# taz.de -- Neuer Chef der Deutschen Bank: Der Schrotthändler
       
       > Die Deutsche Bank hat Fonds verkauft, die nach Ansicht eines ihrer
       > Top-Händler „crap“ enthielten. Der neue Bankchef Anshu Jain war
       > persönlich daran beteiligt.
       
 (IMG) Bild: Anshu Jain soll am Freitag an die Spitze der Bank aufsteigen
       
       BERLIN taz | Interne Unterlagen aus der Deutschen Bank zeigen: Der neue
       Bankchef Anshu Jain war im Jahr 2007 persönlich am Verkauf einer Anlage
       beteiligt, die der Bank eine Schadensersatz-Klage wegen Betruges
       einbrachte. Die Deutsche Bank [1][einigte sich] im Februar 2012
       außergerichtlich und zahlte eine Summe, deren Höhe sie nicht bekannt geben
       möchte. Kläger waren Tochtergesellschaften der deutschen Mittelstandsbank
       IKB, die bei ihren Geschäften mit der Deutschen Bank knapp 440 Millionen
       Dollar verloren hatten. Die IKB musste im Jahr 2007 von der Bundesregierung
       mit mehreren Hilfspaketen gerettet werden.
       
       Die Hinweise auf die Verstrickung Jains, der am Freitag gemeinsam mit
       Jürgen Fitschen den Vorstandsvorsitz der Deutschen Bank übernimmt, finden
       sich auf [2][Seite 2.112] der Anhänge zu dem [3][Bericht] des
       Untersuchungsausschusses des US-Senats, der die Ursachen der Finanzkrise
       erforschte. Der Ausschuss hatte dazu hunderttausende interne Mails und
       Dokumente von Banken, Versicherungen und Aufsichtsbehörden gesichtet und
       eine Auswahl davon veröffentlicht. Eins der Dokumente ist eine Excel-Datei,
       in der die Mitarbeiter der Deutschen Bank Anfang des Jahres 2007 notieren,
       welchen Anlegern sie Anteile an dem Hypothekenfonds Gemstone VII anbieten
       und wie die Verhandlungen mit den Anlegern laufen. Daraus geht hervor, dass
       [4][Anshu Jain die Papiere der schweizer Bank UBS anbietet]. Er hat
       allerdings keinen Erfolg: Die UBS greift nicht zu.
       
       Andere Vertreter der Bank sind erfolgreicher. Die IKB kauft über eine
       Tochtergesellschaft mit dem Namen Loreley Anteile an Gemstone VII [5][für
       87 Millionen Dollar], die Commerzbank für [6][15 Millionen Dollar]. In den
       Verkaufsunterlagen zu Gemstone VII prognostiziert die Deutsche Bank, die
       Qualität der in Gemstone VII enthaltenen Kredite [7][werde sich während der
       Laufzeit verbessern]. Das Gegenteil passiert: Sowohl die [8][Anteile der
       Commerzbank] als auch [9][die der IKB] sind inzwischen wertlos.
       
       ## “Grundlegend falsch und irreführend”
       
       Am 5. Oktober 2011 reichen mehrere IKB-Tochtergesellschaften in New York
       Klage gegen die Deutsche Bank ein. Der Vorwurf: Betrug. Die Darstellungen
       der Deutschen Bank in dem Verkaufsprospekt seien [10][“grundlegend falsch
       und irreführend”] gewesen, die Bank habe [11][“vorsätzlich oder unter
       rücksichtsloser Missachtung der Wahrheit”] gehandelt.
       
       Die IKB-Tochtergesellschaften zitieren in ihrer Klage ausführlich aus den
       internen Dokumenten der Bank, die der Senat veröffentlicht hatte. Es geht
       darin vor allem um den Mailverkehr von Greg Lippmann, einem der Top-Händler
       der Deutschen Bank. Lippmann war an der Auswahl der Hypothekenpapiere
       beteiligt, die in Gemstone VII gebündelt und weiterverkauft wurden.
       
       Als [12][“Crap”] bezeichnete Lippmann etwa das Hypothekenpapier ABSHE
       2006-HE1 M7. Genau dieses Papier ist [13][mit fünf Millionen Dollar in
       Gemstone VII enthalten]. Genauso kommen in Gemstone auch [14][80 Millionen
       Dollar] Hypothekenpapiere der kalifornischen Bank Long Beach, laut Lippmann
       [15][„einer der schwächsten Namen im Markt“]. Eine andere Anlage sei ein
       [16][“absolute pig“]: Davon stecken [17][30 Millionen Dollar] in Gemstone
       VII. [18][“Wird dieser Deal nicht platzen?“], fragt Lippmann einen Kollegen
       über eine weitere Anlage. “Ja”, antwortet der, [19][“ich sehe
       Abschreibungen von 20 bis 40 Prozent voraus.”] In Gemstone ist diese Anlage
       mit [20][10 Millionen Dollar] enthalten.
       
       Die amerikanische M&T-Bank zahlte 82 Millionen Dollar für Gemstone VII und
       verklagte die Deutsche Bank ebenfalls wegen ihrer Verluste. Auch hier kam
       es Anfang des Jahres 2012 zum außergerichtlichen Vergleich, und hier ist
       die Summe bekannt, die die Deutsche Bank zahlte: [21][55 Millionen Dollar],
       das entspricht zwei Drittel der Summe, die M&T durch Gemstone VII verlor.
       
       Das Fall ist geeignet, das Vertrauen in die Deutsche Bank zu erschüttern.
       Das Institut stellt sich gerne so dar, als sei es der Anwalt seiner Kunden
       und berate sie objektiv über Chancen und Risiken einzelner
       Investitionsmöglichkeiten. Doch die internen Dokumente belegen, dass
       Bankmitarbeiter von der schlechten Qualität eines konkreten Anlageproduktes
       wussten. Und dass auch der designierte Bankchef Anshu Jain persönlich genau
       dieses Produkt anbot. Hat Jain dabei seinen Kunden auf die negativen
       Einschätzungen hingewiesen? “Ich glaube nicht, dass er da großen Kontakt
       gehabt hat”, sagt Deutsche-Bank-Sprecher Ronald Weichert auf taz-Anfrage.
       Die ganzen internen E-Mails seien „nicht bemerkenswert“. Sie würden zeigen,
       „dass es am Markt wie auch innerhalb der Deutschen Bank unterschiedliche
       Auffassungen über die Perspektiven des US-Wohnimmobilienmarktes gab“.
       
       Mit dem außergerichtlichen Vergleich in der Betrugsklage entgeht die
       Deutsche Bank einer Verhandlung und einem Urteil. Als Grund für diesen und
       andere Vergleiche sagte der scheidende Bankchef Josef Ackermann: “Wenn wir
       Fehler gemacht haben, dann vergleichen wir uns.”
       
       Die ganze Geschichte über die Rolle der Deutschen Bank während der
       Finanzkrise erscheint in der Pfingstausgabe der sonntaz. Am Kiosk,
       [22][eKiosk] oder gleich im [23][Wochenendabo]. Und für Fans und Freunde:
       [24][facebook.com/sonntaz].
       
       25 May 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://de.nachrichten.yahoo.com/deutsche-bank-erzielt-vergleich-loreley-145946421.html
 (DIR) [2] http://www.documentcloud.org/documents/354790-wall-street-and-the-financial-crisis-footnote.html#document/p1075/a58250
 (DIR) [3] http://www.documentcloud.org/documents/360204-psi-report-wall-street-amp-the-financial-crisis.html
 (DIR) [4] http://www.documentcloud.org/documents/354790-wall-street-and-the-financial-crisis-footnote.html#document/p1075/a58250
 (DIR) [5] http://www.documentcloud.org/documents/354790-wall-street-and-the-financial-crisis-footnote.html#document/p1081/a58252
 (DIR) [6] http://www.documentcloud.org/documents/354790-wall-street-and-the-financial-crisis-footnote.html#document/p1089/a58253
 (DIR) [7] http://www.documentcloud.org/documents/354790-wall-street-and-the-financial-crisis-footnote.html#document/p403/a58251
 (DIR) [8] http://www.documentcloud.org/documents/354797-wall-street-and-the-financial-crisis-3-footnote.html#document/p112/a58254
 (DIR) [9] http://www.documentcloud.org/documents/360180-klage-der-loreley-gesellschaften-der-ikb-gegen.html#document/p43/a58256
 (DIR) [10] http://www.documentcloud.org/documents/360180-klage-der-loreley-gesellschaften-der-ikb-gegen.html#document/p73/a58258
 (DIR) [11] http://www.documentcloud.org/documents/360180-klage-der-loreley-gesellschaften-der-ikb-gegen.html#document/p73/a58258
 (DIR) [12] http://www.documentcloud.org/documents/354789-wall-street-and-the-financial-crisis-footnote.html#document/p865/a58266
 (DIR) [13] http://www.documentcloud.org/documents/354790-wall-street-and-the-financial-crisis-footnote.html#document/p454/a58268
 (DIR) [14] http://www.documentcloud.org/documents/360204-psi-report-wall-street-amp-the-financial-crisis.html#document/p366/a58401
 (DIR) [15] http://www.documentcloud.org/documents/354789-wall-street-and-the-financial-crisis-footnote.html#document/p861/a58270
 (DIR) [16] http://www.documentcloud.org/documents/354789-wall-street-and-the-financial-crisis-footnote.html#document/p864/a58272
 (DIR) [17] http://www.documentcloud.org/documents/360204-psi-report-wall-street-amp-the-financial-crisis.html#document/p367/a58273
 (DIR) [18] http://www.documentcloud.org/documents/360204-psi-report-wall-street-amp-the-financial-crisis.html#document/p368/a14
 (DIR) [19] http://www.documentcloud.org/documents/360204-psi-report-wall-street-amp-the-financial-crisis.html#document/p368/a14
 (DIR) [20] http://www.documentcloud.org/documents/360204-psi-report-wall-street-amp-the-financial-crisis.html#document/p368/a14
 (DIR) [21] http://newsandinsight.thomsonreuters.com/Legal/News/2012/01_-_January/UPDATE_1-Deutsche_Bank_agrees_$55_mln_settlement_with_M_T/
 (DIR) [22] /zeitung/e-paper/e-kiosk/
 (DIR) [23] /zeitung/abo/wochenendabo_mailing/
 (DIR) [24] http://www.facebook.com/sonntaz#!/sonntaz
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Heiser
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Bilanz der Deutschen Bank: Schrottpapiere und weniger Gewinn
       
       Die Deutsche Bank lagert ihre problematischen Wertpapiere aus. Gleichzeitig
       sinkt die Gewinnerwartung des Kreditinstituts.
       
 (DIR) Ermittlungen gegen Investmentbanken: Zinsaffäre erreicht Deutsche Bank
       
       Bei den Ermittlungen wegen mutmaßlicher Zinsmanipulation könnten auf
       Deutsche-Bank-Chef Jain heikle Fragen zukommen. Auch die deutsche
       Finanzaufsicht wird aktiv.
       
 (DIR) Deutsche Bank: Riskantes Doppel
       
       Kapitalismuskritiker protestieren auf der Hauptversammlung des größten
       deutschen Bankhauses gegen den neuen Chef Jain. Sie rufen zum Bankenwechsel
       auf.
       
 (DIR) Wechsel in der Deutschen Bank: Good Banker, Bad Banker
       
       Nun wird die Deutsche Bank von einer neuen Doppelspitze geführt. Was sind
       das für Typen und was macht Ackermann? Alle wichtigen Fragen und Antworten.
       
 (DIR) Kritik an Deutscher Bank: Ackermanns zweifelhafte Bilanz
       
       Am Donnerstag übergibt Deutsche Bank-Chef Ackermann an seine Nachfolger
       Anshu Jain und Josef Fitschen. Aktivisten hoffen, dass sie ihre Sache
       besser machen als „Bad Joe".
       
 (DIR) Anrüchige Deals bei der Deutschen Bank: „Ein großartiger Partner“
       
       Der neue Deutsche-Bank-Chef Anshu Jain erhielt im Oktober 2006 eine
       Dankesmail von J.P. Morgan. Es ging um einen Deal, der für die Kunden der
       Bank zum Desaster wurde.
       
 (DIR) Ökonom über die Deutsche Bank: „Autonome Forschung nicht möglich“
       
       Die Deutsche Bank schafft ihre unabhängigen Forschungsabteilung ab. Deshalb
       droht der Verlust wirtschaftspolitischen Einflusses, fürchtet der ehemalige
       Chefvolkswirt Norbert Walter.
       
 (DIR) Soziologe über Finanzkapitalismus: Gestatten, mein Name ist Geldadel
       
       Im Finanzkapitalismus kehren vormoderne Sozialformen wieder, sagt der
       Soziologe Neckel. Wer reiche Eltern hat, wird reich. Da hilft nur eine neue
       Wirtschaftsethik.
       
 (DIR) Geschäftsbericht der Deutschen Bank: Ackermann verzichtet auf Zockermargen
       
       Früher schwärmte Ackermann von Gewinnen der Größenordnung „25 Prozent plus
       X“. In Zukunft soll die Deutsche Bank aber weniger Risiken eingehen.
       
 (DIR) Personalwechsel bei der Deutschen Bank: Schlechte Karten für „Dr. No“
       
       Die Besetzung der Chefsessel bei der Deutschen Bank geht nicht so
       reibungslos wie gedacht. Die Finanzaufsicht blockiert den Kandidaten für
       den Posten des Risikovorstands.
       
 (DIR) Neuer Chef der Deutschen Bank: Der Job passt zum Glauben
       
       Der neue Chef der Deutschen Bank Anshu Jain heißt nicht nur Jain, sondern
       ist auch Jain. Er gehört also einer in Indien beheimateten Religion an.