# taz.de -- Nach der Wahl in Griechenland: Sieger und Besiegte
       
       > Die linke Syriza-Partei hat gewonnen und ist doch der Verlierer – nun ist
       > die konservative Nea Dimokratia am Zug. Der bleibt nur eine Koalition mit
       > den Sozialisten.
       
 (IMG) Bild: Die Krise ist nicht vorbei und auch der Euro noch lange nicht gerettet.
       
       ATHEN taz | Wie kein anderer Politiker genießt der Konservativen-Chef
       Antonis Samaras das Bad in der Menge am späten Sonntagabend: Er kämpft sich
       durch die Menschenmasse ins Zappeion, dem Pressezentrum der Wahl und wird
       von seinen Anhängern jubelnd begrüßt, angefasst, angeschrien, persönlich
       gefeiert.
       
       Samaras hat deutlich gesiegt, aber nicht richtig gewonnen. Seine Nea
       Dimokratia geht als stärkste politische Kraft hervor, doch sämtliche
       Protest- und Wechselwähler bleiben unbeeindruckt vom Schlingerkurs des
       Konservativen. Sie stimmten für den Rechtspopulisten Panos Kammenos, ganz
       zu schweigen von den Erfolgen der rechtsradikalen Schlägertruppe Chryssi
       Avgi (“Goldene Morgendämmerung“) die weiterhin erfolgreich rechte
       Proteststimmen abfischt.
       
       Doch immerhin steht die Nea Dimokratia glänzend da im Vergleich mit der
       anderen Traditionspartei Griechenlands, der sozialistischen Pasok. 2009
       holten die Sozialisten 44 Prozent der Stimmen mit falschen Wahlversprechen,
       nach nur zwei Jahren harter Sparpolitik sanken sie anno 2012 auf 12 Prozent
       herab und verloren dramatisch in ihren einstigen Hochburgen, etwa in der
       von Rekordarbeitslosigkeit geplagten Hafenstadt Piräus oder auf der Insel
       Kreta.
       
       Dennoch verbreitet Sozialistenchef Evangelos Venizelos Zweckoptimismus und
       erklärt am Wahlabend, es sei wichtig, dass die Partei ihr Wahlergebnis vom
       Mai verteidigen konnte. Nicht einmal das stimmt ganz, denn die Sozialisten
       haben an Stimmen verloren.
       
       Aber Venizelos geht es jetzt darum, die Parteibasis zusammenzuschweißen,
       denn die Sozialisten werden voraussichtlich erneut Regierungsverantwortung
       übernehmen müssen, wenn auch nur als Juniorpartner einer Notkoalition unter
       Antonis Samaras.
       
       Zu den Gewinnern darf sich hingegen die Linkspartei Syriza zählen, obwohl
       es für einen Machtwechsel nicht gereicht hat. Der Überraschungszweite aus
       dem ersten Urnengang am 6.Mai hatte sich diesmal ernsthafte Hoffnungen auf
       den ersten Platz gemacht. Lange Zeit hat die Partei in Wahlumfragen
       geführt, aber es hat wohl nicht sein sollen.
       
       ## Neonazis gehören zu den Wahlsiegern
       
       Doch die Zeit spricht für Syriza; nicht nur, weil der charismatische
       Parteichef Alexis Tsipras als Oppositionsführer sein politisches Profil
       weiter schärfen wird, sondern auch weil, laut Wahlexperten, die Mehrheit
       der griechischen Wähler mit einem Lebensalter unter 55 Jahren ohnehin für
       Syriza stimmt. Gut gelaunt feierte Tsipras den Beinahe-Machtwechsel auf
       einer Spontankundgebung in der Athener Innenstadt mit griechischer
       Rockmusik, roten Fahnen und allem was dazu gehört.
       
       Weniger lustig ging es auf der Syriza-Wahlparty in der Hafenstadt Piräus
       zu. Motorrad-Rowdys griffen die Anhänger der Linkspartei an und sollen
       einen von ihnen leicht verletzt haben. Der linke Abgeordnete Theodoros
       Dritsas erklärte im TV-Sender Mega, die Täter seien Schläger der
       rechtsradikalen Goldenen Morgendämmerung.
       
       Auch die Neonazis gehören zu den Gewinnern der griechischen Parlamentswahl,
       denn sie konnten ihr Wahlergebnis vom 6.Mai verteidigen. Nun rechnen viele
       damit, dass die Goldene Morgenröte noch mehr Präsenz zeigt – nicht nur im
       Parlament, wo sie als fünftgrößte Fraktion erstmals einen Vizepräsidenten
       stellen darf, sondern auch auf der Straße. Das sagte auch Parteichef
       Nikolaos Michaloliakos in einer TV-Ansprache am Sonntagabend, vor einem
       riesigen Plastik-Adler posierend: Er würde den Kampf fortsetzen, sowohl
       innerhalb als auch außerhalb des Parlaments.
       
       18 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Papadimitriou
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Neonazis in Griechenland: Nationales Morgengrauen
       
       Nach neuen Umfragen verliert die griechische Regierung den Rückhalt. Dafür
       steigt die Popularität der extremen Rechten.
       
 (DIR) Rassismus in Griechenland: Neonazis attackieren Polizei
       
       Rassisten demonstrieren gegen ein Flüchtlingslager in Korinth. Politiker
       unterstützen sie. Es kommt zu Zusammenstößen mit der Polizei.
       
 (DIR) Neue Regierung in Griechenland: Ministerpräsident Samaras vereidigt
       
       Griechenland hat eine neue Regierung. Neuer Regierungschef ist der
       konservative Politiker Antonis Samaras. Die Namen der neuen Minister sind
       noch unbekannt.
       
 (DIR) Mail aus Griechenland: Die Enttäuschung ist greifbar
       
       Nach den Wahlen unterwegs in Athen: Aufmunternde Sprüche für deutsche
       Politaktivisten, Sekt für die Anhänger der linken Syriza und junge Griechen
       aus dem Ausland.
       
 (DIR) Reaktionen auf Wahl: Ein Eckchen Zuckerbrot für Griechen
       
       Deutsche Politiker und Banken zeigen sich verhalten optimistisch nach dem
       Wahlausgang in Griechenland. Man ist sogar zu kleineren Zugeständnissen
       bereit.
       
 (DIR) Griechischer Unternehmer über die Krise: „Den Wolf zum Schafehüten schicken“
       
       Der zypriotische Unternehmer Michaelides spricht über die griechische
       Krise, die Zukunft für den Handel und die Überlegenheit der deutschen
       Fußballnationalmannschaft.
       
 (DIR) Kommentar Wahl in Griechenland: Altparteien auf altem Kurs
       
       Druck aus Berlin und Brüssel hat der Nea Dimokratia zum Erfolg verholfen.
       Nun hoffen die Griechen, dass eine neue, stabile Regierung das Sparprogramm
       nachverhandelt.
       
 (DIR) Wahl in Griechenland: Hoffen auf stabile Verhältnisse
       
       Die Euroretter sind über den Sieg der Konservativen in Athen erleichtert.
       Doch die Bewährungsprobe für die Rettungsmaßnahmen steht noch aus.
       
 (DIR) Wahlen in Griechenland: Syriza will nicht koalieren
       
       Nach der Wahl in Griechenland haben die Konservativen und Sozialisten eine
       knappe Mehrheit über die Euro-Skeptiker. Alexis Tsipras kündigte an, nicht
       mitzuregieren.
       
 (DIR) Parlamentswahl in Griechenland: Europa vielleicht gerettet
       
       Bei der Parlamentswahl in Griechenland deutet alles auf einen rechnerischen
       Sieg der Eurobefürworter hin. Die Konservativen landen vor den
       Linksradikalen, die Faschisten holen 7 Prozent.