# taz.de -- Urteil gegen Charles Taylor: Für „Beihilfe“ gab es Diamanten
       
       > Liberias Expräsident Charles Taylor war Helfer der RUF-Rebellen in Sierra
       > Leone, nicht aber ihr Kommandeur. In Den Haag wird er nur teilweise
       > schuldig gesprochen.
       
 (IMG) Bild: Charles Taylor „hatte erheblichen Einfluss auf die RUF-Führung“, aber „nicht das effektive Kommando“, befand das Den Haager Gericht.
       
       BERLIN taz | Charles Taylor ist ein Kriegsverbrecher, aber er ist nicht der
       alleinige Drahtzieher. Das Sondertribunal für Sierra Leone, das die
       Hauptverantwortlichen für Verbrechen gegen die Menschlichkeit in dem
       westafrikanischen Land im Bürgerkrieg von 1996 bis 2002 aburteilt, hat den
       ehemaligen Präsidenten des benachbarten Liberia gestern in seinem letzten
       und abschließenden Urteil schuldig gesprochen. Allerdings nur zum Teil.
       
       Taylor war angeklagt, verantwortlich für grausame Kriegsverbrechen zu sein,
       die die Rebellenbewegung RUF (Revolutionäre Vereinigte Front) in Sierra
       Leone beging, während sie dort von 1991 bis 2002 gegen wechselnde
       Regierungen und westafrikanische Eingreiftruppen kämpfte.
       
       Die Bilder der Gräueltaten gingen damals um die Welt: Die RUF brannten
       ganze Dörfer ab, entführten Frauen und Kinder. Sie hackten den Bürgern die
       Hände ab, um sie daran zu hindern, zur Wahlurne zu gehen. Die Rebellen
       hatten ihre Basen in Sierra Leones Diamantengebieten nahe den Grenzen zu
       Guinea und Liberia. Sie finanzierten sich über den Schmuggel, was weltweit
       Kampagnen gegen sogenannte „Blutdiamanten“ auf den Plan rief.
       
       Erst eine britische Militärintervention ab 2000 zerschlug die RUF; Sierra
       Leone ist seit 2002 friedlich. Ein ein UN-unterstütztes Sondertribunal
       klagte die wichtigsten Führer der sierra-leonischen Kriegsparteien an – und
       eben auch den Liberianer Taylor, dem als Einziger der Prozess in den
       Niederlanden gemacht wurde statt in Sierra Leone selbst.
       
       ## Diamanten für den Vater der Rebellen
       
       Die RUF, so die Anklage des Tribunals, war in Wahrheit ein Instrument des
       Liberianers Taylor. Die RUF gab ihm Diamanten und wurde im Gegenzug gemäß
       einem von Taylor mit konzipierten Plan aufgebaut, so die Anklage, die den
       Liberianer als „Vater und Paten“ der sierra-leonischen Rebellen bezeichnet.
       
       Die Richter folgen in ihrem Spruch dieser Analyse nicht. Sie bestreiten
       zwar nicht die Verbrechen der RUF, wohl aber zu großen Teilen die
       Verantwortung Taylors. Die Anklage hatte die ersten RUF-Angriffe in Sierra
       Leone 1991 als „Invasion“ durch Taylor-geführte Rebellen dargestellt.
       
       Das Gericht sagt nun, erst ab 1998, als in Sierra Leone eine von der RUF
       unterstützte Militärregierung durch nigerianische Eingreiftruppen gestürzt
       wurde, habe Taylor – mittlerweile Präsident Liberias und auf regionaler
       Ebene Gegenspieler Nigerias – begonnen, der RUF telefonische Anweisungen zu
       erteilen und ihr Waffen zu liefern.
       
       Ab 1998, bestätigen die Richter, nutzte die RUF Liberias Hauptstadt
       Monrovia als Rückzugsbasis. Taylor stellte Haus, Waffen,
       Satellitenkommunikation, Wachschutz und Training zur Verfügung, die RUF
       bezahlte dafür mit Diamanten. Eine große Waffenlieferung aus Burkina Faso
       wurde über Liberia an die RUF geliefert, um 1999 die sierra-leonische
       Hauptstadt Freetown anzugreifen.
       
       ## „Nicht Teil der Kommandostruktur“
       
       Außerdem wurden ehemalige NPFL-Kämpfer zur RUF nach Sierra Leone geschickt.
       Doch die Behauptung der Anklage, wonach Taylor faktisch Chef der RUF war,
       erhält das Gericht nicht aufrecht. Es habe Anfang der 1990er Jahre zwar
       „parallele Ziele und Aspirationen“ zwischen Charles Taylor und RUF-Führer
       Foday Sankoh gegeben, „aber nicht in einer Kommandokette“.
       
       Auch später „war der Beschuldigte nicht Teil der Kommandostruktur“. Es habe
       auch nicht, wie von der Anklage behauptet, einen „gemeinsamen Plan“ Taylors
       und Sankohs gegeben. „Die Anklage hat nicht nachgeweiesen, dass irgendeines
       der drei angeblichen Treffen in Libyen, Burkina Faso und Voinjama
       (Liberia), bei denen der gemeinsame Plan ausgefertigt worden sein soll,
       tatsächlich stattfand“, so das Gericht.
       
       So sei der zentrale Anklagevorwurf, Taylor habe
       „Führungsverantwortlichkeit“ über die RUF ausgeübt und sei daher persönlich
       für deren Verbrechen verantwortlich, nicht aufrechtzuerhalten. Taylor
       „hatte erheblichen Einfluss auf die RUF-Führung“, aber „nicht das effektive
       Kommando“, so das Gericht.
       
       ## Das Geheimis des Gerichts
       
       Da Taylor jedoch zweifellos der RUF und ihren Verbündeten in Sierra Leone
       „Waffen und Munition, Militärpersonal, operationelle Unterstützung,
       moralische Unterstützung und andauernde Orientierung“ zukommen ließ, sei er
       der „Beihilfe“ schuldig, ebenso der „Planung“ einzelner im Detail
       aufgeführter RUF-Angriffe.
       
       Es bleibt das Geheimnis des Gerichts, wie Taylor zwar einerseits keine
       Kommandogewalt ausübte, andererseits aber RUF-Aktionen planen konnte –
       reichlich Stoff für eine Urteilsanfechtung. Dennoch lobten internationale
       Menschenrechtsgruppen das Urteil als Meilenstein im Kampf gegen
       Straflosigkeit.
       
       26 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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