# taz.de -- Kommentar Tuareg: Kein Staat, aber ein wichtiges Symbol
       
       > Der von den Tuaregrebellen im Norden Malis ausgerufene Staat Azawad hat
       > keine Verfassung, keine Regierung, keine Struktur. Es geht um
       > Selbstverwaltung.
       
       Ein Traum wird wahr: Der Staat namens Azawad, Heimat der Tuaregnomaden tief
       in den Weiten der Saharawüste, erblickt das Licht der Welt. Die am 6. April
       veröffentlichte Unabhängigkeitserklärung der Rebellenbewegung der Tuareg
       MNLA (Nationalbewegung zur Befreiung von Azawad) folgt auf einen
       fulminanten Vormarsch der Aufständischen, die erst am vergangenen
       Wochenende die drei großen Städte des malischen Nordens unter ihre
       Kontrolle brachten.
       
       Selten hat eine Guerillabewegung so schnell und so klar gesiegt. Jedenfalls
       sieht es auf den ersten Blick so aus. Bei näherem Hinsehen aber löst sich
       Azawad ebenso in Luft auf wie eine Fata Morgana im Flimmern der Wüste.
       Diese Unabhängigkeitserklärung ist bestenfalls eine Absichtserklärung. Es
       gibt darüber keinerlei politische Vereinbarung mit Mali noch überhaupt
       Einigkeit innerhalb des Tuareglagers.
       
       Azawad hat keine Verfassung, keine Regierung, keine Struktur. Die MNLA ist
       auf rein symbolischer Ebene vorgeprescht, wohl vor allem um den Islamisten
       der Ansar Eddine Wind aus den Segeln zu nehmen. Diese Gruppierung bietet im
       Schatten der MNLA-Vorstöße in Malis Norden der Führung von al-Qaida im
       Islamischen Maghreb (AQMI) Aufenthalt.
       
       Die Tuaregrebellen wollen nicht in die Nähe des fundamentalistischen Islams
       oder des islamistischen Terrorismus gerückt werden. Sie wollen mit ihrer
       Unabhängigkeitserklärung klarmachen, worum es ihnen geht: Selbstverwaltung.
       Sie tun das im Kontext eines komplett zerfallenen Staates – das neue Mali
       muss die alte Zentralstaatlichkeit reformieren.
       
       Es wäre falsch, Azawad jetzt als Staat anzuerkennen, aber es wäre ebenso
       falsch, Azawad jetzt als Terrorschlupfloch zu verteufeln. Es ist ein
       Ausruf, der Gehör sucht. Die beteiligten politischen Akteure sollten das
       Zeichen ernst nehmen.
       
       6 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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