# taz.de -- Kommentar Fluglärm: Gefahr aus Brüssel
       
       > Das Bundesverwaltungsgericht hat bestätigt, was längst vereinbart war:
       > absolute Nachtruhe am Frankfurter Flughafen. Doch schon droht neues
       > Unheil.
       
 (IMG) Bild: Hessens Finanzminister, Thomas Schäfer (CDU) lobt seinen Airport als „beeindruckendes Zeugnis für den wirtschaftlichen Aufschwung“.
       
       Da ist es, das Beruhigungszuckerl für die Anwohner: Am Mittwoch hat das
       Bundesverwaltungsgericht in letzter Instanz für die Flughafenregion
       Rhein-Main eine Nachtruhe mit null Flügen zwischen 23 und 5 Uhr verhängt.
       
       Damit bestätigten die Leipziger Richter zum einen eine Eilfügung der
       Kasseler Verwaltungsrichter, die im letzen Jahr – zehn Tage vor Eröffnung
       der neuen Nordwest-Landebahn – den Betreiber Fraport zu einem
       Nachtflugverbot verdonnert hatte. Zum anderen hat das Gericht aber auch den
       Flughafen-Ausbau für prinzipiell rechtmäßig erklärt.
       
       Allerdings muss nachgebessert werden. Wegen der nachträglich in den
       Planfeststellungsbeschluss – das Genehmigungspapier für den Ausbau –
       hineingeschusterten 17 Nachtflüge. Dabei stand die absolute Nachtruhe
       eigentlich bereits schon: Sie war das einzige Zugeständnis, das dem
       Flughafenbetreiber in einem zermürbenden Mediationsverfahren abgerungen
       werden konnte. Der Deal war 2007 der letzte Punkt auf der Strecke zum
       Ausbau.
       
       Ausbaugegner, die an Recht und Anstand glaubten, wurden zum Etikett des
       guten Willens von Wirtschaft und Politik. Am Ende waren sie die Deppen, die
       mit „harmlosen“ 17 Nachtflügen über den Mediationstisch gezogen wurden.
       Wachstum, Arbeitsplätze, Motor der Region – so lautet seitdem ein Mantra
       von Luftwirtschaft und Spitzenpolitik. Schadstoffausstoß? Erholung? Alles
       zweitrangig, wenn „Kapazitätsgrenzen“ erreicht sind. Das
       Mediationsverfahren hat die Region still gehalten. Proteste wie an der
       Startbahn West Anfang der 1980er Jahre wollte niemand. Und doch gab es
       Demos.
       
       Vor zehn Jahren kamen bis zu 10.000 nach Wiesbaden, dann immer weniger. Die
       Zermürbungstaktik wirkte und man konnte auf der Straße hören: Wie? Gegen
       die neue Landebahn? Ist die nicht schon gebaut? Als sie es war, sind dann
       alle aus dem Bett gefallen. Trotz Nachtflugverbot. Und auf dem Balkon
       sitzen macht auch keinen Spaß mehr. Jetzt gehen sie wieder zu Tausenden auf
       die Straße und rufen „Die Bahn muss weg!“
       
       Das hat die hessischen Politiker und Luftverkehrschefs dann doch
       überrascht. Die neuen Proteste mögen das Zünglein an der richterlichen
       Waage gewesen sein. Anders hätten die Leipziger Richter gar nicht
       entscheiden dürfen – sonst wäre hier in der Region die Hölle losgebrochen.
       Der nächste Ruf der Montagsdemonstranten im Terminal wird lauten: „Bouffier
       muss weg!“ Nächstes Jahr sind Wahlen und bis dahin hält der hessische
       Ministerpräsident Volker Bouffier den Ball flach.
       
       Aber Hessen ist nur Nebenschauplatz. Die Flughafenausbaugegner dagegen
       sollten sich dringend neu organisieren. Denn die Bundesregierung hat zwar
       angeblich auch schon ein neues Luftverkehrsgesetz nach den Vorschlägen der
       Hessen in der Pipeline. Doch der größte Rundumschlag naht aus Brüssel und
       er läuft bisher noch unterhalb des öffentlichen Radars: Die
       EU-Verkehrskommission hat vor ein paar Wochen das „EU-Flughafenpaket“
       vorgestellt – eine der Maßnahmen darin heißt „Harmonisierung“ der
       „lärmbedingten Betriebsbeschränkungen“.
       
       Wenn das Paket umgesetzt wird, könnten Nachtflugverbote von Straßburger
       Richtern ohne Einspruchsmöglichkeit verboten werden.
       
       4 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sylvia Meise
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Flughafen
       
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