# taz.de -- Umweltrechtlerin über Lärmproteste: „Der Fluglärm wird geschützt“
       
       > Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet am Mittwoch über das
       > Nachtflugverbot. Die Umweltrechtlerin Pascale Cancik über bessergestellte
       > Protestierende und Lärmschutzzonen.
       
 (IMG) Bild: Sieht romantisch aus, ist aber furchtbar laut.
       
       taz: Frau Cancik, sind Fluglärmgegner die neuen Wutbürger? 
       
       Pascale Cancik: Die Bezeichnung Wutbürger finde ich zu diffamierend. Aber
       ja, neben dem eigentlichen Anliegen – Angst um Nachtschlaf, Gesundheit und
       Immobilienwerte – äußert sich oft auch Wut über das Verfahren.
       
       So versprach die hessische Landesregierung in der Mediation zur neuen
       Frankfurter Landebahn ein Nachtflugverbot, das sie später aber nicht
       umsetzte. Und in Berlin wurden von der Flugsicherung Flugrouten festgelegt,
       die die Bürger nach der vorhergehenden Planfeststellung nicht erwartet
       hatten. Fluglärm betrifft so Gebiete, deren Einwohner davon völlig
       überrascht scheinen.
       
       Wird der Fluglärm noch zu einer Massenbewegung führen? 
       
       Wer nur für Ruhe im eigenen Stadtviertel kämpft und die Jets lieber über
       andere Viertel dröhnen sieht, wird eine kleine Interessengruppe bleiben.
       Anders ist es, wenn Maßnahmen gefordert werden, die allen
       Flughafenanwohnern nutzen, etwa Nachtflugverbote. Der generelle Kampf gegen
       Fluglärm und Flugverkehr könnte zwar theoretisch zur Massenbewegung werden,
       da aber viele Fluglärmkritiker selbst gerne fliegen, ist das eher
       unwahrscheinlich.
       
       Von Fluglärm hört man immerhin viel mehr als von den
       Straßenlärmbetroffenen. 
       
       Das hat wohl soziale Ursachen. An Durchgangsstraßen bleiben nur die wohnen,
       die sich den Wegzug nicht leisten können. Dagegen leiden unter Fluglärm
       auch Villenbewohner, die Einfluss haben und sich medial geschickt
       artikulieren. Fluglärm ist insofern „demokratischer“, als er auch
       Bessergestellte betrifft.
       
       Auch Kommunen engagieren sich gegen Fluglärm. 
       
       Früher stand für flugplatznahe Kommunen das Interesse an Arbeitsplätzen und
       Industrieansiedlungen im Vordergrund. Jetzt merken sie aber zunehmend, wie
       ein Flughafen ihre Planungshoheit beschränkt, weil in Fluglärmschutzzonen
       vieles nicht gebaut werden darf.
       
       Warum? 
       
       Damit wird verhindert, dass potenzielle Betroffene dem Flughafen zu nahe
       kommen. In der Fluglärmschutzzone wird gleichsam der Fluglärm vor dem
       Menschen geschützt, so wie im Naturschutzgebiet die Natur.
       
       Seltsames Gesetz, dieses Fluglärmgesetz. 
       
       Es ist ein umstrittenes Umweltgesetz, unter anderem weil es keine Regeln
       für Betriebseinschränkungen wie Nachtflugverbote vorsieht. Auch das hierfür
       zentrale Luftverkehrsgesetz gewichtet Lärmschutz sehr zurückhaltend.
       
       Um den Schutz der Bürger müssen sich Behörden und Gerichte damit ohne klare
       Vorgaben des Gesetzgebers kümmern – so wie jetzt das
       Bundesverwaltungsgericht bei den Klagen gegen die neue Frankfurter
       Landebahn.
       
       4 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
 (DIR) Christian Rath
       
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