# taz.de -- Regierungsbildung in Griechenland: Es geht nicht mit und nicht ohne ihn
       
       > Alexis Tsipras, Chef des radikalen Linksbündnisses, spielt die
       > entscheidende Rolle bei der Regierungbildung in Griechenland. Seine
       > Rhetorik ist großspurig und von Widerstand geprägt.
       
 (IMG) Bild: Alexis Tsipras verlangt ein Ende der „Plünderung“.
       
       ATHEN afp | Alexis Tsipras hat wenig Grund, jetzt eine Regierung der
       nationalen Einheit anzustreben. Der Chef der radikalen Linksbündnis Syriza
       in Griechenland kann im Grunde nur davon profitieren, wenn die
       verzweifelten Bemühungen der Traditionsparteien um eine Regierungsbildung
       scheitern.
       
       Von 4,6 auf 16,5 Prozent ist der Syriza-Anteil beim Wahlgang am 6. Mai
       hochgeschnellt, laut jüngsten Umfragen könnte die Partei bei einer
       nochmaligen Neuwahl mit 27 Prozent rechnen. Der 37-jährige Newcomer wäre
       dann die stärkste Kraft. Dass er das Schicksal Griechenlands in seiner Hand
       hält, prägt Tsipras' Auftreten.
       
       „Wir sind fest überzeugt, dass die Rettung unseres Landes nur durch die
       Zurückweisung barbarischer Maßnahmen gelingen kann“, lautet ein Leitspruch
       des smarten Ingenieurs zur verfahrenen Situation im Lande der Hellenen. Das
       „barbarische Spardiktat“, das Athen von seinen internationalen Geldgebern
       auferlegt wurde, will er zu Fall bringen. Die engsten Verbindungen
       unterhält die Syriza zu den Linken in Deutschland und zur französischen
       Linksfront von Jean-Luc Mélenchon, der im ersten Durchgang der dortigen
       Präsidentschaftswahl rund elf Prozent der Stimmen erhielt.
       
       Als Tsipras in der vergangenen Woche entsprechend den Gepflogenheiten als
       Chef der zweitgrößten Partei selbst vorübergehend den Auftrag zur
       Regierungsbildung erhielt, begab er sich zu Fuß und ohne Krawatte zu
       Präsident Karolos Papoulias. Er sprach von einem „historischen Moment“ und
       von seinem Gefühl der „Verantwortung“. Die definiert er aber nicht so, dass
       die von der vorherigen Regierung getroffenen Zusagen gegenüber den
       Geldgebern einzuhalten seien - sondern aus der langen Tradition des
       griechischen Widerstandes, gegen die Weltkriegs-Besatzer und gegen das
       Obristenregime in den 70er Jahren.
       
       ## Er will ein Bündnis
       
       Der 37-Jährige will ein Bündnis aus linken Parteien schmieden, die wie
       seine Syriza das Land „vom Vertrag unseres Bankrotts“ befreien wollen.
       Damit meint er die internationalen Sparvorgaben, zu denen sich Athen im
       Gegenzug für Kredite verpflichten musste und die für die Bevölkerung harte
       Einschnitte bedeuten.
       
       Das deutlichste Testat für seine neue Machtstellung erhielt Tsipras am
       Montag vom Chef der linksdemokratischen Dimar-Partei, Fotis Kouvelis. Schon
       Stunden vor einer neuen Beratungsrunde bei Präsident Karolos Papoulias
       erklärte Kouvelis das Treffen implizit für überflüssig. Er verwies auf die
       Weigerung des Syriza-Chefs, der Einladung zum Präsidenten überhaupt noch
       Folge zu leisten. Kouvelis sagte, ohne die Beteiligung der Syriza würde
       eine Regierung „nicht die erforderliche Unterstützung in der Bevölkerung
       und im Parlament“ haben.
       
       Für viele Griechen und auch für Tsipras haben die Maßnahmen zur Abwendung
       der Staatspleite, die Streichungen bei Löhnen und Renten, das Elend nur
       noch verschlimmert. Tsipras verlangt ein Ende dieser „Plünderung“. Er will
       „mit der Rückendeckung des Volkes“ den „vorgezeichneten Weg in die Armut“
       stoppen. Dieses Vokabular lernte er Ende der 80er Jahre beim
       kommunistischen Jugendverband KKE.
       
       Und genau wegen solcher Sprüche haben viele Griechen Tsipras und sein
       Bündnis gewählt. Seither meint Tsipras, den „Traum von einer linken
       Regierung“ verwirklichen zu können - und damit den Albtraum vieler
       Regierungen in Europa.
       
       14 May 2012
       
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