# taz.de -- Leere Energiesparversprechungen: Merkel verrät Klimaschutz
       
       > Unverbindliche Richtwerte statt klarer Ziele: Die Bundesregierung
       > torpediert in Brüssel die EU-Energieeffizienzrichtlinie und gefährdet
       > damit auch die nationale Energiewende.
       
 (IMG) Bild: „Saubere“ Energie bis 2021: das AKW im niedersächsischen Grohnde.
       
       BRÜSSEL taz | Von der geplanten EU-Energie-Effizienzrichtlinie wird nicht
       viel mehr übrig bleiben als leere Versprechungen zum Energiesparen.
       Hauptverantwortlich dafür ist die deutsche Bundesregierung. „Es ist einfach
       nur peinlich, wie sich Berlin verhält. Angela Merkel hat uns und den
       Klimaschutz verraten“, sagt der grüne EU-Abgeordnete Claude Turmes, der für
       das EU-Parlament die Verhandlungen in Brüssel führt.
       
       Schon nächste Woche könnte ein Kompromiss verabschiedet werden. Allerdings
       zögern die EU-Abgeordneten noch, diesem tatsächlich zuzustimmen. Die
       EU-Regierungen haben nämlich die meisten verbindlichen Ziele und Maßnahmen
       aus dem Papier gestrichen beziehungsweise enorm zurückgefahren.
       
       Ursprünglich war zum Beispiel vorgesehen, dass die Mitgliedsstaaten ab 2014
       jedes Jahr drei Prozent ihrer öffentlichen Gebäude energiesparend sanieren
       müssen. Auf Druck Deutschlands zählen dazu aber nur noch die Gebäude der
       nationalen Regierungen – also keine Krankenhäuser oder Kindergärten in den
       Kommunen. Nach Berechnungen von Turmes sind das in Deutschland gerade
       einmal schlappe 37 Gebäude.
       
       Der EU-Abgeordnete rechnet damit, dass auch das eigentlich angestrebte
       Ziel, bis 2020 mindestens 20 Prozent des Energieverbrauchs einzusparen,
       nicht verbindlich festgelegt wird, sondern nur als Richtwert verwendet
       wird. Dies ist besonders grotesk, weil es die deutsche Bundeskanzlerin
       Merkel (CDU) war, die ihre europäischen Kollegen 2007 zu diesen ehrgeizigen
       Klimazielen überredet hat. Turmes vermutet, dass die Bundesregierung so
       auch das in der nationalen Klimawende vorgesehene 20-Prozent-Ziel
       torpedieren will.
       
       ## Tote Richtlinien
       
       Die EU-Richtlinie wollten die Deutschen diese Woche sogar noch weiter
       verwässern. Während der deutsche Vertreter bei den Verhandlungen zuletzt
       meist schwieg, weil sich in Berlin Wirtschafts- und Umweltministerium nicht
       auf eine gemeinsame Position einigen konnten, hatte er nach dem Amtsantritt
       des neuen Umweltministers Peter Altmaier (CDU) eine klare Forderung
       mitgebracht: Die Deutschen schlugen vor, bei der Berechnung der
       tatsächlichen Energieeinsparung auch Maßnahmen zu berücksichtigen, die
       schon vor 2009 durchgeführt worden sind. „Das hätte die Einsparungen von
       den beabsichtigten 20 auf rund zwölf Prozent gesenkt. Damit wäre die
       Richtlinie tot“, sagt Turmes.
       
       Mit diesem Vorschlag haben sich die Deutschen aber nicht durchgesetzt. Nach
       stundenlangen Telefonaten der dänischen Ratspräsidentschaft, die die
       Richtlinie auf jeden Fall retten will, wollten nur Finnland, Portugal und
       Spanien sie unterstützen.
       
       7 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ruth Reichstein
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Steigende Energiekosten: „Nicht den Kaffee verbieten“
       
       Viele haben Menschen haben Probleme, die steigenden Strompreise zu
       bezahlen. Eine Initiative berät einkommensschwache Haushalte beim
       Energiesparen.
       
 (DIR) Klimaschutz 20 Jahre nach Rio: Deutschland als einäugiger Öko-Lotse
       
       Die Bundesregierung gilt weltweit als Vorreiter einer „grünen Wirtschaft“.
       Aus der Nähe betrachtet, sind die Fortschritte allerdings längst nicht so
       groß.
       
 (DIR) Diskussion um Energiewende: Wenn man keine Ahnung hat …
       
       Die SPD kritisiert Gaucks Äußerungen zur Energiewende. Die Förderung von
       Ökostrom sei keine „Planwirtschaft“. Die FDP fordert eine Reform der
       Förderung im Erneuerbare-Energien-Gesetz.
       
 (DIR) Internes Prioritäten-Programm der Grünen: Sparen am sozialen Gewissen
       
       Ein internes Papier der Grünen hat die Prioritäten für eine mögliche
       Regierungszeit festgelegt. Ganz oben steht die Energiewende – Hartz IV
       rangiert weit unten.
       
 (DIR) Greenpeace-Studie: 80 Prozent Ölverzicht möglich
       
       Durch massive Investitionen könnte auf die umweltschädliche Förderung
       verzichtet werden, sagt die Umweltorganisation. Und unterstützt den
       Elektro-Lkw-Vorschlag.
       
 (DIR) Klimapolitik: Wirtschaftslobby, wir folgen dir!
       
       Deutschland hintertreibt nicht nur die Energieeffizienz-Richtlinie der EU.
       CDU-Umweltminister Peter Altmaier will auch die Ziele der Energiewende
       überprüfen.