# taz.de -- NSU-Untersuchungsausschuss tagt: Wie der Untergrund entstand
       
       > Während die Innenminister über ein NPD-Verbot beraten, erklären Experten
       > im NSU-Untersuchungsausschuss, wie sich die Neonaziszene radikalisiert
       > hat.
       
 (IMG) Bild: Auch eine Form der Aufarbeitung der NSU-Morde: Rosen für eines der Opfer in Hamburg-Bahrenfeld.
       
       BERLIN taz | Es war eine Art Volkshochschulkurs für die Mitglieder des
       Neonaziterror-Untersuchungsausschusses. Drei Experten erklärten den
       Abgeordneten am Donnerstag im Sitzungssaal 4.900 im Paul-Löbe-Haus, wie
       sich die rechtsextreme Szene in Ostdeutschland nach der Wende radikalisiert
       hat.
       
       Jene Szene also, aus der die drei Rechtsterroristen Uwe Mundlos, Uwe
       Böhnhardt und Beate Zschäpe stammen. Am späten Nachmittag trafen sich dann
       die Innenminister von Bund und Ländern, um den weiteren Weg zu einem
       möglichen NPD-Verbot abzustecken.
       
       Der Berliner Rechtsextremismusforscher Richard Stöss skizzierte im
       Untersuchungsausschuss zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), dass
       der Anteil der gewaltbereiten und fundamental gegen das System gerichteten
       Rechtsextremen seit Beginn der 90er Jahre zugenommen habe. Die NPD habe
       sich von 1996 an zu einer „überwiegend neonazistischen, systemfeindlichen,
       in ideologischer und praktischer Hinsicht außerordentlich aggressiv
       auftretenden Partei“ entwickelt, so Stöss.
       
       Sein Kollege von der Freien Universität Berlin, Klaus Schroeder, erinnerte
       an die Angriffe auf Migranten in Rostock-Lichtenhagen und Hoyerswerda
       Anfang der 90er Jahre. Im Rückblick seien Polizei und Justiz viel zu milde
       mit den Gewalttätern umgegangen, so dass „sich das gewaltbereite
       rechtsextreme Milieu ausbreiten und verfestigen konnte“.
       
       ## "Blood & Honour" hat entscheidende Rolle
       
       Welche militanten Strukturen danach entstanden sind, berichtete im
       Untersuchungsausschuss die Fachjournalistin Andrea Röpke, die seit 1994 in
       der rechtsextremen Szene recherchiert und immer wieder auch für die taz
       schreibt. Eine zentrale Rolle spielt in ihren Augen das sogenannte „Blood &
       Honour“-Netzwerk (B & H), dessen deutscher Ableger im Jahr 2000 offiziell
       verboten wurde.
       
       In diesen Zirkeln habe es früh Debatten um „zellenartige
       Widerstandsgruppen“ gegeben, die „aus dem Verborgenen heraus“ operieren
       sollen. Schon vor dem Abtauchen habe es Kontakte des späteren NSU-Trios zu
       B & H gegeben. Mehrere Personen aus dem Netzwerk verdächtigen die Ermittler
       heute, dem NSU im Untergrund geholfen zu haben. Die Rechtsterroristen
       hätten sich „als Speerspitze dieser Bewegung gesehen“, glaubt Röpke.
       
       In den kommenden Tagen und Wochen trudeln nun die ersten Akten beim
       Untersuchungsausschuss ein, so dass dieser in die heiße Phase gehen kann.
       Von bis zu 23.000 Ordnern an Dokumenten, die in Frage kommen, ist hinter
       den Kulissen die Rede. Nach Ostern sollen den Abgeordneten dann die ersten
       Zeugen aus den Sicherheitsbehörden Rede und Antwort stehen, wie der
       Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD) ankündigte.
       
       Die Innenminister wollen die Ergebnisse ihrer Sonderkonferenz erst am
       Donnerstagabend verkünden. Erwartet wird, dass sie nun die V-Leute in der
       NPD-Führungsebene abschalten. Eine definitive Entscheidung für oder gegen
       ein Verbot soll erst Ende 2012, Anfang 2013 fallen.
       
       22 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolf Schmidt
       
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