## Syrischer Exil-Pinocchio
       
       Diesem syrischen Exil-Pinocchio liegen die UNO, die EU und fast die gesamte
       westliche Medienwelt zu Füßen. Sie stützen sich auch weitgehend auf die von
       ihm verbreiteten Opferzahlen, in denen er Zivilisten, bewaffnete Rebellen
       und manchmal sogar Sicherheitskräfte gnadenlos in einen Topf wirft.
       
       Vor allem vor politisch wichtigen Ereignissen schlägt Osama hemmungslos zu.
       Am 3. Februar, dem Vorabend einer Abstimmung im Weltsicherheitsrat,
       informierte er die Weltpresse über ein Massaker in Homs mit 217 Toten. Der
       oppositionelle „Syrische Nationalrat“ erhöhte die Opferzahl vom sicheren
       Ausland aus auf 260, bevor die „Lokalen Koordinationskomitees“ (LCC) am
       nächsten Tag einräumten, die wirkliche Zahl liege bei 55.
       
       Auch 55 Todesopfer sind schrecklich. Die Zahl steht für 55 tragische
       Schicksale. Aber die Übertreibung ist zynisch. In der syrischen Tragödie
       braucht man nicht zu übertreiben.
       
       Selten hat ein einzelner Mann die Medien so erfolgreich manipuliert wie
       Rami Abdulrahman. Vielleicht mit Ausnahme jenes Exilirakers „Curveball“,
       der vor dem Irakkrieg behauptete, er könne beweisen, dass Saddam Hussein
       Biowaffen besitze.
       
       Auf dieser brüchigen Informationsbasis diskutiert der Westen die Ereignisse
       in Syrien – und kommt logischerweise ständig zu falschen Schlüssen. Anders
       als uns täglich eingehämmert wird, findet in Syrien kein klassischer
       Volksaufstand statt wie in Tunesien, Ägypten und Libyen, sondern eine
       komplizierte bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzung zwischen Gegnern und
       Anhängern Assads, bei der die USA, Katar und Saudi-Arabien kräftig
       mitmischen. Dieser blutige Konflikt ist nicht etwa harmloser, sondern
       schlimmer als jeder klassische Volksaufstand.
       
       ## Gut und Böse passt nicht
       
       Mit Schwarz-Weiß-Kategorien und der Unterteilung in Gut und Böse lässt er
       sich längst nicht mehr erfassen. Selbst der Abschlussbericht der
       Beobachterkommission der Arabischen Liga verzichtet inzwischen auf plumpe
       Vereinfachungen. Er berichtet nicht nur über Verfehlungen der staatlichen
       Sicherheitskräfte, für die Baschar al-Assad selbstverständlich die
       politische Verantwortung trägt. Er weist auch auf schwere Gewaltakte der
       bewaffneten Rebellen gegen Zivilisten hin. Beispielhaft schildert er die
       Bombardierung eines zivilen Busses durch Rebellen, bei der acht Personen
       getötet und Frauen und Kinder verletzt wurden. Scharf kritisiert er auch
       die Übertreibung der Opferzahlen.
       
       Ich habe mir mein Urteil über Syrien nicht leicht gemacht. Trotz der
       Warnung westlicher Diplomaten, man werde uns in Homs und Hama Nasen und
       Ohren abschneiden, bin ich in die Hochburgen der Revolution gefahren. In
       Homs wurde ich von Rebellen beschossen, in Damaskus und Daraa festgenommen.
       Mit beiden Konfliktparteien habe ich unzählige Gespräche geführt, auf
       beiden Seiten sympathische Menschen kennengelernt. Am vergangenen
       Wochenende habe ich in einer europäischen Hauptstadt stundenlang mit
       Vertretern der syrischen Exilopposition diskutiert.
       
       Trotzdem weiß ich, dass ich über Syrien vieles noch nicht weiß. Aber ich
       empfehle jedem, der diesem Land wirklich helfen will, als Erstes seinen
       Allerwertesten in Bewegung zu setzen und sich vor Ort ein Bild zu
       verschaffen. Wohlfeile Ratschläge westlicher Sofastrategen sind das Letzte,
       was Syrien und die Syrer jetzt brauchen.
       
       Der syrische Knoten lässt sich nicht mit einseitigen Verurteilungen,
       Sanktionen oder Waffenlieferungen lösen. Und schon gar nicht mit
       militärischen Interventionen wie in Afghanistan, Irak oder Libyen. Sie
       würden den gesamten Mittleren Osten destabilisieren. Sie wären auch für uns
       lebensgefährlich. Unsere Politiker spielen in der Syrien- und Irankrise ein
       unverantwortlich riskantes Spiel, das sehr schnell auch unsere eigene
       Sicherheit gefährden kann.
       
       Ich glaube, dass jene innersyrischen Oppositionspolitiker recht haben, die
       einen sofortigen Waffenstillstand fordern – und einen fairen Dialog. Sie
       verlangen, dass das grauenvolle Töten sofort beendet wird – und zwar von
       beiden Seiten. Niemand darf von diesem Dialog ausgeschlossen werden. Weder
       die Opposition im Ausland – auch wenn sie vor Ort nicht viel zu sagen hat –
       noch die syrischen Rebellen im Inland. Nur wenn niemand ausgegrenzt wird,
       kann es in dem gespaltenen Land eine echte Aussöhnung geben.
       
       ## Eine scheinheilige Welt
       
       Willy Brandt war sich nie zu schade, mit Diktatoren zu verhandeln. Menschen
       waren ihm wichtiger als hohle Worte. Man muss bereit sein, mit den
       Mächtigen zu verhandeln, um den Ohnmächtigen zu helfen. Die Aussage
       westlicher Politiker, mit einem „Schlächter“, der 8.000 Menschen auf dem
       Gewissen habe, dürfe man nicht sprechen, ist ein Paradebeispiel doppelter
       Moral. Friedensnobelpreisträger Barack Obama hat in seiner kurzen Amtszeit
       fast 9.000 afghanische und pakistanische Zivilisten auf dem Gewissen, auch
       Frauen und Kinder. George W. Bush hat im Irak den Tod von Hunderttausenden
       unschuldigen Menschen zu verantworten. Was eine scheinheilige,
       pharisäerhafte Welt.
       
       Ziel eines Dialogs muss der friedliche Übergang zur rechtsstaatlichen
       Demokratie sein. Das fordern nicht nur die Gegner Assads, sondern auch
       seine Anhänger. Auch das wird im Westen übersehen. Verhandlungen sind oft
       mühsam und schwierig. Aber sie sind besser als Kriege. Vor allem als
       Bürgerkriege, in denen Freunde und Brüder gegeneinander kämpfen.
       Bürgerkriege sind eine Geißel der Menschheit.
       
       Im amerikanischen Bürgerkrieg starben 618.000 Amerikaner. Mehr als in
       beiden Weltkriegen zusammen. Der Bürgerkrieg war die größte Tragödie der
       Vereinigten Staaten. Für dieses Desaster, bei dem die Regierungstruppen
       ebenfalls „das eigene Volk töteten“, verantwortlich war als Präsident
       Abraham Lincoln.
       
       Kriege und Bürgerkriege sind nur schön für die, die sie nicht kennen. Für
       Sofastrategen, die frei nach Goethe in der warmen Stube sitzen und
       Kriegslieder singen. Die Mehrheit der Syrer will den drohenden Bürgerkrieg,
       der Hunderttausende das Leben kosten könnte, verhindern. Sie will nicht,
       dass ihr Land wie der Irak im Chaos versinkt. Sie kotzt über
       Ferndiagnostiker und Sesselfurzer im sicheren Westen, die ihr raten, diese
       militärische Auseinandersetzung bis zum bitteren Ende durchzufechten.
       
       ## Demokratie mit Assad
       
       Diese schweigende syrische Mehrheit ist der Auffassung, dass eine
       friedliche Einführung der Demokratie nur zusammen mit Assad möglich ist –
       ob das dem Westen gefällt oder nicht. Auch ich war darüber zuerst völlig
       erstaunt. Aber selbst syrische Oppositionspolitiker, die teilweise über
       zehn Jahre in den Kerkern des Vaters von Bashar al-Assad verbringen
       mussten, plädierten mir gegenüber vehement für diesen Weg. So etwa der
       marxistische Oppositionspolitiker und Internist Abdul Azeez al-Khayyer. Wer
       diese Menschen verhöhnt, disqualifiziert sich selbst.
       
       Die Meinung von Syrern, die die syrische Tragödie jeden Tag am eigenen
       Leibe erleben, ist wichtiger als die Meinung westlicher Kriegs- und
       Chaosstrategen. Die haben mit ihren gescheiterten Kriegsstrategien in
       Afghanistan und im Irak schon zu viel Unheil angerichtet. Ihnen geht es in
       Syrien auch nicht um Demokratie und Menschenrechte. Sonst müssten sie auch
       die Demokratie in Saudi-Arabien unterstützen, wo noch immer öffentlich
       enthauptet, gesteinigt und ausgepeitscht wird.
       
       Den Chaosstrategen des Westens geht es in erster Linie um die Schwächung
       des Iran, der ihnen durch den törichten Irakkrieg zu mächtig geworden ist.
       Mit Assad soll ein wichtiger Verbündeter des Iran weggeräumt werden. Das
       ist des Pudels Kern und sonst gar nichts. Solange Assad mit Iran verbündet
       bleibt, wird der Westen seinen Sturz betreiben. Selbst dann, wenn er in
       Syrien eine perfekte Westminster-Demokratie einführen würde.
       
       Das ist auch der Grund, warum der Westen auf demokratische Schritte Assads,
       die dieser mühsam gegen die alten Kader durchgesetzt hat, so wütend
       protestiert. Der Westen hätte in Syrien lieber extremistische Freunde als
       demokratische Gegner.
       
       ## Lebenslüge des Westens
       
       Es ist die große Lebenslüge des Westens, dass er behauptet, er kämpfe im
       Mittleren Osten um Demokratie und Menschenrechte. In Wirklichkeit kämpft
       der Westen einzig für seine Interessen. Weil er das nicht zugeben will,
       verheddert er sich in unauflösbare Widersprüche. Etwa wenn er autokratische
       Staaten wie Syrien dämonisiert, Autokratien wie Saudi-Arabien, Bahrain und
       Katar aber als „Stabilitätsanker“ heroisiert. Der Westen stand und steht in
       der arabischen Welt nie wirklich an der Seite der Demokraten. Auch nicht in
       Syrien.
       
       Trotzdem sind Diktaturen Auslaufmodelle. Die Demokratie wird sich
       mittelfristig in allen arabischen Staaten durchsetzen. Darauf habe auch ich
       jahrzehntelang gehofft. Diktatoren und Gewaltherrscher waren nie meine
       Freunde. Die Frage ist nur, ob auf dem Weg zur Demokratie Hunderttausende
       sterben müssen. Meine Antwort darauf lautet: Verhandlungen sind besser. Und
       möglich.
       
       In Sure 5, Vers 32 des Koran heißt es: „Wenn jemand einem Menschen das
       Leben erhält, so sei es, als habe er der ganzen Menschheit das Leben
       erhalten.“ Das sollte unter Anliegen sein. Egal ob es sich um unschuldige
       Zivilisten, Anti- oder Pro-Assad-Demonstranten, um Rebellen oder um
       Soldaten handelt.
       
       Den Westen aber interessieren die Menschen in Syrien nicht wirklich. So wie
       ihn die Menschen im Irak nie interessiert haben. Öl und das Machtspiel im
       Mittleren Osten sind ihm wichtiger. Die bundesdeutsche Politik aber
       marschiert weiter im Gleichschritt mit. Seit 9/11 ist es schwer geworden,
       sich in unserem Land für friedliche Lösungen einzusetzen.
       
       Deutschland, du hast dich verändert!
       
       20 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Todenhöfer
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Syrische Opposition: Aufstand sucht Anführer
       
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       an Zusammenhalt. Doch langsam wächst eine neue Führung heran.
       
 (DIR) Syrische Opposition: Suche nach einer Stimme
       
       In Istanbul kommen Vertreter der syrischen Opposition zusammen, um das
       Treffen der Kontaktgruppe vorzubereiten und Streit beizulegen. Die Türkei
       schließt ihre Botschaft in Damaskus.
       
 (DIR) Gewalt in Syrien: Opposition lehnt UN-Erklärung ab
       
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       nahm die Stadt Hama ein.
       
 (DIR) KOMMENTAR SYRIEN: Hoffnung für Syrien
       
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       verbindliche Resolution. Doch immerhin erhöht sie den Druck auf das Regime.
       
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 (DIR) Netzaktivisten und syrischer Widerstand: Revolte aus dem Hinterhof
       
       Vor einem Jahr begann der Aufstand in Syrien. Die Aktivisten von „Adopt a
       Revolution“ in Berlin unterstützen ihn – mit Informationen und Geld.
       
 (DIR) Bürgerkrieg in Syrien: Bizarres vom Assad-Clan
       
       Tausende von geleakten Mails des syrischen Präsidentenpaares offenbaren die
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 (DIR) Flucht aus Syrien: „Der Schmerz ist einfach zu groß“
       
       Die Geschichte einer Studentin aus der Universitätsstadt Aleppo, die
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       Kouki nicht sicher.
       
 (DIR) Kommentar Syrien: Assads Gewalt, Syriens Hoffnung
       
       Syriens Bevölkerung ist besser für die Demokratie vorbereitet als vor einem
       Jahr. Die Frage ist, ob die zivile Entwicklung mit der Militarisierung des
       Konflikts Schritt halten kann.
       
 (DIR) „Prominenz-Journalisten“ und Syrien: „Verblendung gepaart mit Eitelkeit“
       
       Jürgen Todenhöfer und Peter Scholl-Latour schreiben freundlich über Syriens
       Herrscher Assad und geben sich als Aufklärer. Rafik Schami macht das
       wütend. Ein Selbstgespräch.