# taz.de -- Kommentar Bundesliga-Relegation: Herthas miese Strategie vor Gericht
       
       > Nach dem abschlägigen Urteil zur Spielwiederholung zieht Hertha vor das
       > DFB-Bundesgericht. Die Chancen stehen schlecht – weil der Anwalt des
       > Vereins eine sehr schlechte Figur macht.
       
 (IMG) Bild: Strahlt eher wenig Optimismus aus: Herthas Anwalt Christoph Schickhardt.
       
       Die letzte Hoffnung von Hertha BSC Berlin ruht nun auf Götz Eilers. Der
       Vorsitzende des DFB-Bundesgerichts gilt als pedantischer Ordnungsliebhaber.
       Nachdem das DFB-Sportgericht den Einspruch der Berliner gegen die Wertung
       des unter turbulenten Umständen zu Ende gebrachte Relegationsrückspiels
       abgelehnt hatte, soll am Freitag die letzte Gerichtsinstanz des Deutschen
       Fußball-Bundes die 2:2-Niederlage in Düsseldorf ungeschehen machen und ein
       Wiederholungsspiel ansetzen, hofft Hertha.
       
       Die Chancen darauf stehen indes trotz Eilers nicht gut. Die
       Gerechtigkeitsprobleme, die sich der DFB dadurch einhandeln würde, wären
       bei weitem größer als die bislang zu bewältigenden. Um die Ausgangsposition
       wieder herzustellen, müssten konsequenterweise bei Hertha der eigentlich
       wegen der gelb-roten Karte gesperrte Änis Ben-Hatira, die verbalen
       Schiedsrichter-Tiefschläger Christian Lell („feiges Schwein“) und Andre
       Mijatovic („Wichser“) sowie der tatsächliche Schiedsrichter-Schläger Levan
       Kobiashvili mitmachen dürfen.
       
       Genauso wenig könnte man den Hertha-Fans, die mit ihren Bengalo-Würfen die
       Gesundheit der Spieler gefährdeten, den Zugang ins Stadion verwehren. So
       viele Augen kann der DFB auf einmal gar nicht zudrücken. Auch wenn Hertha
       die unzähligen Straftaten seiner außer Kontrolle geratenen Spieler und Fans
       völlig getrennt vom Platzsturm der euphorisierten Düsseldorfer Fans
       verhandelt sehen möchte, denken die DFB-Richter bei ihrer Urteilsfällung
       unweigerlich auch an die miteinander verknüpften Konsequenzen.
       
       Hertha hat sich selbst verschuldet in eine erbärmliche Ausgangslage
       gebracht. Trotz alledem wäre die Aussicht auf ein Wiederholungsspiel gar
       nicht einmal gering gewesen, wenn der Verein sich nicht vor dem
       DFB-Sportgericht für eine ebenso erbärmliche Strategie entschieden hätte.
       
       ## Gewaltdebatte ohne Gewalt
       
       Hertha-Anwalt Christoph Schickhardt rückte „die Todesangst“ der Spieler in
       den Fokus, die angeblich die Berliner angesichts der jubelnden Düsseldorfer
       Platzstürmer befallen hätte. Bestärkt fühlte er sich bei dieser
       populistischen Argumentation vermutlich durch das große mediale Bohei, das
       in der Nachbetrachtung des Spiels erfolgte. In einem Reflex wurde wieder
       die Gewaltdebatte losgetreten, obgleich es nicht einen Verletzten auf dem
       Rasen gab.
       
       Das beste Argument, das Hertha in die Waagschale zu werfen hatte, ging
       dabei fast unter. Angesichts der so leicht überwindbaren Barrieren konnte
       den Berliner Profis nach dem Platzsturm durchaus bei der Vorstellung, auf
       welche Weise sich der Frust der Düsseldorfer entladen würde, wenn ihnen
       noch der Ausgleichstreffer gelungen wäre, Angst und Bange werden. Eine
       solche Drucksituation als regulär zu bezeichnen, ist gewagt. Anstatt von
       der angeblich wirklich erlebten Bedrohung zu salbadern, hätte der Verein
       die vorstellbare Bedrohung zum alleinigen Thema machen müssen.
       
       Mit ihrer plumpen Taktik haben es die Berliner aber dem DFB-Sportgericht
       äußerst einfach gemacht, zum erwünschten Ergebnis zu kommen. Richter Hans
       Lorenz verwies kühl darauf, dass Hertha BSC die behauptete einseitige
       Schwächung seiner Mannschaft nicht belegen konnte. Psychische
       Beeinträchtigungen sind seit jeher eine schwer justiziable Größe. Und
       deshalb stellte das Gericht klar, ein Wiederholungsspiel hätte es nur bei
       nachweislichen Angriffen auf Spieler gegeben.
       
       ## Der „positiv besetzte Platzsturm“
       
       Das ist eine interessante Feststellung, die zudem kurios begründet wurde.
       Lorenz sagte: „Das würde in Zukunft bedeuten: Wird ein farbiger Spieler
       nach 20 Minuten rassistisch beleidigt und trifft keinen Ball mehr, könnte
       man immer auf psychische Beeinträchtigung plädieren.“ Dies verdeutlicht auf
       entlarvende Weise, dass der DFB bei delikaten Fragen den pragmatischen
       Lösungen stets den Vorrang einräumt. Dafür erweiterte man beim DFB gar
       seinen Wortschatz und sprach im Hinblick auf die Düsseldorfer Vorkommnisse
       von einem „positiv besetzten Platzsturm“.
       
       Indirekt hat der DFB auch eine Antwort auf die Frage gegeben, die Hertha zu
       wenig in den Mittelpunkt rückte: Die Angst der Hertha-Spieler in den
       letzten anderthalb Spielminuten vor dem sich eventuell gewaltsam
       entladenden Frust der Düsseldorfer Fans im Falle eines Ausgleichstreffers
       zählt nicht bei der Bewertung des Spielausgangs, da sie nicht feststellbar
       ist. Es ist ein fragwürdiges Urteil.
       
       22 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kopp
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Hertha BSC Berlin
       
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