# taz.de -- Kritik an Deutscher Bank: Ackermanns zweifelhafte Bilanz
       
       > Am Donnerstag übergibt Deutsche Bank-Chef Ackermann an seine Nachfolger
       > Anshu Jain und Josef Fitschen. Aktivisten hoffen, dass sie ihre Sache
       > besser machen als „Bad Joe".
       
 (IMG) Bild: Chance für einen Kurswechsel, wenn sein Gesicht nicht mehr mit dem Label der Bank in Verbindung gebracht wird?
       
       BERLIN taz | Verbrannte Erde anstelle eines intakten Hauses – das ist es,
       was der scheidende Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann nach Ansicht von
       Nichtregierungsorganisationen seinen beiden Nachfolgern am Donnerstag
       übergibt. Das im März neu begründete Aktivisten-Bündnis Andere Banken
       braucht das Land zog am Dienstag in Berlin eine kritische Bilanz der Ära
       Ackermann.
       
       „Die Deutsche Bank unter Josef Ackermann war allenfalls eine
       Ankündigungsbank", fasste Thomas Küchenmeister von der Organisation Facing
       Finance zusammen. „Sie kündigte stets Verbesserungen bezüglich
       Waffenfinanzierung und Agrarspekulationen an, aber tatsächlich versucht sie
       im Nachhinein nur, die weiteren Aktivitäten besser zu verschleiern.“
       
       Eindringlichstes Beispiel dafür seien andauernde Investitionen der
       Deutschen Bank in Unternehmen wie Alliant Techsystems oder Textron, die
       unter anderem Streumunition in ihrem Portfolio führen. Die Deutsche Bank
       hatte nach anhaltendem Protest im November vergangenen Jahres offiziell
       angekündigt, auf Geschäfte mit solchen Firmen künftig verzichten zu wollen
       - auch weil das serbische Streuminen-Opfer Branislav Kapetanovic auf der
       Hauptversammlung 2011 gesprochen und an Josef Ackermann persönlich
       apelliert hatte.
       
       „Ich muss leider feststellen, dass die Bank nichts verändert hat, obwohl
       ich damals durchaus das Gefühl hatte, gehört zu werden", sagte Kapetanovic,
       der im Jahr 2000 durch eine Streubombe der Firma Alliant Techsystems alle
       Extremitäten verlor. Recherchen der Wirtschafts-Recherche-Agentur Profundo
       zufolge schloss die Deutsche Bank seit November neue Kontrakte über 500
       Millionen Euro mit Firmen ab, die eben solche zweifelhafte Portfolios
       pflegen.
       
       Mit der UN-Konvention zur Ächtung von Streumunition ist seit 2010 zwar die
       Herstellung solcher Waffen in 106 Staaten, darunter Deutschland, verboten.
       Doch andere, wie etwa die USA, Russland und China, haben die Konvention
       bisher nicht unterschrieben. Die Investition in Firmen in diesen Ländern,
       die unter anderem Streumunition herstellen, ist nach der deutschen
       Rechtslage bisher nicht verboten - dazu müsste das
       Kriegswaffenkontrollgesetz geändert werden. Küchenmeister rechnet damit auf
       absehbare Zeit nicht und fodert deshalb von den Banken, sich selbst zu
       beschränken.
       
       ## Kooperation bei Ausstieg „sobald wie möglich“
       
       Ein Sprecher der Deutschen Bank sagte dazu, die Deutsche Bank verzichte
       seit 2008 auf Geschäfte mit reinen Streumunitionsherstellern - die es nach
       Ansicht von Kritikern nicht gibt - und kooperiere seit 2011 nur noch mit
       „Mischfirmen, die so bald wie möglich" aus dem Geschäft aussteigen wollten.
       Bestehende Kontrakte könne sie aus juristischen Gründen nicht beenden, doch
       die Zahlen der NGOs stimmten ohnehin nicht. Einige der kritisierten
       Konzerne, wie etwa der amerikanische Konzern L-3 Communications, hätten die
       kritischen Geschäfte beendet.
       
       Tatsächlich ist schwer nachvollziehbar, welche Firmen wie stark in die
       Herstellung von Streumunition involviert sind. Die schwedische
       Analyseagentur Ethix, die Finanzinstitute in ethischen Fragen berät, führte
       L-3 im März nach wie vor als Streubombenhersteller. Auf Ethix-Empfehlungen
       sind im April vier britische Bank- und Investmenthäuser aus Verträgen mit
       amerikanischen Firmen wie L-3, Alliant Techsystems, Lockheed-Martin und der
       koreanischen Poongsan Corporation ausgestiegen. Während auch die Deutsche
       Bank Poongsan nicht finanziert, ist sie in die anderen Firmen aber nach wie
       vor mit zwei bis dreistelligen Millionen-Summen investiert - obwohl Ethix
       auch sie berät.
       
       „Die Banken können nicht nachvollziehen, was mit ihren Krediten und
       Beteiligungen genau geschieht", sagte Küchenmeister. „Das schmälert aber
       nicht ihre Verantwortung." Stattdessen müssten sie komplett auf Kooperation
       mit den betreffenden Firmen verzichten. Während andere Institute wie die
       Commerzbank und der Sparkassen-Investmentfonds Deka sich selbst strengere
       Index-Regelungen bezüglich kritischer Waffen gegeben hätten, verweigere die
       Deutsche Bank nach wie vor minimale soziale und ökologische Standards.
       
       Ebenso kritisierte das NGO-Bündnis, dass die Deutsche Bank nach wie vor
       unter den Top Ten der internationalen Finanziers von Atom- und Kohlekraft
       sei und Nahrungsmittelspekulationen nicht eindeutig beschränke.
       
       ## Hoffnung auf Wandel durch Doppelspitze
       
       „Hier herrscht innerhalb der Deutschen Bank aber schon lange kein Konsens
       mehr, viele Mitarbeiter wollen aus Spekulationsfonds auf Weizen und andere
       Nahrungsmittelgrundlagen aussteigen", sagte Martin Rücker von
       [1][foodwatch].
       
       Wie auch im Zusammenhang mit den Beteiligungen an Waffenherstellern hofft
       Andere Banken braucht das Land auf den Führungs-Wechsel mit Anshu Jain und
       Jürgen Fitschen. „Mit Ackermanns Weggang ist die Chance für einen
       Kurswechsel gegeben“, sagt Barbara Happe aus dem Vorstand der kritischen
       Aktionäre. Das wolle man bei der Hauptversammlung am Donnerstag einfordern.
       
       29 May 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.foodwatch.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karen Grass
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Debatte über Spekulation mit Nahrung: Die Saat des Derivats
       
       Der Streit, ob Spekulanten an den Preissteigerungen bei Lebensmitteln
       schuld sind, ist neu entbrannt. Sind terminierte Agrarmärkte ein Gewinn?
       
 (DIR) Ackermann-Geburtstag im Kanzleramt: Merkels große Bankersause
       
       Ex-Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann feierte seinen Geburtstag 2008 im
       Kanzleramt. Das knausert bisher mit Details zur Party. Blogger stellen sie
       nun ins Netz.
       
 (DIR) Ermittlungen gegen Investmentbanken: Zinsaffäre erreicht Deutsche Bank
       
       Bei den Ermittlungen wegen mutmaßlicher Zinsmanipulation könnten auf
       Deutsche-Bank-Chef Jain heikle Fragen zukommen. Auch die deutsche
       Finanzaufsicht wird aktiv.
       
 (DIR) Deutsche Bank: Riskantes Doppel
       
       Kapitalismuskritiker protestieren auf der Hauptversammlung des größten
       deutschen Bankhauses gegen den neuen Chef Jain. Sie rufen zum Bankenwechsel
       auf.
       
 (DIR) Wechsel in der Deutschen Bank: Good Banker, Bad Banker
       
       Nun wird die Deutsche Bank von einer neuen Doppelspitze geführt. Was sind
       das für Typen und was macht Ackermann? Alle wichtigen Fragen und Antworten.
       
 (DIR) Neuer Chef der Deutschen Bank: Der Schrotthändler
       
       Die Deutsche Bank hat Fonds verkauft, die nach Ansicht eines ihrer
       Top-Händler „crap“ enthielten. Der neue Bankchef Anshu Jain war persönlich
       daran beteiligt.
       
 (DIR) WDR-Doku über Deutsche Bank: Armer Sparer, böse Heuschrecke
       
       Die Doku "Verzockt und verklagt - Die guten Geschäfte der Deutschen Bank"
       macht es sich etwas zu leicht. Der Film hat einen klaren Auftrag.
       
 (DIR) Verbände wollen Banker stellen: Die Mär vom sauberen Geld
       
       Die Deutsche Bank investiert in Hersteller von Atomwaffen und treibt mit
       Spekulationen die Nahrungsmittelpreise nach oben. Das ruft eine
       NGO-Initiative auf den Plan.
       
 (DIR) Deutsche Banken fördern Atomwaffen: Lukrative, aber tödliche Allianz
       
       Deutsche Geldinstitute unterstützen die internationale
       Atomwaffen-industrie. Die Allianz gilt als stärkster Förderer. Dort redet
       man sich mit einer fehlende Gesetzesgrundlage raus.
       
 (DIR) Kommentar Bilanz der Deutschen Bank: Abgang eines Dinosauriers
       
       Die enttäuschenden Bilanzzahlen der Deutschen Bank schiebt Josef Ackermann
       auf die Finanzkrise. Dabei sind – umgekehrt – die Banken an der Finanzkrise
       schuld.
       
 (DIR) Spekulation mit Nahrungsmitteln: Deutsche Bank zockt mit dem Tod
       
       NGOs geben der Deutschen Bank eine Mitschuld für explodierende
       Lebensmittelpreise. Mit der Spekulation auf Nahrung trage sie zu
       Hungerkrisen bei.