# taz.de -- Berliner Ärzte machen Druck auf Kiew: Appell an die Humanität
       
       > Charité-Ärzte pochen auf ihre Kompetenz: Sie fordern die ukrainische
       > Regierung auf, die inhaftierte Oppositionspolitikerin Timoschenko
       > ausreisen zu lassen.
       
 (IMG) Bild: Röntgenaufnahme von Timoschenko. Präsentiert am Freitag in der Berliner Charité.
       
       BERLIN taz | Großer Andrang in der Berliner Charité. Rund ein Dutzend
       Fernsehkameras sind an diesem Freitagvormittag auf das Ärzteteam des
       Krankenhauses gerichtet, das die ukrainische Oppositionspolitikerin Julia
       Timoschenko mehrfach im Gefängniskrankenhaus von Charkiw untersucht hat.
       Deren Gesundheitszustand habe sich inzwischen „deutlich verschlechtert“
       erklärt der Leiter der Klinik für Orthopädie, Norbert Haas.
       
       Klinikchef Karl Max Einhäupl fordert die Regierung der Ukraine auf, die
       ehemalige Ministerpräsidentin in Deutschland behandeln zu lassen: „Ich
       appelliere an den ukrainischen Präsidenten: Seien Sie ein humanitären
       Werten verpflichteter Präsident und lassen Sie Frau Timoschenko ausreisen.“
       
       Haas und Einhäupl hatten die 51-jährige Politikerin zuletzt am 13. April in
       Charkiw untersucht und einen Bandscheibenvorfall diagnostiziert. Die
       Politikerin trat vor einer Woche aus Protest gegen ihre Haftbedingungen in
       den Hungerstreik. Auf Fotos, die sie kürzlich erhalten hatten, waren
       Blutergüsse am Körper Timoschenkos zu sehen. Entsprechendes Fotomaterial
       übergab die ukrainische Ombudsfrau für Menschenrechte, Nina Karpatschewa,
       am Freitag auch der Kiewer Generalstaatsanwaltschaft.
       
       Die Charité-Ärzte bezweifeln, dass Timoschenkos Rückenleiden vor Ort
       angemessen behandelt werden kann: Im Gefängniskrankenhaus seien zwar die
       technischen Möglichkeiten zur Behandlung Timoschenkos geschaffen worden,
       man verfüge dort jedoch nicht über ausreichende therapeutischen Konzepte.
       
       ## Gespräche auf höchster Ebene
       
       Die Rehabilitation Timoschenkos dürfte Wochen, wenn nicht gar Monate
       dauern. Sie erfordere Experten verschiedener medizinischer Fachrichtungen,
       erklärten sie. Nur in der Charité sei eine adäquate Therapie gewährleistet.
       Einhäupl erklärte, es gebe Gespräche auf höchster politischer Ebene über
       eine mögliche Ausreise Timoschenkos nach Deutschland.
       
       Dass es dazu komme, sei derzeit jedoch unwahrscheinlich. Das ukrainische
       Parlament müsste zunächst die Gesetze ändern, um den Strafvollzug
       Timoschenkos auszusetzen. Innerhalb der nächsten sieben Tage wollen die
       Ärzte der Charité wieder in die Ukraine reisen. Die gesundheitliche
       Situation Timoschenkos sei nicht nur wegen des Bandscheibenvorfalls und des
       Hungerstreiks bedrohlich. Es bestehe zudem die Gefahr einer Thrombose, die
       zu einer Embolie führen könne.
       
       27 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Dittmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Fußball-EM 2024
       
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