# taz.de -- Mitgliederversammlung Hertha BSC: Viel heiße Luft im ICC
       
       > Die Revolution blieb aus auf der Mitgliederversammlung von Hertha BSC.
       > Immerhin: Einen Teilnahmerekord gab es
       
 (IMG) Bild: Das Tandem Preetz (links) und Gegenbauer macht weiter.
       
       Zur Sicherheit hatte sich der Seelsorger von der Kapelle des
       Olympiastadions in die Rednerschlange gestellt. Als er an der Reihe war,
       mahnte er an, weniger die Emotionen, sondern sachliche Argumente auf der
       Mitgliederversammlung von Hertha BSC sprechen zu lassen. Dabei wäre der gut
       gemeinte Befriedungsversuch eigentlich gar nicht nötig gewesen: Von dem
       Schreckensszenario, das der mit 73,2 Prozent wiedergewählte
       Vereinspräsident Werner Gegenbauer im Vorfeld entworfen hatte – die
       Opposition wolle ein „Schlachtfest“ veranstalten –, war die Stimmung im
       Saal 1 des ICC weit entfernt.
       
       Zwar vermeldete man mit knapp 3.400 Anwesenden erwartungsgemäß einen
       Rekord, und viele arbeiteten ihren Ärger am Mikrofon ab – insbesondere an
       dem Umstand, dass ein ergebnisoffenes Aufarbeiten des erneuten Scheiterns
       mit Gegenbauer nicht zu realisieren war. Denn der Kandidat Gegenbauer hatte
       im Falle seiner Wiederwahl dem umstrittenen Geschäftsführer Michael Preetz
       trotz des nun auch juristisch besiegelten Abstiegs die Treue geschworen.
       Allein: Alternativen zu Gegenbauer standen nicht zur Wahl.
       
       Bis fast drei Uhr morgens dauerte die Sitzung, die Angriffe gegen Preetz
       aber erwiesen sich als zahnlos und hatten meist nur Unterhaltungswert. Zum
       Amüsement des Plenums fühlte sich ein Redner in Sachen Preetz an die
       letzten Tage des Bundespräsidenten Christian Wulff erinnert, ein anderer
       fragte bei Gegenbauer nach, ob er für den Hertha-Geschäftsführer nicht
       einen Job in der Telefonzentrale seines Unternehmens habe. Aber auch
       Preetz-Befürworter meldeten sich zu Wort, die die Debatte als unfair
       geißelten. „Zu jemandem zu stehen, der so in den Keller getreten wird, das
       ist eine Kunst“, rief einer.
       
       Preetz selbst hielt sich in seiner Rede am Manuskript fest und zählte in
       seiner Analyse die vielen Schicksalsschläge auf (Verletzungen, „der Hagel
       von gelben und roten Karten“, Eigentore und so weiter), die der
       „bundesligataugliche Kader“ von Hertha BSC erleiden musste. Diese
       Verteidigungslinie kam bei einigen nicht gut an, es gab Pfiffe und böse
       Zwischenrufe. Als der 44-Jährige aber das neue Hertha-Trikot und den neuen
       Trainer Jos Luhukay vorstellte, brandete Applaus auf.
       
       Letztlich hatte das Tandem Gegenbauer und Preetz auf ganzer Linie gesiegt.
       So setzte sich auch deren Wunschkandidat Torsten Manske bei der Wahl zum
       Vizepräsidenten gegen den bisherigen Amtsinhaber Jörg Thomas durch, der
       zuletzt opponiert hatte. Auch weitere Kritiker wie Lutz Kirchhoff,
       Hans-Jürgen Ahlhoff, Axel Schmidt und der ehemalige Hertha-Profi Michael
       Sziedat schafften den anvisierten Sprung ins Präsidium nicht.
       
       Am Ende erwies sich das große Aufbegehren der Opposition im Vorfeld der
       Mitgliederversammlung also als heiße Luft. Die Revolution war wieder einmal
       ausgeblieben. Das wurde den Letzten spätestens klar, als weit nach
       Mitternacht jemand das Präsidium aufforderte, für mehr Licht auf dem Weg
       vom Stadion zur S-Bahn zu sorgen. Schließlich würden die Spiele in der
       Zweiten Liga zu späteren Zeiten angepfiffen.
       
       30 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kopp
       
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