# taz.de -- Regierungsbildung in Griechenland: Gewagtes Pokerspiel in Athen
       
       > Staatspräsident Papoulias bemüht sich um eine Regierungsbildung in
       > letzter Minute. Doch dafür besteht nur wenig Hoffnung. Die radikale Linke
       > wehrt sich weiter.
       
 (IMG) Bild: Den Streithähnen ist eines gemein: die hohle Hand wird weiterhin erwartungsvoll nach Europa gestreckt.
       
       ATHEN taz | Neunzig Minuten dauerte das „Gespräch der letzten Chance“
       zwischen dem griechischen Staatspräsidenten Karolos Papoulias und den Chefs
       der drei großen Parteien: Mit am Tisch saßen der konservative Wahlsieger
       Antonis Samaras, der linke Überraschungszweite der Wahl Antonis Tsipras
       sowie Sozialistenchef und Ex-Finanzminister Evangelos Venizelos.
       
       Vorsitzende kleiner Parteien wollte der Präsident erst am späten Abend zu
       Einzelgesprächen einladen - offenbar ein geschickter Zug, um der
       rechtsradikalenPartei „Goldene Morgendämmerung“, die erstmals im Parlament
       vertreten wird und aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht ausgeladen
       werden darf, möglichst wenig Publizität zu verschaffen.
       
       Auffallend schweigend verließen die führenden Politiker des Landes am
       Sonntagnachmittag den Präsidentenpalast und eilten zu parteiinternen
       Verhandlungen, was in der Athener Gerüchteküche zunächst als
       hoffnungsvolles Zeichen für eine Fortsetzung der Gespräche gedeutet wurde.
       
       ## Gegenseitige Anklagen in vertrauter Umgebung
       
       Umso redseliger wurden die Parteichefs in vertrauter Umgebung: Als erster
       warf Sozialistenchef Venizelos auf einer Parteiveranstaltung dem linken
       Parteiführer Tsipras Arroganz und Verantwortungsverweigerung vor.
       Anschließend erklärte der konservative Samaras, die Linke würde die Bildung
       einer Allparteienregierung blockieren und damit den Wählerauftrag
       ignorieren.
       
       Das wollte der Chef der Radikalen Linken (SYRIZA) Tsipras nicht auf sich
       sitzen lassen: „Die drei Parteien, die sich schon heute einig sind, dass
       der Sparkurs umgesetzt werden soll, sind mit 168 Abgeordneten (von
       insgesamt 300) im neuen Parlament vertreten und hätten damit eine deutliche
       Mehrheit.
       
       Wenn sie wollten, könnten sie doch ihre eigene Regierung bilden,“ sagte
       Tsipras in Anspielung auf ein Zusammengehen der beiden Volksparteien mit
       der betont europafreundlichen „Demokratischen Linken“ des ehemaligen
       Eurokommunisten Fotis Kouvelis. Dieser jedoch hat bis Sonntagabend eine
       Beteiligung an der Koalition davon abhängig gemacht, dass auch sein
       einstiger innerparteilicher Gegner Tsipras mit von der Partie ist.
       
       ## Radikale Linke spekuliert auf Neuwahlen
       
       Dagegen spekuliert der SYRIZA- Chef auf Neuwahlen und Wählerzulauf. Nach
       einer Umfrage der Sonntagszeitung To Vima würde die Radikale Linke aus eine
       einem neuerlichen Urnengang als stärkste Partei mit 20,5 Prozent der
       Stimmen hervorgehen, während die beiden Volksparteien erneut deutliche
       Stimmenverluste hinnehmen müssten.
       
       Kurioserweise fiele die „Demokratische Linke“ auf fünf Prozent, obwohl
       Parteichef Kouvelis nach wie vor als populärster Politiker des Landes gilt.
       Die Umfarge ergab auch, dass über 65 Prozent der Befragten es begrüßen
       würden , wenn die beiden stärksten Linksparteien die
       Regierungsverantwortung mittrügen.
       
       Mit oder ohne Tsipras wird Staatspräsident Papoulias jetzt bis zum letzten
       Moment versuchen, eine Koalitionsregierung hinzubekommen, die sich für den
       Verbleib Griechenlands in der Eurozone einsetzt.
       
       13 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Papadimitriou
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Griechenland: Vernünftiger Linksruck
       
       Alexis Tsipras von den radikalen Linken ist die Chance für die Eurozone.
       Denn nur seine Partei wird Reformen in Griechenland durchsetzen können.
       
 (DIR) Regierungsbildung gescheitert: Athen vor Neuwahl
       
       Auch der letzte Versuch zur Bildung einer Regierung ist gescheitert. Am
       Mittwoch soll eine Interimsregierung und der Termin für die Neuwahl bekannt
       gegeben werden.
       
 (DIR) Ideen zur Regierungsbildung in Athen: Technokraten statt Politiker
       
       Als letzten Vorschlag zur Verhinderung eines Staatsbankrotts will der
       griechische Präsident eine Regierung aus Experten bilden. Aber Papoulias'
       Chancen stehen schlecht.
       
 (DIR) Regierungsbildung in Griechenland: Es geht nicht mit und nicht ohne ihn
       
       Alexis Tsipras, Chef des radikalen Linksbündnisses, spielt die
       entscheidende Rolle bei der Regierungbildung in Griechenland. Seine
       Rhetorik ist großspurig und von Widerstand geprägt.
       
 (DIR) Regierungsbildung in Griechenland: Wir müssen reden
       
       Alle zum Staatspräsident: Die Faschisten und die Linken, Papoulias hatte
       sie alle zu Gast. Ergebnis: Die kleine Partei „Unabhängige Griechen“ könnte
       alle Griechen vor Neuwahlen bewahren.
       
 (DIR) Ökonom über die Krise der EU: „Den Aufgaben nicht gewachsen“
       
       Ökonom Giacomo Corneo hält eine eurpäische Verschludung für notwendig. Die
       Zukunft Europas müsse jedoch jenseits des griechischen Falls entschieden
       werden.
       
 (DIR) Regierungsbildung in Griechenland: Re-Call beim Präsidenten
       
       Nachdem bisher mehrere Versuche einer Regierungsbildung scheiterten,
       schaltet sich nun Präsident Papoulias ein. Es könnte auch zu Neuwahlen
       kommen.
       
 (DIR) Regierungsbildung in Griechenland: Ist das noch lustig?
       
       Gescheitert ins Wochenende: Auch die dritte Sondierungsrunde zur Bildung
       einer griechischen Regierung blieb erfoglos. Venizelos will am Samstag die
       Gründe erklären.
       
 (DIR) Pressestimmen zu Griechenland: „Ein hoffnungsloser Fall!“
       
       Die europäische Presse diskutiert die Krise in Griechenland. Einige warnen
       vor einem Austritt aus dem Euro, andere schüren die Angst vor extremen
       Minderheitsparteien.